Volksstimme-Telefonforum zum Unterhalt für Kinder und frühere Partner Nach der Scheidung muss jeder selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen
Auskunft zum Unterhalt gaben gestern beim Volksstimme-Telefonforum die Rechtsanwälte Olivia Goldschmidt, Juliane Kister und Dirk Schultz vom Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (ISUV) sowie Evelyn Lachmund vom Jugendamt der Stadt Magdeburg. Bianca Kahl und Anja Gildemeister notierten Fragen und Antworten.
Frage: Wie erfolgt allgemein die Berechnung des Unterhalts?
Antwort: Grundsätzlich ist das durchschnittliche Nettoeinkommen der vergangenen zwölf Monate heranzuziehen. Bei Selbständigen wird allgemein das Durchschnitts-Jahreseinkommen der drei letzten Jahre zugrunde gelegt. Bestimmte Abzugsposten sind möglich (zum Beispiel ehebedingte Schulden). Beim Kindesunterhalt ist grundsätzlich der Mindestunterhalt zu leisten. Hierbei kann der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners gegebenenfalls gekürzt werden.
Frage: Mein Arbeitskollege verdient genauso viel wie ich und hat genau wie ich einen zwölfjährigen Sohn, aber er zahlt viel weniger Unterhalt. Wie kann das sein?
Antwort: Wie viel Unterhalt gezahlt wird, leitet sich aus der so genannten Düsseldorfer Tabelle und den unterhaltsrechtlichen Leitlinien ab. Die Höhe der Zahlungen ist immer anhand der individuellen Umstände zu ermitteln.
Frage: Was ist die Düsseldorfer Tabelle?
Antwort: Diese Tabelle regelt unter Berücksichtigung der Leitlinien des zuständigen Oberlandesgerichts die Höhe des Kindesunterhalts. Kriterien hierfür sind hauptsächlich das Alter des Kindes, die Höhe des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens des zum Unterhalt Verpflichteten sowie die Zahl der Unterhaltsberechtigten, denen der Verpflichtete Unterhalt zahlen muss.
Frage: Mein Ex-Freund will mir nicht sagen, wie viel er verdient. Ist er dazu nicht verpflichtet? Wir haben eine fünfjährige Tochter.
Antwort: Beim Kindesunterhalt Minderjähriger steht dem Elternteil, bei dem das unterhaltsberechtigte Kind lebt, alle zwei Jahre Auskunft über das Einkommen des zum Unterhalt Verpflichteten zu. Auch zur Überprüfung von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt sind die Ehepartner verpflichtet, sich gegenseitig Auskunft über ihr Einkommen zu geben.
Frage: Meine Tochter ist im April 18 Jahre alt geworden. Muss ich trotzdem noch für sie zahlen?
Antwort: Bis zum 18. Lebensjahr hat derjenige Elternteil für den Unterhalt aufzukommen, bei dem sich das Kind nicht überwiegend aufhält. Danach haben beide Elternteile entsprechend ihrem Einkommen anteilig Unterhalt zu leisten, bis ihr Kind eine Erstausbildung abgeschlossen hat.
Frage: Ich habe eine minderjährige Tochter mit meiner Ex-Ehefrau und einen minderjährigen Sohn mit meiner Freundin. Sind beide Kinder im Unterhaltsrecht gleichgestellt?
Antwort: Ja, sie sind gleichgestellt.
Frage: Mein 19-jähriger Sohn, der bei seiner Mutter lebt, musste seine Ausbildung zum Koch aus gesundheitlichen Gründen abbrechen und will jetzt eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann beginnen. Ich sehe nicht ein, dass ich ihm diese Ausbildung auch noch finanziere!
Antwort: Grundsätzlich sind die Eltern finanziell für ihre Kinder verantwortlich, bis die Berufsausbildung beendet ist und die Kinder für sich selbst sorgen können. Sofern der Ausbildungsabbruch nicht im Verschulden Ihres Kindes liegt, müssen Sie damit rechnen, dass Sie weiter zahlen müssen - natürlich nur, sofern Ihre Einkünfte über dem sogenannten Selbstbehalt liegen.
Frage: Was bedeutet Selbstbehalt?
Antwort: Das ist der Geldbetrag, der dem Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich zum Lebensunterhalt bleiben soll, der aber auch abgesenkt werden kann. Für die einzelnen Unterhaltsarten gelten unterschiedliche Selbstbehalte. Im Falle des Kindesunterhaltes gegenüber Minderjährigen liegt er in der Regel bei 950 Euro, gegenüber sich in der Ausbildung befindenden Volljährigen bei 1150 Euro netto für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen.
Frage: Im BAföG-Bescheid meines Sohnes stehen 300 Euro als anrechenbares Einkommen für den Kindesvater, also mich. Muss ich jetzt 300 Euro Unterhalt zahlen?
Antwort: Die BAföG-Stelle legt nicht fest, wie viel Unterhalt sie zahlen müssen. Das hat nichts miteinander zu tun. BAföG-Recht ist öffentliches Recht, und das Einkommen wird völlig anders berechnet. Unterhalt wird nach anderen Richtlinien berechnet. Bitte holen sie sich Rat bei einem Rechtsanwalt ein, wenn ihr Sohn uneinsichtig ist.
