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Kooperation Gemeinsam gegen Praxissterben

Dem Praxissterben im ländlichen Gebiet stellt sich die AWO Zerbst mit einer neuen nervenärztlichen Gemeinschaftspraxis in Genthin entgegen.

Von Mike Fleske 19.07.2018, 01:01

Genthin l Rein rechnerisch gibt es derzeit in Deutschland so viele Ärzte wie seit vielen Jahren nicht mehr. Trotzdem fehlen besonders im ländlichen Raum Mediziner, vor allem Fachärzte. Oft schließen die Praxen, da die Ärzte in Rente gehen und keinen Nachfolger gefunden haben.

In Genthin konnte durch eine besondere Variante die Schließung der Praxis für Neurologie und Psychiatrie verhindert werden. Unter der Trägerschaft des Medizinischen Versorgungszentrums Zerbst der AWO wird mit einem Kooperationsmodell von gleich drei Ärzten der Betrieb der Praxis dauerhaft gewährleistet. Die Fachärztin Evelyn Paulsen, Dr. Petra Zacke und Dr. Jürgen Dapprich besetzen die bestehende Arztstelle in neu eingerichteten Räumen in der Elbe-Havel-Passage von nun an gemeinsam. „Ich werde in den kommenden beiden Jahren weiterhin praktizieren“, berichtet Evelyn Paulsen, die lange Jahre mit einer eigenen Praxis in Genthin tätig war.

Den Ruhestand vor Augen begann Paulsen mit der Nachfolgesuche. „Das gestaltete sich schwieriger als gedacht, es war niemand zu finden“, bedauerte sie. „Junge Ärzte aus ihrem Fachbereich würden eher im Krankenhaus tätig werden, als das Wagnis „eigene Praxis“ einzugehen. Gemeinsam mit der AWO wurde nun aber eine andere Lösung als die klassische Nachfolgeregelung mit der Weitergabe von Alt an Jung gefunden.

„Wir freuen uns, dass wir diese Möglichkeit anbieten können und diese spezifische medizinische Versorgung im ländlichen Raum erhalten bleibt“, machte Hermann Fox, Geschäftsführer des AWO-Versorgungszentrums Zerbst, deutlich. Bereits im vergangenen Jahr war der Träger in die Praxis von Evelyn Paulsen eingestiegen und hatte die Möglichkeiten für eine Weiterführung der Praxis ausgelotet. Mit der Verstärkung durch die beiden weiteren Ärzte könne nun ein Praxisbetrieb von Montag bis Donnerstag gewährleistet werden. Evelyn Paulsen werde sich schrittweise zurückziehen. Denn ihr zur Seite stehen zwei Ärzte, die im Jerichower Land durchaus renommiert sind.

Dr. Petra Zacke ist vielen noch als Chefärztin der Fachabteilung für Neurologie des AWO Fachkrankenhauses Jerichow bekannt, wo sie im vergangenen Jahr in den Ruhestand ging. Dr. Jürgen Dapprich wirkt neben seiner Tätigkeit in Genthin gleichzeitig als Oberarzt in der AWO Psychiatrischen Tagesklinik Burg.

Allerdings sind die Genthiner Bemühungen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Landesärztekammer sieht künftig ein stetig steigenden Bedarf an Ärzten im niedergelassenen Bereich und in Krankenhäusern. So wird nach aktuellen Zahlen erwartet, dass bis zum Jahr 2025 etwa 2000 Stellen neu besetzt werden müssen. Darunter 600 Hausarztstellen und fast 1300 Facharztstellen. Für den Erhalt von Arztstellen könnte das Genthiner Modell eine erste Lösung sein. Um dauerhaft Stellen zu besetzen, braucht es größere Anstrengungen – von allen Seiten.

So fordert die Ärztekammer schon länger Erleichterungen für Bewerber bei der Zulassung für ein Medzinstudium, wenn sie aus Sachsen-Anhalt kommen und hier tätig werden wollen, und insgesamt mehr Studienplätze, um mit mehr jungen Ärzten den Bedarf auch im ländlichen Raum decken zu können.