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Nestabtragung Wenn der Storch Legosteine klaut

Alle vier bis fünf Jahre wird ein regelmäßig besetztes Storchennest in Biederitz abgetragen. Dabei kommen kuriose Fundstücke zu Tage.

Von Anke Reppin 10.12.2020, 00:01

Biederitz l Jede Menge Äste und Dreck beförderte am Dienstagvormittag Peter Gottschalk vom Storchennest in der Breiten Straße, Ecke Schulstraße in Biederitz. Gottschalk ist ehrenamtlicher Weißstorchbetreuer und zuständig für das Gebiet des Altkreises Burg. Seit mehr als 30 Jahren kümmert sich Gottschalk in dieser Funktion um die Störche in seinem Gebiet. Wie er dazu kam? „Das habe ich geerbt“, lacht er. Ein Schulfreund hatte die Aufgabe inne. Er zog aus der Region weg und bat Peter Gottschalk, für ihn zu übernehmen.

Zu seinen Aufgaben gehöre vorrangig die Erfassung des Bestandes an Weißstörchen, erzählt der Möseraner. Jedes Jahr schaut er, ob die bekannten Nester besetzt sind und wie viele Junge die Storchenpaare großziehen.

Peter Gottschalk ist darüber hinaus Beringer der Vogelwarte Hiddensee und beringt nach deren Vorgaben Jungvögel. Dafür hat er einen mehrtägigen Lehrgang absolviert und eine Prüfung abgelegt. Werden beringte Störche gesichtet – mit einem guten Fernglas sind die Nummern zu erkennen, berichtet Gottschalk – oder tote Vögel gefunden, die einen solchen Ring tragen, dann fließen die Erkenntnisse in die Datenbank der Vogelwarte ein. Die Beringungszentrale Hiddensee, mit Sitz in Greifswald, ist eine von den ostdeutschen Bundesländern gemeinsam getragene Einrichtung. Sie erhebt nach eigenen Angaben Daten von mehr als 120 000 Vögeln im Jahr. Darunter auch die von Tausenden Weißstörchen. Die Daten werden für wissenschaftliche Zweck ausgewertet. So untersuchen die Wissenschaftler aufgrund der Beringungsdaten beispielsweise das Zugverhalten der Störche.

Wenn das Biederitzer Storchenpaar im Frühjahr des kommenden Jahres von seinem langen Flug nach Biederitz zurückkehrt, dann findet es ein deutlich kleineres Nest vor als es im Sommer verlassen hat. Denn Peter Gottschalk trug am Dienstag großzügig etwa die Hälfte des Nestes ab. Wichtigste Hilfsmittel waren eine vom Landkreis Jerichower Land finanzierte Hebebühne und eine große Mistgabel.

Wichtig sei, dass die Form erhalten bleibe, erklärte der Weißstorchbetreuer. Er holte hier kiloweise Äste und eine kompostähnliche Mischung vom Schornstein. Alle vier bis fünf Jahre sei das notwendig, um die Sicherheit des Nestes zu gewährleisten, sagt Gottschalk. Denn die Nester werden mit der Zeit richtig schwer. In Parchau hätten sie einmal ein solches Nest gewogen. Rund 800 Kilo kamen da zusammen, erzählt der ehrenamtliche Storchenbetreuer.

Manche Störche seien „richtig bauwütig“, sagt Peter Gottschalk. Und bei der Wahl des Nestmaterials auch manchmal recht kreativ. In Biederitz kamen jetzt neben Ästen und Gräsern unter anderem auch Dachpappe, alte Lappen und Legobausteine zum Vorschein, die die Vögel hier ins Nest geschleppt hatten. „Die Biederitzer Störche sind Müllstörche“, lacht Peter Gottschalk. Er habe hier in den drei Jahrzehnten seiner Tätigkeit auch schon Handschuhe und einen Gartenschlauch im Nest gefunden, sagt er.

Unten an der Hebebühne warteten zwei Biederitzer Gemeindearbeiter auf Peter Gottschalk. Sie waren mit einem Fahrzeug mit großer Ladefläche gekommen und nahmen hunderte Kilo Nesterreste mit, um sie fachgerecht zu entsorgen.