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Nach 14 Jahren in der Fremde kehrt die Burgerin Antje Bunge in ihre Heimatstadt zurück "Früher nur grau, jetzt ist viel Farbe da"

Von Andreas Mangiras 07.09.2013, 03:13

Die Stadt Burg hat in den letzten 25 Jahren gut ein Sechstel ihrer Einwohner verloren, trotz Eingemeindungen. Knapp 23 500 Menschen wohnen aktuell in der Ihlestadt. Es werden weniger Kinder geboren. Abwanderung, der Arbeit nach, dünnt die Bürgerschaft aus. Doch es gibt auch Heimkehrer. Ein Lichtblick?

Burg l Die Familie, Freunde, Heimat - das ist es, was Antje Bunge (Jahrgang 1978) in ihre Heimatstadt Burg zurückgezogen hat. Vor über 14 Jahren ist sie von hier weggegangen, weil die im Klinikum Dessau-Alten gut ausgebildete Physiotherapeutin dort nicht übernommen wurde und auch hier in der Region keine Arbeit fand.

"Es gab keine Arbeit oder nur ganz schlecht bezahlte Stellen", blickt sie auf diese Zeit und die ersten Versuche, im Berufsleben Fuß zu fassen, zurück. Schon bald fand sie in einer Reha-Klinik in Wasserberg im Bayerischen einen aussichtsreichen Job. "Nimm es, dann hast du erstmal etwas, haben meine Eltern gesagt", erinnert sie sich. Auch wenn es bedeuten würde, der näheren Heimat den Rücken zu kehren, wie viele damals. "Von meiner Abiklasse am Roland-Gymnasium 1996 sind nicht mehr viele hier. Das ist nicht normal", ist Antje Bunge nachdenklich.

1989 lebten in Burg über 27 000 Menschen. In den 90er Jahren ging die Einwohnerzahl drastisch zurück. 1999 hatte die Ihlestadt noch 23 500 Einwohner. Geburtenknick und Abwanderung führten zu drastischen Verlusten. Inwischen sind sogar Einwohnergewinne über Eingemeindungen von Orten in den Jahren 2002 und 2009 vom anhaltenden Bevölkerungsrückgang aufgefressen. Aktuell zählt Burg etwa 23 500 Einwohner. Laut einer Prognose des Statistischen Landesamtes in Halle sollen hier im Jahr 2025 noch 18 600 Bewohner leben.

Doch einen Lichtblick scheint es zu geben. Die Abwanderung schwächt sich wohl ab. 2012 zogen 479 Menschen nach Burg und 489 weg. Ein Minus von gerade einmal zehn Personen, so niedrig, wie lange nicht mehr.

In der Fremde lebte sich Antje Bunge schnell ein. Freunde, Partnerschaft und als passionierte Skifahrerin die Alpen vor der Haustür - die Lebensqualität stimmte. Auch beruflich kam die junge Frau gut voran. Sie ging in eine Klinik in Feilenbach. Seit 2002 beschäftigte sie sich mit Osteopathie, bildete sich weiter zur Heilpraktikerin, machte sich selbständig - und hat Erfolg. "Im Oktober 2005 habe ich mit der eigenen Praxis begonnen. Im Januar war mein Terminplan voll. Es lief richtig gut."

Wenn es so gut läuft, warum kommt man dann zurück? Ganz logisch, dass diese Frage im Raum steht. "Mir fehlte etwas, meine Heimat. Meine Familie, meine Mutter brauchte mich, ich war nicht da, als es wichtig war", sagt sie. Da ist auch Schmerz zu spüren. "Meine beste Freundin lebt hier. Ich habe ihre Kinder nicht aufwachsen sehen." Es gebe mehr, als nur gut voranzukommen und die Alpen vor der Nase. Freunde, die ebenfalls zurückkehrten, bestärkten sie in ihrem Entschluss.

"Ich bin kein ängstlicher Mensch. Ich gehe die Dinge an. Dass ich alles bisher geschafft habe mit Erfolg, gibt mir Kraft und Zuversicht, es auch hier zu schaffen", sagt die junge Frau mit Nachdruck. Was sie sich in den Kopf setzt - mit Plan, geht sie an, macht sie klar.

Sie hat jetzt in Burg wieder eine eigene Praxis eröffnet. "Es wird funktionieren", ist sie sich sicher. "Burg und seine Menschen haben sich verändert. Es passiert viel", sagt sie mit dem Abstand einer Heimkehrerin, die in 14 Jahren auch anderes gesehen und erlebt hat.

Die Altstadt hat es Antje Bunge besonders angetan. Das weckt Erinnerungen, an die Schulzeit oder den Sportverein. "Früher war Burg nur grau. Als ich klein war, bin ich immer die Maxim-Gorki-Straße hochgelaufen. Ich wollte die Häuser immer bunt anmalen. Jetzt ist viel Farbe da", sagt sie. "Die Stimmung ist nicht mehr so negativ."

Antje Bunge hat sich in den Kopf gesetzt, Brücken zu bauen. Aus ihrer Bayern-Zeit kennt sie viele Leute. "Wenn ich es schaffe, dass der eine oder andere herkommt, dann habe ich etwas für die Verständigung getan." Und fürs Skifahren wird sie auch von Burg aus Gelegenheit finden, ist sie sich sicher: bei Freunden in Bayern oder im Harz.