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Neustart in der Provinz Die bezaubernde Welt von Emma Emmelie

In "Antikscheunen" findet man meist klassische Antiquitäten aus vergangenen Jahrhunderten - doch im Barnim werden Dinge bis aus den 1950er Jahren angeboten. Eine ehemalige Balletttänzerin hat ihr eigenes Reich geschaffen.

Von Jeanette Bederke, dpa 02.04.2017, 11:27

Zerpenschleuse (dpa) - Bei der Bezeichnung "Antikscheune" denken die meisten wohl an einen verramschten und verstaubten Trödelladen, wie es inzwischen viele dieser Art gibt. Im Laden "Emma Emmelie" direkt am Finowkanal in Zerpenschleuse (Barnim) hingegen ist die Welt plötzlich blütenweiß und rosarot.

Es mag an der hereinfallenden Frühlingssonne liegen - auch die Ladenbesitzerin Ines Schweighöfer wirkt wie aus einer anderen Welt: Rundes Puppengesicht mit großen blauen Augen, blonde Zöpfchen, selbstgeschneidertes Leinen-Hängekleidchen, unter dem eine spitzenbesetzte schneeweise Unterhose hervorlugt.

"Willkommen bei Emma Emmelie" sagt dieses märchenhafte Wesen freundlich und führt den Besucher durch ihr zauberhaftes Reich, benannt in Anlehnung an "Tante-Emma-Läden" und inspiriert durch den gleichnamigen Hot-Chocolate-Song. "Ich liebe die alten Dinge einfach - Requisiten, Kleidung, Schmuck und natürlich Küchenutensilien aus der Zeit zwischen 1860 bis 1950", erzählt die ehemalige Balletttänzerin.

Ihre Liebe zu "ländlichen Antiquitäten" entstand während ihrer Arbeit an Theatern, sie teilt sie gern mit anderen. Was sie in ihrer irreführend "Antikscheune" bezeichneten Welt jeweils von Freitag bis Sonntag anbietet, hat sie an den anderen Wochentagen von Privatleuten erstanden.

"Die Leute räumen auf, stellen fest, dass sie viel zu viel Sachen haben. Sie sortieren beispielsweise das nie benutzte Inventar von Aussteuertruhen aus", erzählt die Wahl-Brandenburgerin. "Anderes wie verschnörkeltes Porzellan, altmodische Schuhe, bestickte Taschen, schwere Metall-Kerzenleuchter und kupferne Teekessel bekomme ich aus Nachlässen und Haushaltsauflösungen."

Für die besonderen Angebote in ihrem Laden ist sie nicht nur deutschlandweit unterwegs, sondern bezieht solche Antiquitäten über Kontaktpartner auch aus Frankreich und Großbritannien. "Ich verkaufe, was ich selbst schön finde", lautet ihre Devise, nach der sie erworbene Sachen wie handgewebtes Leinen und antike Tüllspitze auch ausbessert, aufarbeitet, wäscht oder näht.

Vor zehn Jahren ist Schweighöfer gemeinsam mit ihrem Ehemann aus Berlin in die Schorfheide gezogen. "Eigentlich suchten wir nur ein Wochenenddomizil", erinnert sich die 52-Jährige. Doch als die beiden Großstädter das 200 Jahre alte Bauernhaus am Finowkanal entdeckten, wollten sie nicht mehr weg.

"Dort wohnen wir, und die verfallene Scheune nebenan haben wir für den Laden wieder aufgebaut", erzählt Schweighöfer, die zuvor mit "Emma Emmelie" bereits zehn Jahre in der Hauptstadt erfolgreich war. Der Zufall wollte es, dass ihr damals der Mietvertrag für den Laden gekündigt worden war. Schweighöfer ließ sich nicht entmutigen und wagte in der märkischen Provinz den Neustart.

Offenbar mit Erfolg, denn treue Kunden folgten ihr. So wie die Berlinerin Marie Schulze. "Ich bin ohnehin ein großer Liebhaber der Schorfheide mit ihrer teils menschenleeren Einsamkeit und den ausgedehnten Wäldern", erzählt die Stammkundin. Bei ihren Ausflügen ist ein Abstecher zu "Emma Emmelie" fast schon Pflichtprogramm. "Ich finde bei meinen Besuchen immer was."

Diesmal hat sie einen halbhohen Strohhut entdeckt, der wie für die Berlinerin gemacht zu sein scheint. "So einen suchte ich schon ewig", sagt sie begeistert. Ihr Begleiter Peter Pflug freut sich über einen emaillierten Nachttopf. "Einen ähnlichen haben ich hier schon gekauft. Als Sektkühler ist er der Gag auf jeder Party", verrät der Bremer.

Der Laden lockt nicht nur zu Entdeckungstouren, begleitet von Musik aus den "goldenen Zwanzigern". Es riecht zudem verführerisch nach frisch gebrühtem Kaffee und selbst gebackenem Kuchen. "Wir sind kein Café", stellt Schweighöfer klar. "Dieser Service ist nur für meine Kunden, die sich nach dem angestrengten Stöbern noch eine Pause gönnen wollen."

Der Weg zu "Emma Emmelie" ist allerdings nicht ganz einfach zu finden: Vom Zerpenschleuser Ortszentrum aus geht es gut einen Kilometer am Finowkanal entlang bis zum allerletzten Haus in der Kanalstraße. "Wir sind auf halbem Weg wieder umgedreht, weil wir dachten, da kommt nichts mehr", berichten Sylvia Baeskow aus Berlin und ihre Freundin Christine Hasenöhrl aus Oranienburg. Als sie doch noch Einheimische fragen und einen zweiten Anlauf wagen, werden sie nicht enttäuscht.

"Der fast an ein Museum erinnernde Laden ist so liebevoll eingerichtet und so gepflegt", staunt Baeskow. Ihr haben es vor allem die mit Sprüchen wie "Grüss Gott, tritt ein. Bring Glück herein" bestickten Leinentücher angetan. "Emma Emmelie ist ein echter Insider-Tipp. Wir waren nicht das letzte Mal hier."

Emma Emmelie