Kanalanschlussbeiträge Abwasserverbände bitten zur Kasse
Viele Hausbesitzer bekommen derzeit von den Gemeinden und
Abwasserverbänden Rechnungen über Kanalanschlussbeiträge. Der
Eigentümerverband Haus Grund hält das für falsch und will klagen.
Magdeburg l Wessen Grundstück vor 1991 an die Abwasserentsorgung angeschlossen wurde, der muss jetzt mit einer Nachzahlung rechnen. Viele Kommunen und Abwasserverbände verschicken derzeit die Kostenbescheide für den sogenannten HerstellungsbeitragII, der schnell 2000 Euro und mehr betragen kann. Für Sachsen-Anhalt rechnet der Landesverein von Haus Grund mit 75000 Bescheiden.
Die einmalige Zahlung soll Gerechtigkeit herstellen und dafür sorgen, dass auch Altanschließer ihren Beitrag an den Investitionskosten für Kläranlagen und -netze leisten. Denn bislang wurden nur Neu-Anschließer über den HerstellungsbeitragI zur Kasse gebeten, der seit 1991 im Kommunalen Abgabengesetz geregelt ist.
Für die Kommunen drängt die Zeit, denn nur noch bis Ende des Jahres dürfen sie den HerstellungsbeitragII eintreiben. Denn das Bundesverfassungsgericht hat 2013 geurteilt, dass ab 2016 die zehnjährige Verjährungsfrist gelten soll. Da viele Anlagen schon in den 90er Jahren modernisiert wurden, kann für diese ab nächstem Jahr nicht mehr nachträglich kassiert werden.
Doch es gibt Widerstand. Der Verein Haus Grund, der die Interessen von Hausbesitzern und Grundstückseigentümern vertritt, will gegen das erneuerte Kommunale Abgabengesetz (KAG) vorgehen, das der Landtag Sachsen-Anhalts im Dezember beschlossen hatte. "Wir streben für unsere Mitglieder ein Musterklageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg an", berichtet Landespräsident Holger Neumann. Er hält dies für sinnvoller als Einzelklagen, die die Gerichte stark belasten würden. Exemplarisch für alle soll am Beispiel von Schönebeck geklärt werden, wie weiter mit dem HerstellungsbeitragII umgegangen werden soll. Die Stadt hat sich jedoch noch nicht entschieden, ob sie mitmacht.
Dieser Musterklage können sich alle Betroffenen anschließen. Dazu ist laut Neumann folgendes Vorgehen erforderlich: Die Eigentümer müssen den Beitrag laut Bescheid bezahlen und für sich keine Rechsmittel einlegen. Gleichzeitig unterschreiben sie eine Musterklagevereinbarung mit Haus Grund, die sicherstellt, dass sie nach einem abschließenden Urteil hinsichtlich der Verfahrenskosten und der möglichen Rückerstattung gleich behandelt werden.
Zu einer Informationsveranstaltung am vergangenen Dienstag in Schönebeck seien 120 Neugierige gekommen. "Doch die Welle rollt gerade erst los", prognostiziert Neumann. Viele Abwasserverbände entschieden gerade erst, ob sie den Beitrag erheben.
Betroffen sind seiner Auskunft nach auch Besitzer von unbebauten Grundstücken oder Gärten, selbst wenn diese gar nicht ans Kanalnetz angeschlossen sind. "Die reine Möglichkeit reicht", so Neumann. Er rechnet damit, dass auch einige, die ihr Haus oder Grundstück vor 1991 gekauft haben und davon ausgingen, dass es voll erschlossen war, eine Überraschung erleben könnten.