1. Startseite
  2. >
  3. Leben
  4. >
  5. Gesundheit
  6. >
  7. Cardioband schließt undichte Herzklappe

Gesundheit Cardioband schließt undichte Herzklappe

Magdeburger Kardiologen verbessern mit neuer Kathetertechnik die Leistungsfähigkeit älterer Patienten.

Von Uwe Seidenfaden 17.11.2017, 00:01

Magdeburg l „Mal wieder die Pumpe“, stöhnt Manfred P. (76 Jahre), als er nach den ersten Treppenstufen stehenbleiben muss. Mit der Pumpe bezeichnet er sein Herz. Es ist vergrößert und zu schwach geworden. „Ein zu großes Herz im höheren Alter ist wirklich von Nachteil“, sagt Prof. Dr. Rüdiger Braun-Dullaeus, Direktor der Magdeburger Uniklinik für Kardiologie. Der häufigste Grund dafür ist eine schlechte Durchblutung der Herzkranzgefäße. Das größer werdende Herz zieht das feine Herzklappengefüge auseinander, so dass die Herzklappen nicht mehr richtig schließen. Die Folge ist, dass Blut in den linken Herzvorhof zurückfließt. Das erhöht zusätzlich die Belastung des Herzens und es wird noch schwächer.

Aus diesem Teufelskreis heraus führten bis vor knapp einem Jahrzehnt nur Operationen (Bypass, Klappenkorrektur bzw. Klappenersatz). Das Problem: Auch die Herz-OP hat Risiken. Nicht selten wurde schwerkranken Patienten daher von einer Herzoperation abgeraten. Umso erfreuter sind Ärzte über neue Methoden, die erst seit einigen Jahren möglich sind.

Eine Methode ist die Klipp-Technik. „Dabei werden wenige Millimeter große Klammern per Katheter von der Leistenvene bis in das Herz geschoben“, erklärt Oberarzt Thomas Groscheck, Leiter des Bereichs Echokardiologie der Uniklinik für Kardiologie. Sie umgreifen Teile der Mitralklappe und halten sie enger zusammen. Die Patienten fühlen sich danach besser und körperlich belastbarer. Allein am Uniklinikum Magdeburg führen Kardiologen diese Behandlung jährlich bei 60 bis 70 Patienten durch, so Prof. Dr. Alexander Schmeißer, stellvertretender Klinikleiter. Bei den Patienten handelt es sich um Menschen, denen eine chirurgische Behandlung am Herzen nicht mehr zugemutet wird. Die Erfolgsquote des Verfahrens liegt bei etwa 90 Prozent. Die bisherigen Erfahrungen umfassen weltweit einen Zeitraum von etwa sechs bis sieben Jahren und sind hinsichtlich der verbesserten Lebensqualität eindeutig positiv. „Noch nicht sagen können wir, ob auch die verbleibende Lebensdauer mit den Katheterverfahren nachweislich erhöht wird“, schränkt Professor Schmeißer ein.

Neuerdings setzten Kardiologen an den beiden Unikliniken Sachsen-Anhalts noch eine weitere Kathetertechnik zur Korrektur einer undichten Mitralklappe ein – das sogenannte Cardioband, das von Forschern in Israel entwickelt wurde. Das Cardioband wird unter Röntgen- und 3-D-Ultraschallkontrolle durch die Leiste in den linken Herzvorhof geschoben. Dort angekommen, beginnen die Kardiologen damit, die etwa ein Dutzend im Band integrierten Metallschrauben (etwa 10 bis 16) von der Größe eines Streichholzkopfes halbmondförmig in das Herzmuskelgewebe der Mitralklappe einzuschrauben. Danach wird das Band wie das Lasso eines Cowboys nach erfolgreichem Wurf zugezogen. So kann die Mitralklappe wieder gut schließen und die Atemnot wird gelindert.

Im Hinblick auf eine Verbesserung akuter Symptome sind die aktuell gängigen Katheter-Verfahren (Klipp und Cardioband) prinzipiell vergleichbar. Die Langzeiterfolge sind hingegen noch nicht abzuschätzen. Nachteilig könnte langfristig sein, dass bei fortschreitender Insuffizienz die Schließfunktion der Klipps bzw. des Rings nachlässt. Eine spätere Nachjustierung ist leider nicht möglich.

Welche Patienten für die eine oder andere Herzklappenkorrektur in Frage kommen, diskutieren die Kardiologen und Herzchirurgen am Uniklinikum im Team. „Ziel ist es, den Patienten eine maximale Verbesserung der Lebensqualität bei den geringsten Risiken durch die Behandlungen zu ermöglichen“, so Professor Braun-Dullaeus.