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Scheidung oder Alkoholsucht Probleme im Elternhaus machen oft psychisch krank

Depression, Angst, Aggressivität - etliche Menschen in Deutschland leiden unter psychischen Problemen, weil sie als Kind belastende Erfahrungen gemacht haben. Misshandlungen sind bei weitem nicht das einzige Problem.

02.10.2020, 16:33

Berlin (dpa) - Mehr als zwei Fünftel der Menschen in Deutschland
haben einer Studie zufolge psychisch belastende Probleme in der
Kindheit erfahren. Insgesamt sind es fast 44 Prozent, die zum
Beispiel elterliche Scheidung oder Trennung gelitten haben.

Dazu kommen Alkohol- oder Drogenmissbrauch in der Familie, emotionale Vernachlässigung oder emotionale Misshandlung mitgemacht haben. Das zeigt eine aktuelle Studie, die die Bundespsychotherapeutenkammer in einer neuen Übersicht zu dem Thema anführte.

Ein Fünftel hatte nach eigenen Angaben demnach eine der belastenden
Kindheitserfahrungen, rund 9 Prozent zwei und rund 5 Prozent drei.
Bei rund 9 Prozent gab es demnach sogar mindestens vier belastende
Kindheitserfahrungen - vor allem diese Betroffenen leiden laut der
Studie besonders häufig unter Depressivität, Ängstlichkeit, sind
aggressiv oder haben insgesamt eine eingeschränkte
Lebenszufriedenheit. Am häufigsten wurde von den über 2500 Befragten
demnach elterliche Scheidung oder Trennung als Belastung genannt,
danach folgten Alkoholkonsum oder Drogenmissbrauch in der Familie.

Angstörungen und Depressionen als Folgen

Anhand weiterer, bereits etwas älterer Studien unterstreicht die
Kammer zudem, dass schon fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen
selbst innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung erkranken.
Angststörungen, depressive Störungen oder dauerhaft aufsässiges sowie
aggressives Verhalten kämen am häufigsten vor.

Kammerpräsident Dietrich Munz sagte laut einer Mitteilung, nur ein
Bruchteil der Betroffenen sei in Behandlung. "Dieses Missverhältnis
ist für ihre Zukunft gravierend, da nicht behandelte Ängste und
Depressionen im Kindes- und Jugendalter deutlich das Risiko erhöhen,
im Erwachsenenalter erneut psychisch zu erkranken", sagte Munz. Er
bezieht sich auf Behandlungen in psychotherapeutischen Praxen.

Die Autoren der Studie über belastende Probleme in der Kindheit
betonen, dass die meisten Betroffenen Probleme im Elternhaus erfahren
mussten. Daher sei es wichtig, auf belastende Erlebnisse über
Kindesmisshandlung hinaus zu achten, etwa den Alkoholmissbrauch im
Elternhaus. Erforscht hatte dies ein Team an Kinder- und
Jugendpsychiatern und -therapeuten aus Ulm, Wien und Leipzig.

Überproportional häufig träten psychische Erkrankungen von Kindern
und Jugendlichen bei ärmeren Familien und Eltern mit niedrigeren
Bildungsabschlüssen auf, so die Psychotherapeutenkammer weiter unter
Berufung auf andere Erhebungen. "Aufgrund niedriger Einkommen kommt
es häufiger zu engen Wohnsituationen und Konflikten in den Familien."
Bei geringeren wirtschaftlichen Ressourcen bekämen Kinder und
Jugendliche auch weniger emotionalen Rückhalt.

© dpa-infocom, dpa:201002-99-802725/3