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Gesundheit Schon mit den Jüngsten zum Zahnarzt

Anlässlich des "Tags der Zahngesundheit" am Montag gaben Magdeburger Zahnärzte im Volksstimme-Telefonforum Pflegetipps.

Von Gudrun Oelze 26.09.2017, 23:01

Warum wird auf einmal so sehr die Bedeutung der Milchzähne betont? Wichtiger sind doch die danach kommenden.

Tatsächlich herrscht bei vielen Menschen immer noch die Überzeugung, dass Milchzähne nicht so wichtig sind, weil sie ja ausfallen. Doch sie haben als die ersten Zähne eines Kindes eine große Bedeutung, nicht nur für die Entwicklung des Kauorgans, sondern auch für die psychosoziale und gesunde Entwicklung der Kleinen. Und sie fungieren als Platzhalter für das bleibende Gebiss. Der Milchgebissphase von Lebensbeginn bis etwa zur Einschulung folgen weitere sechs Jahre Wechselgebiss, in denen die bleibenden Zähne noch durchbrechen. Diese können dann von kranken Milchzähnen schon mit Karies angesteckt werden. Leider aber müssen wir immer wieder beobachten, dass Eltern mit ihren Kleinkindern erst in die Zahnarztpraxis kommen, wenn es schon richtig weh tut.

Ich habe selbst schon kleine Kinder mit schwarzen Zähnchen gesehen. Welche Ursachen gibt es dafür?

Milchzahnkaries entsteht vor allem durch den übermäßigen Genuss von zucker- und säurehaltigen Getränken, die vielen Kindern aus Nuckelflaschen praktisch ständig zugänglich sind. Hinzu kommt dann zu wenig Mundhygiene im frühen Kindesalter. Dabei ist es doch so wichtig, dass Eltern auf eine gesunde Ernährung achten, ihren Kindern nicht zu viel Süßes geben und vor allem die Kinderzähne putzen – auch wenn Tochter oder Sohn es vielleicht nicht so toll finden.

Wie können wir als Eltern mit für gesunde Milchzähne unseres kleinen Sohnes sorgen?

Zunächst durch eine gesunde Ernährung und wenig zuckerhaltige Zwischenmahlzeiten. Und vom ersten Zahn an gilt: täglich putzen. Das können Babys und Kleinkinder natürlich noch nicht allein, da sind sie als Eltern gefragt. Es muss auf dem Wickeltisch zum abendlichen Ritual gehören. Rund um die Zähnchen muss der Belag entfernt werden, vor allem, nachdem es etwas Süßes gab. Dann können diese Kohlenhydrate nicht in Säure verwandelt werden und die Zähne angreifen. Und kommen Sie schon mit dem Baby regelmäßig in die Zahnarztpraxis. So können nicht nur Probleme im Milchgebiss frühzeitig erkannt und mit minimalen Maßnahmen beseitigt werden, sondern Vertrauen zum Zahnarzt aufgebaut werden. Denn wenn wirklich einmal ein Trauma oder Karies behandelt werden muss, haben die Kinder weniger Angst vor der Behandlung.

Ist es wirklich gefährlich, wenn Milchzähne frühzeitig ausfallen?

Der vorzeitige Milchzahnverlust bei den Frontzähnen, die durch frühkindliche Karies oder durch einen Unfall verloren gehen, ist nicht ganz so schlimm, weil sie eine geringere Platzhalterfunktion haben und dort die bleibenden Zähne mit etwa sechs Jahren durchbrechen, aber für die Sprach- und Sozialentwicklung sehr wichtig sind. Aus ästhetischen Gründen kann in solchen Fällen eine Überkronung oder eine Kinderprothese in Betracht kommen. Das sieht schöner aus und kann die Sprachfunktion verbessern. Wichtiger als die Milchfront aber sind die Milchbackenzähne, die erst mit zehn oder elf Jahren wechseln und so lange eine klare Platzhalterfunktion für nachrückende Zähne übernehmen müssen. Wenn sie die nicht ausfüllen können, nutzt der durchbrechende bleibende Backenzahn, der mit sechs Jahren kommt, diesen Platz und marschiert zu weit nach vorne. Er blockiert Zähne, die erst mit zehn oder elf Jahren durchbrechen, die ihren eigentlich vorgesehenen Platz im Kiefer dann nicht einnehmen können.

Wie motiviert man Kinder zur Zahnpflege?

Nutzen Sie den Nachahmungstrieb der Kinder, geben Sie ihnen eine Zahnbürste in die Hand und nehmen sich selbst ihre eigene. Es gibt auch viele schöne Kinderbücher, die die Bedeutung der Mundhygiene und der Zahngesundheit zum Inhalt haben.

Welche speziellen Pflegeprodukte sind zu empfehlen?

Im Handel gibt es eine große Auswahl an Kinderzahnbürsten. Ob Hand- oder elektrische Zahnbürste, ist eigentlich egal, aber die elektrische ist effektiver und erleichtert den Eltern das Nachputzen. Auch macht es vielen Kindern mehr Spaß. Wichtig aber ist auch eine Fluoridzahnpasta. Die für Kleinkinder hat in Deutschland 500 Anteile Fluorid, Erwachsenenzahnpasta hat 1500. Die kariespräventive Wirkung ist bei Kinderzahnpasta also erheblich niedriger, weil man ganz kleine Kinder bei der Zahnentwicklung der bleibenden Zähne davor schützen möchte, dass sie zu viel Fluoride aufnehmen. Das könnte aber nur passieren, wenn sie Fluoridtabletten nehmen – die aus zahnärztlicher Sicht nicht empfehlenswert sind – und dann noch Zahnpasta verschlucken. Die Europäische Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde empfiehlt, mit der Kinderzahnpasta näher an die Erwachsenenzahnpasta zu rücken.

Wie kann der Zahnarzt die häusliche Kariesvorbeugung unterstützen?

Hierfür kann die Zahnarztpraxis viele Leistungen anbieten: zahnärztliche Untersuchungen alle sechs Monate ab Geburt, zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen ab 2,5 Jahren einschließlich lokaler Fluoridierung bei hohem Kariesrisiko. Manche Krankenkassen übernehmen die Kosten für eine systematische zahnärztliche Betreuung ab Durchbruch der ersten Zähne. Die möglichen Vorbeugungsmaßnahmen in der Zahnarztpraxis werden in den Kindertagesstätten durch die Gruppenprophylaxe ergänzt.

In unsere Kita kommt regelmäßig eine Zahnärztin vom Gesundheitsamt. Soll ich meine Tochter außerdem unserem Hauszahnarzt vorstellen?

Die Untersuchungen in den Kitas sind gut und wichtig und haben dazu beigetragen, dass sich die Zahngesundheit von Kindern in den vergangenen Jahrzehnten verbessert hat. Eine Untersuchung von Zähnen und Gebissentwicklung Ihres Kindes auf dem Zahnarztstuhl aber kann sie nicht ersetzen.