Gedenktag Bewegender Gottesdienst für die Corona-Opfer in der Burger Nicolaikirche
Burg. Als um kurz vor 11 Uhr die Glocken zum Gottesdienst in der Nicolaikirche riefen, war der Ökumenische Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gerade zu Ende gegangen. Beide standen im Zeichen des Gedenkens an die Coronaopfer. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte dazu aufgerufen, dies gemeinsam am 18. April zu tun.
„Auch wir in Burg wollen innehalten“, sagte Pfarrer Peter Gümbel, „viele Menschen sind von uns gegangen, andere kämpfen um ihre Gesundheit, viele Familien sind starken Belastungen ausgesetzt, manche fürchten um ihre wirtschaftliche Existenz.“ Die Vielfalt der Auswirkungen der Pandemie spiegelte sich auch in den einzelnen Redebeiträgen in der gemeinsamen Veranstaltung von Kirchenkreis, Landkreis und der Stadt Burg wider. Landrat Steffen Burchhardt (SPD) hatte kurzfristig absagen müssen, Sachgebietsleiter Bernhard Ruth nannte als Vertreter der Stadt konkrete Zahlen. „Wir gedenken der 141 Verstorbenen im Jerichower Land, der 2900 Toten in Sachsen-Anhalt, der rund 80?000 in Deutschland und fast drei Millionen weltweit“, sagte er. Jeder Todesfall lasse Angehörige in Trauer und Schmerz zurück. Dieser Gedenktag sei daher auch ihnen gewidmet
Familientherapeutin kommt zu Wort
Es sei ein wichtiges Zeichen, dass die Gesellschaft der Toten gedenke. Dafür werde auch ein Gedenkbaum auf dem alten Teil des Burger Friedhofes gepflanzt. Meike König ist Familientherapeutin im Klinikum Magdeburg. „Seit Beginn der Pandemie mussten wir viele neue Konzepte entwickeln, Mitarbeiter mussten auf Coronastationen aushelfen und das hatte natürlich auch schwerwiegende Auswirkungen auf unsere Patienten“, schilderte sie ihre Erfahrungen. Die bedrohliche Situation verschlechtere das Befinden der ohnehin schon psychisch beeinträchtigten Menschen. Eine junge Mutter mit einer postnatalen Depression oder einer Angststörung könne nicht zufriedenstellend behandelt werden. Viele würden sich auch nach Hause entlassen, weil dort Geschwisterkinder warten, um die sich auch gekümmert werden müsse.
Kirsti Gräf gehört selbst zu den Trauernden um ein Coronaopfer. „Mein Großvater ist am 2. Januar daran gestorben“, erzählte die Mitarbeiterin im ambulanten Pflegedienst der Pfeifferschen Stiftungen und Trauerbegleiterin. Danach habe man in der Familie nicht noch beieinander sitzen können. Sie entzündete eine Kerze für alle Trauernden, von denen sie auch viele dramatische Geschichten gehört hatte. Etwa, wenn sie gehofft hatten, den an Corona erkrankten Verwandten nach drei Tagen wieder aus dem Krankenhaus begrüßen zu können, dann aber nur die Tasche abholen konnten. „Ich wünsche allen Menschen ganz viel Mut und ganz viel Kraft, denn die Pandemie ist noch nicht vorbei“, sagte sie.
Ehemalige Coronapatientin erinnert sich
Am eigenen Leib erlebt hat die Krankheit Ingeborg König aus Parchau. „Im März habe ich Corona bekommen und hatte 14 Tage lang damit zu tun“, erzählte sie. Sechs Tage davon habe sie im Burger Krankenhaus verbringen müssten. Ärzte und Pflegepersonal hätten sich dort aufopfernd um sie gekümmert, „und meine Nachbarin“, fügte sie hinzu.
Bei der Begrüßung hatte Pfarrer Gümbel versprochen, auch nach Zeichen der Hoffnung Ausschau zu halten. Und die gab es auch, trotz der Schwermut, die über dem Gottesdienst lag. So berichtete er von der Familie, die auf dem Ostfriedhof Abschied von der Mutter nahm. Am Sterbebett sei das nicht möglich gewesen, Besuche waren verboten. Und dennoch sei die Familie froh gewesen, dass die Mutter ins Krankenhaus kam, beatmet wurde, wenigstens keine Schmerzen ertragen musste. Die Hinterbliebenen erinnerten sich an Besuche und Telefonate.
„Die innere Verbundenheit trägt, auch wenn wir räumlich getrennt sind“, sagte Gümbel mit eindringlicher Stimme. Auch wenn er sich oft allein fühle, bleibe der Mensch mit seinen Lieben verbunden. Die man liebt, seien nicht allen. „Die vielen Schritte, die wir gemeinsam unternommen haben“, so Gümbel, „haben tiefe Spuren in unseren Herzen hinterlassen, die uns niemand nehmen kann.“