Freizeit und Familie Mit Video: Wie Hund Frieda im Rollstuhl Möser, das Jerichower Land und das Internet erobert
Frieda ist eine Hündin mit Handicap. Ihre Hinterläufe sind gelähmt, sie benötigt einen Rollstuhl. Das Leben ihrer Pflegefamilie in Möser hat sie auf den Kopf gestellt.

Möser - Mit süßem Blick und frechem Wesen erobert Frieda die Herzen. Denn die Hündin trotzt in Möser (Jerichower Land) bei ihrer Pflegefamilie ihrem Handicap: Wegen einer Lähmung der Hinterläufe ist das 22 Monate alte Tier auf einen Rollstuhl angewiesen. Mit dem erobert sie die Herzen und das Internet.
Schelmisch verbirgt sie ihr Gesicht hinter ihren Pfoten. Gleich erreicht sie das, worauf sie aus ist. „Frieda, nein“, entfährt es den Zweibeinern wie aus einem Mund. Geschafft, eine Reaktion. Vielmehr ein Spiel, das Hündin Frieda da auf dem Rasen gerade beginnt. Mit ihren Vorderbeinen hebt sie ein Loch im satten Grün vor dem Haus aus.
„Das ist ihre neue Marotte, wenn man so will“, gibt sich der Hausherr gelassen, während die anderen beiden Vierbeiner, Marly und Titus, das Treiben eher skeptisch beobachten. Willkommen bei den Alslebens, einem ganz ungewöhnlichen Rudel, wie sie selbst über sich sagen. Schuhe sucht man hier vergebens, dafür liegen Windeln bereit. Und ein Mini-Rollstuhl.

„Seit Frieda hier zuhause ist, hat sich vieles verändert“, sagt Mario Alsleben über den Deerhound (Windhund-Art). Denn Frieda ist ein Tier mit Handicap. Sie kann ihre Hinterbeine nicht bewegen. Beim Auslaufen ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen – zwei Räder ersetzen dabei ihre Hinterläufe. Offen ist, warum die Lähmung besteht.
Lähmung ist nicht das einzige Handicap von Hündin Frieda
Zu Ostern 2022 ist Frieda im Tierheim in Schartau gelandet. Sie kam aus Rumänien. Seit etwa fünf Jahren engagiert sich Familie Alsleben ehrenamtlich in der Einrichtung.
Ein Glücksfall, wie sich zeigt. Nach einem Hilferuf aus Schartau – bei einer Inobhutnahme mussten 80 Nagetiere aus einen verwahrlosten Bauernhof gepflegt werden – sind Mario, Claudia und Tochter Emilia auf die Bewohnerin eines Zwingers aufmerksam geworden, der sich neben dem Hasengehege befand.
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„Sie hat immer nach uns geschaut und sich gefreut. Als sich mein Vater dann einmal zu ihr gesetzt hat, war es um uns geschehen“, so die zwölfjährige Emilia Alsleben.
Letzte Zweifel schwinden, als die Familie gebeten wird, das Tier bei einer notwendigen Operation und anschließenden Behandlungen wie Verbandswechsel zu begleiten. Alle zwei Tage musste im Zeitraum von zwei Wochen eine Tierärztin in Magdeburg aufgesucht werden.

Der Wille, Frieda ein gutes Umfeld zu bieten, ist groß. Die Herausforderung allerdings auch. Denn das, was sich in den ersten Wochen des Zusammenlebens als Alltag herausstellen soll, bringt die Familie trotz ihres großen Herzens ein ums andere Mal an ihre Belastungsgrenzen.
Frieda macht auch viel Arbeit - die Familie kommt an ihre Grenzen
Kann man beispielsweise das Knabbern an Schuhen als Spielerei werten, wird Familie Alsleben mit einer Tatsache konfrontiert: Frieda ist inkontinent. „Das war am Anfang noch nicht klar, wir haben viel Lehrgeld gezahlt“, merkt Claudia Alsleben an.
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Das Problem des unkontrollierten Wasserlassens führt so weit, dass Mario Alsleben die Reißleine ziehen möchte, als über mehrere Wochen nachts das große Wischen gestartet werden muss. Aber der Familienrat entscheidet sich dagegen, Frieda wieder ins Tierheim zu bringen.
Sie wäre wohl ein nur sehr schwer vermittelbarer Fall. Familie Alsleben ist ihre große Chance. „Wir verstehen uns als großes Rudel, in dem jeder seinen Platz hat, mit all seinen Schwächen und Stärken“, sagt Claudia Alsleben.

Die Stärken von Frieda liegen auch darin, ein Gespür für Situationen zu haben: Nach einer Chaotennacht etwa ist von ihrem Dickkopf nichts zu spüren, auch das Thema „Wasserlassen“ ist einige Tage lang keines. Die Zahl der Waschmaschinengänge, die für Frieda gestartet werden müssen, geht zurück. Im Haus trägt sie nun Hundewindeln.
Außerhalb des heimischen Grundstücks nehmen bei Spaziergängen Passanten vor allem den Rollstuhl wahr. Die Blicke nutzt Familie Alsleben, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Bei der Aufklärungsarbeit hilft mittlerweile ein Flyer, der extra entworfen wurde.
Darin wirbt die Familie auch um Unterstützung für das Tierheim, dem Frieda faktisch gehört, und das für die Behandlungen aufkommt. Familie Alsleben ist ihre Pflegefamilie.

Und zwar eine mit Anschluss, wenn man so will: Im Haus leben neben drei Katzen auch Marly, ein chinesischer Schopfhund (auch aus dem Tierheim), und Titus, ein Whippet (Rasse zählt zu den Windhunden). Sie sozialisieren sich gegenseitig. „Das klappt super“, so Mario Alsleben.
Fanpost für Rolli-Hund Frieda: Briefe werden an die Hündin geschrieben
Frieda geht aufgrund ihrer Größe, ihrer unbändigen Lebensfreude und ihres ungewöhnlichen Gefährts mittlerweile als sowas wie ein Star durch, der die Aufmerksamkeit fast automatisch auf sich zieht, wenn Familie Alsleben unterwegs ist.
Dem Tierheim Schartau wird regelmäßig Fanpost übermittelt, das Schicksal und der Bewegungsdrang des Tieres haben sich herumgesprochen. „Eine Frau schreibt ihr Briefe. Sehr putzig: Die Zeilen richten sich nur an Frieda, wir werden nur beiläufig erwähnt“, freut sich Claudia Alsleben über den Zuspruch.

Den gibt es auch im Internet: Beim sozialen Netzwerk Instagram werden Hundefreunde regelmäßig über Friedas Leben auf dem Laufen gehalten. Zum Beispiel über Wettrennen, die Frieda mit ihrem Rolli bestreitet.
„Es ist unglaublich, wie gut sie den Rollstuhl angenommen hat und sich damit bewegen kann“, staunt Mario Alsleben, als Frieda wieder zu einem Spurt ansetzt, obwohl er das schon oft gesehen hat. Damit das so ist, muss der Rolli stets auf die Größe der Hündin angepasst werden. Auch mit Hilfe von Spenden konnte das Tierheim nun die zweite Spezialanfertigung stemmen.