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Leseranwalt Radfahrerin nach Sturz in der Klinik

Zum Unfall kam es, weil ein Radfahrer mit zu geringem Seitenabstand überholte. Die Klärung der Schuldfrage dauert allerdings.

Von Gudrun Oelze 22.07.2019, 14:28

Magdeburg | An einem Junitag vor einem Jahr war Ingrid Freist wie so häufig mit dem Fahrrad in Magdeburg unterwegs. Um die Mittagszeit befuhr sie an jenem Sonnabend den Radweg auf der Strombrücke in Richtung Cracau, als sie von einem anderen Radfahrer mit wahrscheinlich hohem Tempo überholt wurde. Dabei berührten sich die Lenker, beide Radfahrer stürzten. Frau Freist zog sich Rippenfrakturen zu und musste einige Tage stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Wie kann man an dieser Stelle einen anderen Radfahrer überholen, empörte sich die rüstige Rentnerin nach dem Unfall. Als Mitglied einer ADFC-Gruppe ist sie regelmäßig über weite Strecken auf zwei Rädern unterwegs, also keineswegs eine Gelegenheitsradfahrerin.

Auch nach Einschätzung der Mitglieder ihres Radsport-Vereins verbiete sich an der Unfallstelle – auf einem desolaten, abschüssigen, kurvigen und schmalen Radweg – für rücksichtsvolle Verkehrsteilnehmer ein Überholvorgang.

Denn grundsätzlich sei doch auch für Radfahrer Paragraf 5 Absatz 4 Satz 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) maßgeblich, wonach sie beim Überholen einen Seitenabstand einzuhalten haben, der die Gefährdung des anderen Verkehrsteilnehmers ausschließt, ist die Geschädigte nach wie vor überzeugt.

Und auch unsere Recherchen ergaben, dass diversen Gerichtsurteilen zufolge ein überholender Radfahrer zwar eventuell einen geringeren Seitenabstand einhalten müsse als ein Pkw-Fahrer. Aber er habe die mehr oder weniger unvermeidlichen Schwankungen des vor ihm fahrenden Radlers einzukalkulieren, die unter anderem durch Unebenheiten des Radweges oder der Straße verursacht sein können, und auch damit zu rechnen, dass der Vorausfahrende nicht ausreichend durch Geräusche des sich von rückwärts nähernden Fahrzeugs vorgewarnt wird.

Ingrid Freist jedenfalls hatte bei der Polizei gegen den Unfallverursacher einen Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung gestellt und bei dessen Haftpflichtversicherung Schadenersatz beantragt.

Unbegründet, meinte man indes bei den VHV-Versicherungen. „Unseren Versicherungsnehmer trifft kein Verschulden“, wurde der Geschädigten mitgeteilt. Ein Fehlverhalten, die erforderliche Sorgfalt im Verkehr außer Acht gelassen zu haben, sei bei ihm nicht festzustellen. Er habe den Überholvorgang durch Klingeln angezeigt und dann sehr weit links überholt, um den Sicherheitsabstand zu gewährleisten.

Diese Darstellung des Unfallgeschehens konnte und wollte Ingrid Freist nicht akzeptieren. Beim Überholen eines Fahrzeugs – gleich welcher Art – gelte, vorausschauend seitlich genügend Abstand zu halten, meint sie. Sie sei wie immer mittig auf dem Radweg gefahren, habe kein Klingeln gehört. Doch die Versicherung hielt über Monate an ihrer ablehnenden Entscheidung fest.

Die versierte Radfahrerin bat daraufhin den Leser-Obmann um Unterstützung, da ein so rücksichtloser Verkehrsteilnehmer wie der Verursacher ihres Unfalls doch nicht im Recht sein konnte. Der aber erteilte seiner Versicherung keine Schweigepflichtentbindung, sodass diese aus Gründen des Datenschutzes unsere Redaktion nicht über das Ergebnis der internen Überprüfung des Falles unterrichten konnte.

Dafür meldete sich Frau Freist bei uns: Sie habe nun endlich positive Nachricht von der Versicherung erhalten, die ihr als Schadenersatz für die Unfallfolgen ein Schmerzensgeld angeboten habe.