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Kürbismeisterschaft Der dickste Kürbis in Sachsen-Anhalt kommt aus Aschersleben

Essen kann man die Riesengewächse nicht mehr, die in Möckern bei der Landesmeisterschaft am 1. Oktober auf die Waage kamen. Darum ging es auch nicht, sondern um den größten Kürbis im Land.

Von Stephen Zechendorf 02.10.2022, 13:44
Michel Krieger ging mit seinem Riesenkürbis in den Wettkampf in Möckern..
Michel Krieger ging mit seinem Riesenkürbis in den Wettkampf in Möckern.. Foto: Stephen Zechendorf

Möckern - Man braucht viel, sehr viel Wasser und Hingabe, um einen Kürbis auf die Rekordgröße von 489 Kilo anwachsen zu lassen. In Möckern bei der Landesmeisterschaft zeigte sich, welcher Züchter damit den im wahrsten sinne des Wortes größten Erfolg hatte.

Un das war Michel Krieger aus Aschersleben. Er wurde Landesmeister in Möckern.

Am Sonnabendvormittag schien es, als wolle sich die gleiche Menge Wasser aus den Wolken über die GPC-Kürbiswiegemeisterschaft auf dem Sportplatz von Möckern ergießen. GPC steht für das Great Pumpkin Commonwealth – die weltweite Fangemeinde der Riesenkürbiszüchter.

Gut 40 Kürbisse der Sorten „Atlantic Giant“ und „Squash“, dazu ein knappes Dutzend Riesen-Zucchini und einige ungewöhnlich große Kalebassen, Melonen und Tomaten hatten Züchter aus Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auf Anhängern und in Lieferwagen zum Sportplatz des Möckeraner Turnvereines MTV gekarrt, um unter sich den Züchter mit den schwersten Exemplaren zu küren.

Heizkissen in der Nacht und Sonnenschirm bei Hitze

Moderiert wurde das Wettwiegen von „Kürbis-Olli“, der in Züchterkreisen als Koryphäe gilt und vielen der anwesenden Kürbismachern die notwendigen Samen erst verkauft hatte. Oliver Langheim, so der bürgerliche Name, richtet auf seinem Erlebnishof im brandenburgischen Ort Klaistow die nach eigenen Aussagen größte Wiegemeisterschaft der Welt aus. Er gibt unumwunden zu, dass man schon etwas verrückt sein muss, um sich der Kürbiszucht zu widmen. Und widmen muss man sich der Pflanzengattung „Cucurbita“ wahrlich, wenn man bei so einer Meisterschaft Eindruck schinden möchte.

Mancher Züchter spannt bei Hitze Sonnenschirme über seinem Kürbis auf, deckt die Kugelfrucht in kalten Nächten zu, schiebt dem guten Stück ein Heizkissen unter oder reibt es mit Desinfektionsmittel ein, wenn es zu schimmeln droht.

Und dann ist da noch das mit dem Gießen. Im dritten Dürrejahr wird nur hinter vorgehaltener Hand erzählt, dass schon mal 500 Liter täglich gereicht werden. Wenn das denn reicht.

150 Liter Wasser täglich braucht ein Kürbis, wenn er riesig werden soll

„Alles Quatsch“, sagt Michel Krieger, der in Möckern frisch gekürte Landesmeister. Sein „Atlantic Giant“ habe zuletzt bestenfalls alle zwei Tage etwa 150 Liter Wasser bekommen.

Auch ein anderer Züchter ist überzeugt, dass man mit taktischem Gießen durchaus sparsam mit Wasser umgehen kann: „Zeituhren können helfen“, sagt er. Die mittelgroßen Exemplare müssten eigentlich gar nicht gegossen werden.

Auch „Kürbis-Olli“ bestätigt: Wichtig sei, dass der zu Beginn auserkorene Kürbis keine Konkurrenz auf dem Acker hat.

