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Klassentreffen in Burg 63 Jahre nach dem Abitur zurück am Burger Roland-Gymnasium

1960, kurz vor der Grenzschließung, machten die Frauen und Männer ihr Abitur an der ehemaligen Geschwister-Scholl-Oberschule. Erinnerungen werden wach.

Von Katharina Schwanz Aktualisiert: 25.10.2023, 13:13
Klassentreffen des Abitur-Jahrgangs von 1960 vor der ehemaligen Geschwister-Scholl-Oberschule, jetzt Burger Roland-Gymnasium.
Klassentreffen des Abitur-Jahrgangs von 1960 vor der ehemaligen Geschwister-Scholl-Oberschule, jetzt Burger Roland-Gymnasium. Foto: Katharina Schwanz

Burg - Vier Jahre nach ihrem letzten Klassentreffen sehen sich die alten Schulfreunde an einem verregneten Freitag in ihrer alten Schule, dem Roland-Gymnasium, ehemals Geschwister-Scholl-Oberschule, wieder. Es wird sich umarmt und überall sieht man freudestrahlende Gesichter.

Der Hausmeister der Schule empfängt die Gäste und freut sich, eine kleine Führung durch das altbekannte und doch ganz veränderte Schulgebäude zu geben. Obwohl es eine gefühlte Ewigkeit her ist, dass die Klassenkameraden hier die Schulbank drückten und die Lehrer gelegentlich mit kleinen Späßen bis zur Weißglut trieben, können sich alle noch ganz genau erinnern, wie es früher aussah und was sich in der Zwischenzeit alles verändert hat.

Zwischen Kafka, selbst geschriebenen Gedichten und Erinnerungen

Im ersten Stock ziert ein Zitat von Kafka die Wand: „Jeder, der sich die Fähigkeit erhält, Schönes zu erkennen, wird nie alt werden.“ In der Aula trägt eine der ehemaligen Schülerinnen ein selbst geschriebenes Gedicht vor: „Hartnäckig weiter fließt die Zeit und Zukunft wird Vergangenheit.“ Ein Gedicht mit viel Herzblut und alten Anekdoten, was die eine oder andere Träne in den Augen der Zuhörer glänzen lässt.

Die Autorin erinnert sich daran, wie sie selbst hier schon unzählige Male auf der Bühne der Aula stand. Beim Klassentreffen hat sie hochgestecktes weißes Haar, trägt einen langen schwarzen Mantel und hat ihre Ausstrahlung keinesfalls verloren. Man kann sich fast schon vorstellen, wie sie als junges Mädchen auf der Bühne stand.

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1960 machten sie ihr Abitur. Viele Kriegsflüchtlinge waren Teil der Klasse. Dann die Grenzschließung am 13. August 1961. Die Berliner Mauer trennte Familien und sperrte DDR-Bürger ein.

Die Grenzschließung 1961 veranlasst die Flucht in den Westen

Antje, Tochter einer bekannten und geachteten Gärtnerfamilie aus Burg, erzählt von ihrem Erlebnis nach der Grenzschließung. Ihre Familie wehrte sich gegen die Kollektivierung, die zunehmend in landwirtschaftlichen Betrieben durchgesetzt werden sollte. Sie konnte ihr Abitur damals nicht abschließen. Denn kurzerhand musste sich die Burger Familie zur Flucht in den Westen entschließen.

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Am 15. Januar 1960 begann die „Flucht auf Raten“. Niemand durfte merken, dass sich die Familie einzeln in den Westen abzusetzen versuchte. „Ich saß in meinem Kleiderschrank und weinte, weil ich gar nicht wusste, was ich alles mitnehmen soll und kann“, beschreibt sie die Situation, die sie auch heute noch sehr bedrückt. Die Flucht gelang, und im oldenburgischen Raum baute sich die Familie ein neues Leben auf.

Nach dem Berliner Mauerfall

Mauerfall in Berlin am 9. November 1989: Stille Freude erfüllte Antje und ihren Mann. Geschockt konnten sie dem Geschehenen im ersten Moment nicht trauen. Dass der Weg zurück nach Burg, ihr altes Zuhause, jetzt wieder frei sein sollte, erfüllte sie gleichermaßen mit Freude, aber auch mit Angst. Es begann ein Kampf um alten Besitz, Grundstück und Land. Heute kann Antje mit ihren traumatischen Erlebnissen langsam abschließen.

Nach dem Besuch der alten Schule und dem Austausch vieler Erinnerungen, die die Freunde miteinander teilen, verbrachten sie auch den ganzen restlichen Tag miteinander. Eine der ehemaligen Klassenkameradinnen betont: „Es ist schön, dass wir das noch erleben können.“ Alle hoffen auf das Stattfinden eines weiteren Klassentreffens im übernächsten Jahr und das die lebenslangen Freundschaften auch noch weiter bestehen werden.