Ernährung Es muss nicht Schokolade sein: Wie Essen gute Laune macht
Manche Tage müsste man eigentlich aus dem Kalender streichen. Von morgens bis abends scheint alles schiefzugehen. Wie praktisch wäre es da, wenn man sich gute Stimmung kaufen könnte : " Ein Kilo Glücksgefühle zum Mitnehmen, bitte !" Die gute Nachricht : So unrealistisch ist dieses Szenario gar nicht. Obgleich noch nicht das Glück an sich im Warenregal zu finden ist, so stehen dort doch immerhin Lebensmittel, die die Laune erheblich bessern können.
Bonn ( ddp ). Das Zauberwort lautet " Tryptophan ". " Dabei handelt es sich um eine essenzielle Aminosäure, die wir über die Nahrung zu uns nehmen und die eine Vorstufe des Gute-Laune-Hormons Serotonin ist ", erklärt Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn.
" Serotonin ist ein wichtiger Botenstoff, der unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus, das Kreislaufsystem, den Appetit und die Magen-Darm-Tätigkeit beeinflusst. Zudem ist es ein regelrechter Stimmungsaufheller ", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Wissenschaftliche Studien konnten beispielsweise zeigen, dass bei Menschen mit Depressionen häufig ein Serotonin-Mangel im Gehirn herrscht.
Um viel Serotonin bilden zu können, wird aber entsprechend viel Tryptophan benötigt. Hilft es also bei einem Stimmungstief, einfach besonders viel tryptophanhaltige Lebensmittel zu essen ? Ein hoher Anteil wäre beispielsweise in Milch und Milchprodukten, Fisch, Hülsenfrüchten und Nüssen zu finden.
" Leider funktioniert das nicht, diese Lebensmittel allein machen noch nicht glücklich ", erklärt der Ernährungswissenschaftler Günter Wagner vom in Bonn ansässigen Verband der Oecotrophologen. " Um die Serotoninproduktion im Gehirn ankurbeln zu können, muss das Tryptophan nämlich zunächst die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden. Diese öffnet sich aber nur, wenn wir neben dem Tryptophan auch noch Kohlenhydrate aufnehmen ", erläutert Wagner.
Das erklärt beispielsweise, warum Schokolade als Seelentröster so beliebt ist : " Die Kakaobohne enthält viel Tryptophan. Zusammen mit dem zu den Kohlenhydraten gehörenden Zucker aus der Schokolade ist sie sozusagen der ideale Schlüssel, um die Serotonin-Produktion im Gehirn anzukurbeln. "
Leider ist die gute Laune bei allzu häufigem Schokogenuss auch nicht von Dauer, denn wenn das Körpergewicht in die Höhe klettert, geht ‘ s mit der Stimmung meist steil bergab. " Eine gesunde Alternative wäre beispielsweise ein selbstgemachter Bananen-Milchshake, den man noch mit einer Prise Vanillezucker verfeinern kann ", empfiehlt Günter Wagner. Dieser Milchshake hat noch einen weiteren Vorteil, denn das Verhältnis der in ihm enthaltenen Aminosäuren begünstigt die Tryptophanaufnahme : " Neben dem Tryptophan gibt es nämlich noch eine Reihe anderer Aminosäuren und die stehen sozusagen alle an dem Tor der Blut-Hirn-Schranke Schlange und wollen reingelassen werden. Je größer die Konkurrenz ist, desto weniger Tryptophan kommt letztendlich im Hirn an, egal wie viel wir über das Essen zu uns genommen haben. "
Eine spezielle Tryptophan-Diät ist aber auch nicht notwendig, meint Wagner : " Wer sich ausgewogen ernährt, nimmt automatisch genügend zu sich. " Im Hinblick auf die Glücksgefühle hält er darüber hinaus noch etwas ganz anderes für wichtig. " Nicht nur was wir essen, sondern auch wie und mit wem wir eine Mahlzeit einnehmen, prägt die Gefühle, die beim Verzehr eines Nahrungsmittels entstehen. "
Eine Erfahrung, die jeder kennt : Ein liebevoll zubereitetes Essen im Kreise der Familie oder in Gesellschaft guter Freunde macht wesentlich mehr Freude als ein hastig im Gehen verzehrter Snack oder ein Abendessen vor dem Fernseher. " Wer Essen richtig genießen kann, ist häufig auch in anderen Lebensbereichen entspannter ", sagt der Ernährungsexperte.
Selbst wer nicht gerne kocht, findet beispielsweise beim gemeinsamen Brutzeln mit Freunden oft Gefallen daran, aus hochwertigen Zutaten etwas Feines zu zaubern. Dabei sorgt mitunter schon der reine Anblick von Obst und Gemüse für eine positive Stimmung, denn " auch Farben beeinflussen die Gemütslage, und so können sogar das leuchtende Rot einer Paprika oder das strahlende Gelb einer Zitrone zur guten Laune beitragen ", sagt Antje Gahl.
Auch sie plädiert für eine bewusstere Gestaltung der Mahlzeiten : " Man sollte sich mindestens 15 bis 20 Minuten Zeit für das Essen nehmen und versuchen, jeden Bissen zu genießen. " Das macht auch noch in anderer Hinsicht zufriedener, denn es hilft dabei, die Figur zu halten : " Wer sein Essen nur nebenbei herunterschlingt, merkt nicht, wann er satt ist, und isst automatisch mehr. "
Auch wer alleinstehend is ( s ) t, sollte den Verzehr wertvoller Lebensmittel nicht einfach nur als notwendige Nahrungsaufnahme begreifen, sondern sich auf die der leckeren Speisen ganz bewusst einstimmen. Ein schönes Drumherum kann dabei den Genussfaktor deutlich erhöhen : Feines Geschirr, leise Musik, eine brennende Kerze - es braucht nicht viel, um eine Mahlzeit zu einem sinnlichen Erlebnis zu machen.