Ausbildungskosten Staat soll sich an Erstausbildung beteiligen
München (AFP) l Der Staat muss sich nach Überzeugung des Bundesfinanzhofs (BFH) an den Kosten der Erstausbildung beteiligen. Der gesetzliche Ausschluss dieser Kosten von den Werbungskosten sei verfassungswidrig, entschied der BFH in einem am Mittwoch bekanntgegebenen Urteil. Er legte dem Bundesverfassungsgericht mehrere Streitfälle zur Prüfung vor. Wer also Ausbildung oder Studium begonnen hat, sollte damit beginnen, Belege zu sammeln.
Die obersten Finanzrichter verwiesen zur Begründung ihrer Entscheidung auf das aus dem Gleichheitssatz abgeleitete "verfassungsrechtliche Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit". Als Folge können Steuerpflichtige ihr zu versteuerndes Einkommen um Ausgaben mindern, die zur Erzielung dieser Einkünfte notwendig waren, etwa die Kosten für die Fahrten zum Arbeitsplatz.
Werbungskostenabzug auch für Weiterbildung
Ein solcher sogenannter Werbungskostenabzug ist auch für die Kosten einer Weiterbildung möglich. Die Kosten einer Erstausbildung hat der Gesetzgeber dagegen ausdrücklich von den Werbungskosten ausgenommen. Kosten der Erstausbildung gelten demnach nur als Sonderausgaben, gedeckelt auf derzeit 6000 Euro pro Jahr. Diese wirken sich steuerlich aber nur aus, wenn auch im laufenden Jahr entsprechende Einkünfte bestehen. Werbungskosten dagegen könnten auch noch mit späteren Einkünften verrechnet werden. Genau dies wollten mehrere Piloten und ehemalige Studenten mit ihren Klagen erreichen. Die Piloten hatten jeweils rund 70000 Euro für ihre Ausbildung bezahlt, die Studenten teils hohe Studiengebühren. Der BFH stimmte ihnen zu. Die Ausbildungskosten seien eine "notwendige Voraussetzung" für die spätere Berufstätigkeit. Daher seien sie auch "als Werbungskosten einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen".
Nur der Werbungskostenabzug stelle in diesen Fällen auch die Verrechnung mit späteren Einkünften sicher. Die Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer, Nora Schmidt-Kesseler, erklärte, von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könne nur profitieren, "wer einen offenen Steuerfall hat". Studenten müssten dafür eine Steuererklärung mit Werbungskosten abgeben. Dazu gehören beispielsweise Semesterbeiträge, Studiengebühren, Fahrtkosten, Ausgaben für PC und Bücher.
Stünden diesen Ausgaben keine entsprechenden Einkünfte gegenüber, sei auf dem Mantelbogen das Feld "Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags" anzukreuzen, erklärte Schmidt-Kesseler.
Beim Finanzamt Einspruch erheben
Sollte das Finanzamt wegen der noch geltenden Rechtslage den Verlustvortrag ablehnen, müssen Betroffene Einspruch einlegen und mit Hinweis auf die Verfassungsvorlage das Ruhen des Verfahrens beantragen. Die Frist für die Abgabe einer solchen Steuererklärung beträgt nach Angaben der Steuerberaterkammer vier Kalenderjahre. Wer Ausbildung oder Studium gerade erst begonnen hat, muss daher zunächst alle Belege sammeln und kann dann später entscheiden, ob es sich lohnt, sie auch einzureichen.