Auf der Suche nach Beistand Rechtsstreit? In 5 Schritten zum passenden Anwalt
Wer auf die Schnelle eine versierte Anwältin oder einen versierten Anwalt sucht, ist oft ratlos. Wie Betroffene am besten vorgehen.

Berlin/Köln - Meistens kommt der Bedarf unverhofft. Dann aber braucht es ihn sofort - einen guten Rechtsbeistand. Doch die meisten Menschen haben - wenn überhaupt - nur wenige Male in ihrem Leben mit einem Anwalt oder einer Anwältin zu tun. Darum dürften auch die wenigsten wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie in einen Rechtsstreit verwickelt sind. Wie also vorgehen?
Schritt 1: Im Freundes- und Bekanntenkreis umhören
Wer eine gute Anwältin oder einen guten Anwalt sucht, sollte sich im Freundes- und Bekanntenkreis umhören. „Womöglich kann jemand eine Empfehlung aussprechen“, sagt Volker Görzel, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Ob diese Anwältin oder dieser Anwalt auch für den eigenen Fall die oder der Richtige ist, lässt sich im Vorfeld natürlich nicht sagen.
Görzel rät davon ab, bei Anwältinnen oder Anwälten über eine Hotline anzurufen. Denn nicht immer hätten die Angerufenen die Expertise für den eigenen, womöglich sehr speziellen Fall. Besser sei es, sich gleich physisch an einen Rechtsanwalt zu wenden und eine Erstberatung in Anspruch zu nehmen. Eine solche Erstberatung ist zumeist kostenlos, wenn man dem Anwalt oder der Anwältin später ein Mandat erteilt. Ansonsten sind die Kosten überschaubar.
Schritt 2: Gezielt im Internet suchen
„Das A und O ist, dass der Rechtsbeistand sich mit dem Fachgebiet, um das es im konkreten Fall geht, bestens auskennt“, sagt Stephanie Beyrich, Geschäftsführerin der Bundesrechtsanwaltskammer. Mögliche Fachgebiete sind etwa Strafrecht, Medizinrecht, Arbeitsrecht oder Tierschutzrecht.
Sinnvoll ist die Suche nach einem fachlich spezialisierten Rechtsbeistand. Darum sollte man bei der Suche gezielt nach Tätigkeitsgebieten oder einem Fachanwaltstitel suchen. Allerdings gibt es nicht für jedes Tätigkeitsfeld Fachanwaltschaften.
Man gibt also in einer Suchmaschine im Internet die Wörter Fachanwalt oder Fachanwältin plus das jeweilige Fachgebiet ein. Wichtig zu wissen: Anwälte, die bei der Internetsuche an erster Stelle aufploppen, sind nicht unbedingt die besten. „Womöglich haben Sie Geld in die Suchmaschinenoptimierung investiert oder Anzeigen geschaltet, weshalb Suchende sie sofort finden“, so Beyrich. Oft lohne es sich, in der Trefferliste auch einmal weiter herunterzuscrollen und sich zusätzlich Webseiten anderer Kanzleien anzusehen.
Dabei darauf achten: Mit welchen Qualifikationen, mit welchen Erfahrungen punktet die Kanzlei? „Auch die Websites von Anwaltskammern bieten Suchfunktionen, über die man einen Rechtsbeistand gezielt nach Interessenschwerpunkten und Tätigkeitsfeldern finden kann“, so Beyrich.
Und: Viele Anwältinnen und Anwälte sind inzwischen in den sozialen Medien aktiv. Beyrich rät, sich ihre Kanäle anzusehen und so erste Eindrücke von der jeweiligen Kanzlei zu sammeln.
Schritt 3: Auf Anwaltsbewertungen achten
„Bewertungen von Anwälten im Internet durch frühere Mandanten können erste Hinweise geben, ob die jeweilige Person für einen als Rechtsbeistand infrage kommen könnte“, sagt Görzel.
Allerdings ist es wichtig, solche Bewertungen mit einer gewissen Skepsis zu lesen. Eine Anhäufung von zu guten Bewertungen sollte man ebenso kritisch hinterfragen wie auch bösartige Bewertungen. „Die Wahrheit liegt oft dazwischen“, sagt Beyrich. Eine Anwältin oder ein Anwalt muss nicht schlecht sein, nur weil ein Prozess verloren wurde – jeder Rechtsstreit ist individuell.
Schritt 4: Anwaltliche Erstberatung in Anspruch nehmen
Eine anwaltliche Erstberatung ist wichtig. „Oft ist das Problem des Mandanten oder der Mandantin dann schon gelöst“, sagt Görzel. Ist das Problem vielschichtig, kann eine Erstberatung eine gute Gelegenheit dafür sein, auszuloten, ob die Chemie zwischen der eigenen Person und der Anwältin oder dem Anwalt stimmt.
Der Kontakt mit der Anwältin oder mit dem Anwalt kann – muss aber nicht zwingend – vor Ort erfolgen. „Heutzutage erfolgt die Kommunikation oft digital, etwa über Videocall oder per Mail“, sagt Görzel. Wer also in Hamburg wohnt, kann durchaus einen passenden Rechtsbeistand in Düsseldorf konsultieren.
„Aber es kommt dabei natürlich auch auf die eigenen Vorlieben an“, sagt Beyrich. Wer Wert darauf legt, persönlich mit dem Rechtsbeistand zu sprechen, sollte sich eine Anwältin oder einen Anwalt vor Ort suchen. Für alle, die sich für einen Rechtsbeistand entscheiden, der nicht vor Ort ist, kann es übrigens teurer werden, sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen.
Wer sich für einen Anwalt entscheidet, der oder die nicht im Gerichtsbezirk ansässig ist, muss gegebenenfalls mit einem Terminsvertreter oder mit Reisekosten rechnen.
Schritt 5: Gegebenenfalls keine Scheu vor Trennung im laufenden Verfahren haben
Mitunter stellt sich erst in einem laufenden Verfahren heraus, dass man mit der Anwältin oder mit dem Anwalt nicht zurechtkommt. „In einem solchen Fall sollte man zunächst ein klärendes Gespräch führen“, rät Beyrich. Denn oft komme es zu Missverständnissen durch Kommunikationspannen.
Gibt es handfesten Streit zwischen Mandantin und Anwalt, können sich Betroffene an die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft wenden. Dieses bei der Bundesrechtsanwaltskammer angesiedelte Gremium vermittelt nach eigenen Angaben bei einem Konflikt unabhängig und neutral.
Mandantinnen und Mandanten können ansonsten jederzeit den Mandatsvertrag kündigen – und sollten davor im Falle eines Falles auch keine Scheu haben. Auch Anwälte können ein Mandat niederlegen. „Wichtig ist dann, die Trennung klar zu kommunizieren“, so Beyrich. Mandantinnen und Mandanten müssen alle bis dahin aufgelaufenen Kosten begleichen.