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Flüchtlinge Gommern bereitet sich für 2016 vor

In einem Bürgerstammtisch in Gommern wurde zwei Stunden diskutiert. Vor allem das Thema Flüchtlinge bewegte.

Von Manuela Langner 23.10.2015, 14:30

Gommern l Voraussichtlich 300 bis 400 Flüchtlinge wird der Landkreis Jerichower Land nächstes Jahr in Gommern unterbringen. Landrat Steffen Burchhardt sprach beim Bürgerstammtisch, zu dem SPD-Landtagskandidat Oliver Lindner eingeladen hatte, von einem „fairen Anteil“ für die Einheitsgemeinde, gemessen an den Flüchtlingszahlen, die bereits in Burg und Genthin aufgenommen wurden. Und er schränkte ein: „Wenn die Zahlen konstant bleiben“. Dass absolut keine Planungssicherheit besteht, gestaltet die Situation so schwierig. „Derzeit sind wir Feuerlöscher.“

Steffen Burchhardt machte das an einem plastischen Beispiel fest. Für Burg seien die Planungen weit fortgeschritten, eine Unterkunft für 300 bis 400 Menschen zu bauen. Wenn das Gebäude jedoch nicht dauerhaft benötigt werde, werden er und der Kreistag dafür in die Verantwortung genommen.

In Gommern ständen verschiedene Objekte auf der Liste. Allerdings seien die Gebäude zumeist sehr sanierungsbedürftig, was sowohl viel Geld als auch Zeit kosten würde, informierte der Landrat. Er vermied es ausdrücklich, einzelne Gebäude zu nennen. Die Besitzer würden dann nicht mehr für die Sicherheit garantieren.

Nicht auf der Liste steht die ehemalige Jugendherberge Gommern. Danach hatten sich Anwohner explizit erkundigt. Die Stadt stecke in den „finalen Verhandlungen“ mit einem Kaufinteressenten, informierte Gommerns Bürgermeister Jens Hünerbein (parteilos), der als Gesprächspartner an der Veranstaltung teilnahm. Der Interessent wolle das Gebäude für Wohnungen umnutzen.

Ihre letzten Befürchtungen, dass der Käufer die ehemalige Jugendherberge dem Landkreis doch als Flüchtlingsunterkunft anbiete und der Lärm zurückkehre, konnte den Anwohnern keiner nehmen. Steffen Burchhardt betonte jedoch, dass der Landkreis möglichst Lösungen gemeinsam mit den Kommunen finden möchte. „Wir wollen, dass es vor Ort funktioniert.“

Allerdings sei das Anmieten schwierig geworden, da die Eigentümer vor allem langfristige Mietverträge abschließen wollen. Der Landkreis aber nicht wissen könne, wie lange die Gebäude benötigt werden, fügte der Landrat hinzu.

In Gommern tendiert der Landkreis dazu, eine Unterkunft in Schnellbauweise zu errichten. Dort sollen bis zu 150 Menschen untergebracht werden, die übrigen Flüchtlinge in Wohnungen. Sowohl mit der Wohnungsgesellschaft als auch mit der Wohnungsgenossenschaft liefen Gespräche. Die Bauarbeiten, wenn erforderlich, würden nicht vor Mai oder Juni beginnen. Falls doch schon in diesem Jahr die ersten Flüchtlinge in Gommern aufzunehmen sind, dann auf „einem niedrigen Level“.

In Gommern ständen Wohnungen leer und anderswo müssten Kinder in Zelten frieren, merkte Walter Schmidt, SPD-Fraktionsvorsitzender im Gommeraner Stadtrat, kritisch an. Nur fünf bis zehn Prozent der Flüchtlinge im Jerichower Land seien jedoch Familien, erklärte Steffen Burchhardt.

Im Vorfeld soll in einer Einwohnerversammlung detailliert darüber Auskunft gegeben werden. Außerdem wollen die Gommeraner selbst aktiv werden. Pfarrer Michael Seils informierte, dass sich die beiden Kirchengemeinden schon im Frühjahr zur Problematik verständigt hätten und im November ein erstes Treffen stattfinden solle, um ein Netzwerk zur Flüchtlingshilfe in Gommern zu bilden. „Wir brauchen eine breite Front, die uns bei der Integration unterstützt“, warb Jens Hünerbein.

Die wildesten Gerüchte kursierten in Gommern. Ob zur Jugendherberge, wo im Park noch zusätzliche Container aufgestellt werden sollen, oder zum alten Lidl-Markt, der als Unterkunft genutzt werden soll. „Das schürt jetzt schon böses Blut“, warnte eine Teilnehmerin. Zudem bereite vielen Angst, dass in Altengrabow Flüchtlinge am Truppenübungsplatz untergebracht seien.

„Auf den Truppenübungsplatz kommt niemand“, versicherte Steffen Burchhardt. Außerdem wollten die Flüchtlinge selbst nicht in Altengrabow bleiben. „Die suchen das Weite.“

Gerüchte gebe es tatsächlich massig. „Wir können nicht auf jedes einzelne reagieren“, sagte der Landrat. „Informieren Sie sich beim Landrat, beim Bürgermeister oder Stadtrat“, rief Oliver Lindner auf. „Sie können mich dazu jederzeit ansprechen“, bekräftigte Jens Hünerbein.