Von wegen kesselweise Kürbissuppe

Wer nun glaubt, dass das viele Gießen ja letztlich einen guten Zweck hat – nämlich kesselweise Kürbissuppe – wird – jedenfalls bei den dicksten Dingern – nicht selten enttäuscht: „Den kann man doch nicht mehr essen“ oder „Das schmeckt doch eh nur nach Wasser“, lautet wiederholt das Urteil über die besonders schwergewichtigen Kürbisse, die am Sonnabend in langen Reihen auf Paletten präsentiert, vermessen und gewogen worden waren.

Einer gibt unumwunden zu: „Ich esse meinen Kürbis ganz bestimmt nicht mehr, ich weiß ja, womit ich den gedüngt habe.“ Ein anderer grinst und wird konkreter: „Manche Züchter düngen ’ganz natürlich’.“ Ob da die gelbe Farbe der „Atlantic Giants“ herkommt?

Doch es gibt auch genießbare Exemplare. Auch der Rekordkürbis des Landesmeisters aus Aschersleben soll essbar sein, versichert Michel Krieger, während er mit Pokal und ganz vielen Helfern vor dem Kürbis posiert. Wer bei so einem Wettbewerb erfolgreich sein möchte, braucht schwere Technik oder starke Freunde.

Ein „zweites Leben“ als Baumarkt-Dekoration

Was aber passiert denn dann mit den Mega-Kürbissen? „Kürbis-Olli“ weiß, dass manche Exemplare tatsächlich bis in den Februar hinein als Dekoration aufgestellt werden können, etwa vor Baumärkten. Wer seinen Kürbis für solche Zwecke an den Mann oder die Frau bringen kann, darf mit etwa einem Euro pro Kilo rechnen. Aber auch die Samen solcher Riesenkürbisse werden unter Züchtern gut gehandelt.

Nicht jeder Kürbiszüchter mag sich mit Namen oder Konterfei in der Zeitung wiederfinden. Einer, der damit so gar keine Probleme hat, ist André Becker aus dem Mansfelder Land. In knalloranger Weste, ebenso gefärbtem Hut und gelbem Pullover wirkt er selbst wie ein lebendig gewordener Kürbis. Eher zufällig hat er außer einem 60-Kilo-Kürbis und seinem vierjährigen Sohn Luca auch eine große Zucchini mit nach Möckern gebracht.

31,5 Kilo schwer war die größte Zucchini, die in Möckern präsentiert wurde

Dass die Landesmeisterschaften sich auch auf diese Gartenfrüchte und Riesentomaten erstrecken, wusste er nicht. Um so erfreulicher ist da, dass er mit seiner 31,5-Kilo-Zucchini Landesmeister wird. „Dabei sein ist alles“, lacht Becker: „In meinem Dorf bin ich immer nur der Verrückte. Hier beim Wettwiegen bin ich unter meinesgleichen.“

Wegen des Regens gilt das leider für alle Anwesenden: Die Kürbiszüchter bleiben überwiegend unter ihresgleichen. Das bedauert auch Ralf Mewes, Vorsitzender der Möckeraner Gartensparte „Beete“, die erst im vergangenen Jahr die Landesmeisterschaften in die Ehlestadt geholt hat.

Landesmeisterschaft auch 2023 geplant

Im nächsten Jahr wird es vermutlich wieder eine Landesmeisterschaft im Kürbis-Riesentomaten-Melonen-und-Zucchini-Wiegen in Möckern geben. Und wenn alle Glück haben, regnet es in den 90 Tagen Wachstumsperiode der Kürbisse – aber nicht beim Wettwiegen.

Dieses Exemplar eines Atlantic Giants ist nur knapp am ersten Platz vorbeigeschlittert. Bevor es auf die Waage geht, werden alle Exemplare in drei Achsen vermessen.
Dieses Exemplar eines Atlantic Giants ist nur knapp am ersten Platz vorbeigeschlittert. Bevor es auf die Waage geht, werden alle Exemplare in drei Achsen vermessen.
Stephen Zechendorf
Ortschef Detlef Friedrich, „Kürbis-Olli“ und Ralf Mewes (v. li.) begrüßten die Gäste.
Ortschef Detlef Friedrich, „Kürbis-Olli“ und Ralf Mewes (v. li.) begrüßten die Gäste.
Stephen Zechendorf