Frage: Meine Tochter ist gerade volljährig geworden. Ihr Vater sagt, er sei nun nicht mehr unterhaltspflichtig und weigert sich, mir seine Einkünfte offen zu legen. Was mache ich jetzt?
Antwort: Tatsächlich endet mit 18 Jahren per Gesetz die elterliche Sorge. Dies bedeutet aber nur, dass nun nicht mehr Sie Ihre Tochter vertreten, sondern Ihre volljährige Tochter selbst den Unterhalts- einschließlich Auskunftsanspruch geltend machen muss. Verweigert sich ihr Vater weiterhin, kann sie sich an das Jugendamt oder einen Rechtsanwalt wenden.
Frage: Welche Hilfe bieten die Jugendämter dem betreuenden Elternteil? Helfen sie auch dem anderen Elternteil? Wie lange helfen sie?
Antwort: Die Jugendämter stehen hauptsächlich den Kindesunterhaltsberechtigten sowie deren von ihnen betreuten Kindern helfend und beratend zur Seite. Sie sind quasi "Anwalt des Kindes" und können auf Wunsch der/des Betreuenden den Kindesunterhalt ermitteln und diesen beurkunden. Im Rahmen einer Beistandschaft machen sie zum Beispiel Unterhaltsansprüche im gerichtlichen Verfahren geltend. Im Allgemeinen endet diese Hilfe, wenn das Kind volljährig wird; spätestens jedoch ab dessen 21. Lebensjahr. Die Leistungen der Jugendämter sind kostenlos.
Frage: Ich verdiene jetzt weniger Geld. Die 350 Euro Unterhalt für meinen Sohn kann ich mir partout nicht mehr leisten. Kann ich den Unterhalt neu berechnen lassen?
Antwort: Sofern und sobald sich die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten wesentlich verringern, sollte man überprüfen lassen, ob sich eine andere Unterhaltsverpflichtung ergibt und gegebenenfalls eine Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels herbeiführen. Als Unterhaltsverpflichteter darf Ihnen das Jugendamt dabei aber nicht direkt helfen. Sie können die Mutter des Kindes bitten, zum Jugendamt zu gehen oder die Unterhaltsberechnung bei einem Anwalt in Auftrag geben.
Frage: Ich habe zugunsten meiner Frau beruflich zurückgesteckt und mich in den vergangenen fünf Jahren um unsere Kinder gekümmert. Nun lassen wir uns scheiden. Bin ich als Mann denn auch unterhaltsberechtigt? Muss ich diesen beantragen?
Antwort: Trennungsunterhalt steht grundsätzlich jenem Ehepartner in der Trennungszeit zu, der über das geringere Einkommen verfügt, egal ob Mann oder Frau. Bei der Berechnung sind bestimmte Zu- und Abschläge beim Einkommen sowie der Selbstbehalt zu berücksichtigen. Trennungsunterhalt ist nach Aufforderung zu leisten.
Frage: Meiner Frau ist es unangenehm, Unterhalt von mir zu beziehen, und ich will nicht zahlen. Kann sie darauf verzichten?
Antwort: Auf Trennungsunterhalt kann - zumindest aus rechtlicher Sicht - nicht verzichtet werden. Allerdings können die ehemaligen Partner individuelle Vereinbarungen treffen. Nachehelicher Unterhalt ist entweder aufgrund eines Gerichtsbeschlusses, eines Vergleiches oder aufgrund freiwilliger Vereinbarungen nach Rechtskraft der Scheidung zu zahlen. Auf nachehelichen Unterhalt selbst kann über eine notarielle oder über eine gerichtliche Vereinbarung verzichtet werden.
Frage: Kann ich Unterhaltszahlungen von der Steuer absetzen?
Antwort: Ehegattenunterhalt kann in einer bestimmten Höhe vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, wenn keine gemeinsame Veranlagung mehr erfolgt. Kindesunterhalt kann nicht steuerlich angerechnet werden, da der Kinderfreibetrag und das Kindergeld schon eine steuerliche Entlastung darstellen.
Frage: Mein ehemaliger Freund und ich waren nie verheiratet. Habe ich trotzdem Anspruch auf Unterhalt und wie lange?
Antwort: Dies wäre Partnerunterhalt. Partnerunterhalt steht ehemaligen Partner/ -innen zu, wenn diese gemeinsame Kinder betreuen, die nicht älter als drei Jahre sind.
Frage: Ich war 20 Jahre lang verheiratet, habe mich auf die Kinderbetreuung konzentriert und nur halbtags gearbeitet. Wie lange steht mir nach der neuen Gesetzeslage nachehelicher Unterhalt zu?
Antwort: Grundsätzlich ist nach der Scheidung jeder für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich. Sofern sogenannte ehebedingte Nachteile vorliegen, zum Beispiel Kinderbetreuung und der damit verbundene Einkommensunterschied, sind Ansprüche denkbar. Dies muss aber im Einzelfall überprüft werden.