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Mumien Frau Pfortes Sarg steht unten links

Seit Januar steht fest, dass die schönste Nedlitzer Mumie „Frau Pforte“ eigentlich ein Mann ist.

Von Manuela Langner 07.11.2016, 09:00

Nedlitz l Wo ist Frau Pforte? Das war seit Januar die drängende Frage in Nedlitz. Damals hatte Anthropologin Amelie Alterauge den Nachweis erbracht, dass die Mumie im Totenkleid mit Tränenmuster gar nicht Frau Pforte ist, sondern ein Mann. Ein DNA-Test lieferte dafür den letzten, hundertprozentigen Beweis.

Im Mai kehrte Amelie Alterauge für weitere Untersuchungen in der Gruft im Nedlitzer Kirchturm zurück. Die Gruft war ursprünglich zweigeteilt. Im Süden stand allein der Sarg von Robert Christian von Hake. Als Besitzer des Nedlitzer Gutes hatte er die Gruft bauen lassen. In der zweiten Kammer wurden weitere sechs Särge beigesetzt. Darunter sind zwei stilistisch einfache Särge, ohne aufwendige Beschläge. An einem wurde die Inschrift „Johann Pforte“ gefunden. Ein Mann liege drin, seine Jacke passe modisch um 1740, als Pforte verstarb, erklärte Amelie Alterauge.

Um herauszufinden, ob seine Frau Johanna Juliane Pforte im zweiten stilistisch einfachen Sarg ruht, benötigte es einige Muskelkraft. Es stehen jeweils zwei Särge übereinander. Da Frau Pforte im unteren vermutet wurde, mussten Dr. Peter Weber, Vorsitzender des Fördervereins Kirche St. Nikolaus Nedlitz, und Kirchenführer Manfred Kuhnert den Sargdeckel offen halten, während Amelie Alterauge mit Stirnlampe den Inhalt untersuchte.

Der Leichnam trägt sehr fein gestrickte Strümpfe und Handschuhe, die vorne offen sind. Auch die Beckenform weist auf eine Frau hin. Eine DNA-Probe bestätigte die Vermutung. „Damit haben wir unsere Frau Pforte gefunden“, verkündete Amelie Alterauge. Und den Nedlitzern fiel kollektiv ein Stein vom Herzen.

Allerdings gibt es auch einen Wermutstropfen: Der Leichnam hat keinen Kopf mehr. Es ist gut möglich, dass dieser in der Zeit, als die Gruft für Mutproben genutzt wurde, abhanden gekommen ist.

Die beiden Särge mit den aufwendigen Beschlägen gehörten sehr wahrscheinlich Pächtern des Nedlitzer Gutes, erklärte Amelie Alterauge weiter.

Das Kirchenbuch berichtete von acht Bestattungen, während in der Gruft nur sieben Särge gefunden wurden. Vermutlich - und dieser These der Anthropologin schlossen sich die Chronisten und Mitglieder des Fördervereins am Sonnabendnachmittag an - ist Pfarrer Christian Evenius nicht in der Gruft, sondern noch im Altarraum beigesetzt worden. Evenius starb einen Monat vor Robert Christian von Hake. Es ist schwer vorstellbar, dass der Gutsbesitzer es erlaubt hätte, dass in seiner Gruft jemand vor ihm bestattet werden durfte. Außerdem ist im Kirchenbuch bei ihm der ausdrückliche Zusatz „in der Gruft“ nicht vorhanden.

Bleibt nur noch eine Frage: Wer ist die bisherige Frau Pforte? Eine ganz sichere Antwort konnte Amelie Alterauge darauf nicht geben, weil beide Männer, die dafür in Frage kommen, kurz hintereinander starben und deshalb schwer voneinander abzugrenzen sind. Wahrscheinlich handelt es sich jedoch um Johann Friedrich Kohnert, dem Sohn des Pächters Mathias Kohnert.

Johann Friedrich Kohnert ist aus Sicht der Nedlitzer Chronisten keine einfache Wahl, da über ihn im Gegensatz zu Johanna Juliane Pforte wenig bekannt ist.

Ihre Forschungen zu den Nedlitzer Mumien fließen in Amelie Alterauges Doktorarbeit ein, an der sie gerade schreibt. „Jetzt haben wir eine runde Sache“, schloss sie ihre Ausführungen ab. Auf Fotos konnte zudem ein Blick auf die richtige Frau Pforte geworfen werden, beispielsweise auf ihre seltenen Handschuhe.