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Armut Ohne Tafel in Burg geht es nicht

Burgerin Sabine Helmecke ist durch Schicksalsschläge auf die Tafel angewiesen und dankbar für gespendete Lebensmittel.

Von Aline Wobker 11.09.2019, 07:00

Burg l „Man sieht ja erst mal zu, dass man es selbst gebacken bekommt. Doch irgendwann kam der Punkt, da ging es nicht mehr“, erinnert sich Sabine Helmecke. Sie ist Burgerin, gärtnert gerne, bastelt und besitzt einen kleinen Hund. Außerdem besucht Sabine Helmecke seit ungefähr zehn Jahren die Burger Tafel.

Eine gestandene Frau, die sich in den 60 Jahren ihres Lebens auch durch Schicksalsschläge den Humor und ihre ganz eigene Art nicht nehmen ließ. „Ich sage immer, was ich denke. Manchmal halte ich mir erst danach den Mund zu. Aber so bin ich halt“, sagt Helmecke. Wenn sie scherzt, dann glitzern ihre Augen. Sie versprüht Lebensfreude.

Dass das nicht immer so war, sie sich diese Lebensfreude erst wieder zurück erkämpfen musste, erzählt die Burgerin in einem ganz anderen Ton, ernst und doch offen. „Dankbar bin ich. Dankbar für das Angebot der Tafel. Ohne diese Möglichkeit würde mein Leben ganz anders aussehen. Trister. Vor einigen Jahren dachte ich, es geht nicht mehr. Da ging es mir sehr schlecht“, erzählt Sabine Helmecke.

Durch das Angebot der Tafel hat sie die Möglichkeit, Hobbys nachzugehen, von dem Geld, was sie normalerweise für Lebensmittel ausgeben würde. Außerdem sei die Tafel ein Treffpunkt, erzählt die 60-Jährige: „Ich bin schon so lange hier, da kennt man sich.“Sie nimmt dabei nicht nur das Angebot der Tafel wahr, sondern auch ab und zu das der Suppenküche. In der Suppenküche gibt es warme Mahlzeiten, während die Tafel Lebensmittel mitgibt, die Zuhause verarbeitet werden können. In Burg sind die beiden Einrichtungen im evangelischen Gemeindehaus untergebracht, neben der Kleiderkammer.„Es dauert erst mal, bis man den Schritt macht und die Tafel besucht. Doch mittlerweile habe ich alle Hemmungen abgelegt und bin nur noch froh über das Angebot“, so die Burgerin.

Sabine Helmecke arbeitete früher in der Schuhfabrik – im Akkord am Fließband. Nach der Schließung wieder Arbeit zu finden, gestaltete sich zunehmend schwieriger. Starke gesundheitliche Beschwerden kamen hinzu. „Wenn man beim Arbeitsamt als Schwerbeschädigte gilt, dann ist es echt schwer, noch mal an Arbeit zu kommen. Ich war daher lange von Hartz 4 abhängig. Seit drei Jahren bin ich aber EU-Rentnerin. Heute bin ich froh, dass ich eine Zusatzrente bezahlt habe, während meiner Zeit in der Schuhfabrik“, erzählt die Burgerin.

Auch, weil sie damals oft belächelt worden sei, weil sie monatlich einen kleinen Teil von ihrem Gehalt zur Seite legte. Zum jetzigen Zeitpunkt weiß sie, dies war die richtige Entscheidung, denn sonst wäre es noch weniger, was ihr zum Leben bleiben würde. „Ich muss sagen, ich habe jetzt nicht mehr Geld als noch zu Hartz-4-Zeiten. Besonders ärgerlich ist, dass meine Medikamente teurer wurden. Statt 50 Euro bezahle ich jetzt 100 Euro“, erzählt die Burgerin und ergänzt: „Aber ich bin momentan einigermaßen zufrieden, zumindest habe ich keine Herzkrankheit. Das hatten die Ärzte vor Kurzem befürchtet. Gesundheit ist das Wichtigste.“

„Um einfach mal Danke zu sagen, habe ich schon ein paarmal Weihnachten etwas für die Mitarbeiter der Tafel gebastelt. Einfach mal Dankbarkeit zeigen. Das können hier leider nicht alle. Viele Menschen haben immer etwas zu meckern. Am Dienstag ist es hier manchmal wie in einer Schlacht. Da wird auch schon mal geschubst. Daher komme ich nur noch freitags“, erzählt die Rentnerin.

„Ich möchte den Job hier bei der Tafel nicht machen. Man kann es eh niemandem Recht machen“, sagt Sabine Helmecke und schaut dabei zu Christiane Vibrans. Vibrans ist für den Bereich der Diakonie im Burger Gemeindehaus zuständig. „Bei uns ist es so, dass die Tafel nicht unbedingt abgesondert werden kann von den anderen Bereichen, die sich hier im Haus befinden. Hier begegnen sich alle Menschen, die das Haus besuchen. Für einige Menschen ist das hier ein Treffpunkt geworden“, erzählt Vibrans.

Ihr Wunsch für die Zukunft sei es, mehr Auswahlmöglichkeit für die Besucher der Tafel zu schaffen. Damit auf die verschiedenen Bedürfnisse, wie zum Beispiel Allergien, besser eingegangen werden kann. Bisher sei dies in Burg noch nicht so möglich, wie sie es sich wünscht, dennoch geben die Mitarbeiter ihr Möglichstes, erzählt Vibrans. Die Burger Tafel wird aktuell von zwölf Supermärkten der Region unterstützt. Außerdem kommen ab und an Spenden von Logistikunternehmen. „Darüber freuen wir uns immer ganz besonders“, sagt Vibrans. Außerdem gibt es Tafelgärten, in denen Obst und Gemüse für die Tafel angebaut wird. „Wir haben hier oft richtige Bio-Sachen aus eigenem Anbau“, erzählt Christiane Vibrans.