Online-Börse Viagogo trickst mit Fußballtickets
Viagogo bietet FCM-Karten mit falschem Spieltermin an. Eine Magdeburgerin hat in einem ähnlichen Fall gerade vor Gericht gewonnen.
Magdeburg l Es sollte eine Überraschung zum 30. Geburtstag ihres Partners werden: Fußballkarten fürs spanische Pokalfinale Real Madrid gegen Atlético. Jasmin Lindner* hatte sie bei Viagogo bestellt. Die Plattform verkauft Tickets für Fußballspiele und Konzerte weiter, deren Besitzer das Event nicht mehr besuchen wollen. Das hat seinen Preis: Die zwei Karten kosteten zusammen 378 Euro. Da ein Herankommen auf anderem Wege schwierig ist, nahm Lindner den Wucherpreis in Kauf.
Als ihr die Karten dann zugeschickt wurden – Flüge und Hotel waren inzwischen gebucht –, erschrak sie: Der Spieltermin war ein anderer als beim Verkauf angegeben. Denn wie sich herausstellte, stand er beim Kauf noch gar nicht fest. Lindner forderte das Unternehmen auf, die Tickets zurückzunehmen. Das lehnte ab mit dem Argument, es sei nicht Verkäufer, sondern nur Vermittler. Ein Magdeburger Anwalt übernahm den Fall. Doch seine Briefe an Viagogo blieben unbeantwortet.
Nach mehreren Monaten zog er eine Kollegin in der Schweiz hinzu, weil die Firma dort ihren Sitz hat. Als auch sie keine Reaktion erhielt, beantragte sie einen Termin beim Schlichtungsgericht. Das hat Lindner jetzt, zwei Jahre nach dem Ticketkauf, Recht gegeben. Begründung: Das Spiel, für das die Karten verkauft wurden, fand an einem anderen Tag statt als von Viagogo angekündigt. Das Unternehmen muss nun die Ticketkosten plus fünf Prozent Zinsen sowie die Schlichtungskosten zahlen.
Das Verfahren hätte für die junge Frau auch anders ausgehen können, glaubt Simone Meisl von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. „Dass ein Schweizer Gericht wie im Fall der Magdeburgerin das Unternehmen zum Zahlen verpflichtet, würde ich als Glücksfall bezeichnen.“ Viagogo für falsche Angaben zur Verantwortung zu ziehen, sei generell schwierig, denn das Unternehmen rede sich oftmals damit heraus, dass es nicht der Inhaber der Karten, sondern lediglich der Vermittler sei.
Viagogo verkauft nach wie vor Tickets für Fußballspiele, für die es noch keinen Termin gibt. Aktuelles Beispiel ist das DFB-Pokalspiel des 1. FC Magdeburg gegen Eintracht Frankfurt. Obwohl der Termin – der 21. August – erst am Donnerstagvormittag bekanntgegeben wurde, bot Viagogo bereits zuvor Tickets für das Spiel an – und gab als Tag einfach den 22. August an. Am Donnerstagabend wurden sogar immer noch Karten für den falschen Termin angeboten, und das zu gepfefferten Preisen: zwischen 46 und 176 Euro pro Stück. Der FCM selbst warnt vor dem Kauf dieser Karten.
Simone Meisl rät grundsätzlich von Ticket-Käufen über diese Plattform ab. „Es handelt sich bei dem Portal nicht um einen autorisierten Ticket-Anbieter, sondern lediglich um eine Internet-Börse“, erklärt sie. „Wer über das Unternehmen Karten kauft, die sich nicht von einer Person auf die andere übertragen lassen oder falsche Daten enthalten, muss damit rechnen, beim Konzert oder Fußballspiel nicht reingelassen zu werden.“ Generell, rät Meisl, sollten Verbraucher Konzert- und Fußballtickets über autorisierte, zertifizierte Ticketanbieter und Kartenvorverkaufsstellen beziehen.
Um im Notfall mit rechtlichen Schritten reagieren zu können, sei eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll. „Der Verbraucher sollte vorher allerdings prüfen, ob seine Versicherung die Prozesskosten übernimmt.“ Ohne Rechtsschutz hingegen würden sich rechtliche Schritte kaum lohnen, da die Anwaltskosten schnell höher ausfallen können als der eingetretene Schaden.
Ohne ihre Versicherung wäre übrigens auch Jasmin Lindner nicht zum Anwalt gegangen – geschweige denn vor ein Schweizer Schlichtungsgericht.
* Name geändert