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Kultfigur Ein Leben für Hello Kitty

Sie heißt Hello Kitty, sieht aus wie ein Kätzchen, soll aber ein Mädchen sein. Für einen japanischen Rentner ist die Kultfigur noch viel mehr. Niemand auf der Welt hat eine größere Hello-Kitty-Sammlung als er. Sie ist seit Jahrzehnten sein Lebensinhalt.

Von Lars Nicolaysen, dpa 06.07.2017, 07:38

Chiba (dpa) - Behutsam nimmt Masao Gunji die Liebe seines Lebens in den Arm und streicht ihr über den Kopf. Nein, nicht seiner Frau, sondern "Hello Kitty". "Sie ist ja so süß. Alles an Kitty ist niedlich", erzählt der 67 Jahre alte Japaner und strahlt übers ganze Gesicht.

Der pensionierte Polizist ist von einem ganzen Harem umgeben: Mehr als 10 000 Hello-Kitty-Figuren in allen Größen sowie andere Produkte mit dem Motiv der berühmten Figur hat Gunji über die vergangenen 30 Jahre hinweg angesammelt - und dafür schon mehr als 20 Millionen Yen (155 000 Euro) hingeblättert. Weil sein Wohnhaus östlich von Tokio vor lauter Hello Kitty aus allen Nähten platzte, hat er der Figur 2013 nebenan eigens ein rosarotes Kitty-Haus bauen lassen. Dort verbringt er die meiste Zeit des Tages.

Gunji ist mit seiner kuriosen Sammlerleidenschaft inzwischen eine richtige Berühmtheit geworden. Im vergangenen Jahr gelangte er sogar in das Guinness-Buch der Rekorde. Um den gigantischen Aufwand in Grenzen zu halten, schleppten er und seine Frau 5250 ausgewählte Stücke zur Prüfung heran. Weil der einen oder anderen Kitty jedoch die berühmte Schleife am linken Ohr fehlte, wurden zwar "lediglich" 5169 Stücke anerkannt - damit übertraf Gunji dennoch den vorherigen Rekord einer Landsfrau mit 4590 Hello-Kitty-Teilen.

Hello Kitty - zu Deutsch "Hallo Kätzchen" - erblickte 1974 das Licht der Welt. Zunächst diente die Figur mit dem Schleifchen am Scheitel und pinkfarbenen Kleidern als Illustration einer Kindergeldbörse und wuchs später zu einer internationalen Stil-Ikone heran, die mit Zehntausenden Produkten in aller Welt zu einem gigantischen Exportschlager für Japan wurde. Jahr für Jahr spült sie dem japanischen Sanrio-Konzern Milliarden in die Kassen. Mittlerweile gibt es Produkte für jedes Alter: von Kleidern, Spielzeug, Schreibwaren, Toastern, Parfüm, Schmuck bis hin zu Computern und Handys. In Japan betreibt Sanrio ganze Hello-Kitty-Erlebnisparks.

2014 sorgte dann plötzlich die Nachricht für Wirbel unter den Fans, dass Hello Kitty trotz des Namens in Wirklichkeit gar kein Kätzchen ohne Mund sei, sondern vielmehr ein englisches Schulmädchen. Dass Hello Kitty kein Kätzchen sei, weiß natürlich auch Gunji, dessen Mercedes auch voller Hello-Kitty-Artikel steckt. "Für mich ist sie ein Familienmitglied". Anfangs sei sie gar nicht begeistert gewesen, erzählt seine Frau Yoshiko (76). Sie sei kein Kitty-Fan, aber wenn ihr Mann sich nun mal solche Mühe gebe und glücklich dabei sei. "Meine Frau hat resigniert und sagt nichts mehr", lacht Gunji.

Jeden Morgen, wenn Gunji sein Kitty-Haus betritt, begrüßt er seine Tausenden von Kitty-Figuren mit einem fröhlichen "Ohayou gozaimasu" - guten Morgen. Die meiste Zeit des Tages verbringt Gunji mit Hello Kitty. "Sie ist so süß. Das tröstet mich", erzählt der 67-Jährige. Besonders von ihren Augen ist der Rentner angetan. "Kitty hat ja keinen Mund, aber mit den Augen spricht sie mich an", sagt Gunji und hält eine Figur im Arm. "Wenn ich traurig bin, sieht Kitty auch traurig aus. Wenn ich fröhlich bin, sieht sie auch fröhlich aus".

Angefangen hatte alles vor 30 Jahren auf einem Betriebsausflug, wo er ein Hello-Kitty-Mitbringsel erwarb. "Ich konnte nicht mehr aufhören, Kitty zu sammeln". Oft bekommt Gunji in seinem Kitty-Haus Besuch von anderen Fans, die teils von weither anreisen. Obwohl auch das Kitty-Haus inzwischen zum Bersten voll ist, sammelt der frühere Polizist weiter. "Alle drei bis sechs Monate kommen neue Kitty-Produkte auf den Markt. Immer wenn es etwas Neues gibt, kaufe ich es", erzählt der Pensionär. Dann ruft ihn extra ein Kaufhaus, das Kitty-Produkte vertreibt, eigens an. Das Geld ist ihm egal.