Problem Katzenflut reißt nicht ab
Das Burger Tierheim ist mit Katzen überfüllt. Wieso die Situation derartig eskaliert, erklärt Astrid Finger im Interview.
Volksstimme: Wie viele Katzen befinden sich im Moment im Tierheim?
Astrid Finger Vorsitzende des Tierschutzvereins): "Wir bekommen jeden Tag Anrufe, dass wieder irgendwo Katzenbabys gefunden wurden. Wir haben zwar schon einige an neue Tierhalter vermittelt, aber mindestens genau so viele wieder reinbekommen. Im Moment sind es weit über 50. Viel Platz ist nicht mehr."
Wieso ist die wilde Katzenpopulation in diesem Jahr so groß?
"So genau wissen wir das auch nicht. Einerseits hat die Katze kaum natürliche Feinde. Andererseits ist die Population von wilden Katzen immer wie eine Pyramide aufgebaut ist. Wenn sich erst ein Kater mit einer Kätzin paart und die Kinder sich dann untereinander paaren, können es in ein paar Jahren schon 30 oder mehr sein. Ausgehend von zwei Katzen wohlgemerkt."
In Zerbst wurde kürzlich in die Gefahrenabwehrverordnung aufgenommen, dass Freigänger kastriert werden müssen. Dies ist in der Region Burg nicht der Fall. Kommt auch das der großen Population an wilden Katzen zu gute?
"Auf jeden Fall. Ich finde es gut, dass es in Zerbst in der Gefahrenabwehrverordnung verankert wurde. Dort können in naher Zukunft Strafen denjenigen auferlegt werden, die ihre Katzen nicht kastrieren lassen. Wir vom Tierschutzverein besprechen uns jetzt mit den Kollegen aus Zerbst, wie wir es auch hier schaffen können, derartige Regelungen in dieser Region zu verankern. Die freilaufenden Katzen werden von uns seit jeher kastriert. Das Problem sind die Nachkommen der Freigänger mit Besitzern, die ihre Tiere nicht kastrieren lassen."
Warum können freilaufende Katzen so gefährlich sein?
"Katzenbisse können weitaus schlimmere Folgen haben, als beispielsweise Hundebisse. Der Speichel der Katze ist infektiöser. Wenn die wildlebende Population an Katzen, wir schätzen diese auf um die 200 allein in der Burger Region, sich ohne Kontrollen vermehrt, besteht zudem ein Risiko an Krankheiten. Sie können zum Beispiel Würmer haben, die über den Kot auf Spielplätzen leicht an Kinder gelangen."
Wie hilft da die Kastration?
"Das unkontrollierte Vermehren wird dadurch eingedämmt. Die Kontrolle über die wilde Population und dadurch auch über mögliche Sicherheitsrisiken wie Krankheitsübertragungen wächst dadurch rasch."
Sind Kastrationen mit dem Tierwohl vereinbar?
"Ich bin der festen Überzeugung, dass Kastrationen nicht nur den Menschen schützen, sondern auch das Tierwohl. Durch die Kastration werden Katzen insgesamt ruhiger. Die Rolligkeit kann im dauerhaften Zustand ein großer Stressfaktor sein. Zudem kommt es durch die Verkleinerung der Population zu weniger Tierleid. Wer meint, dass viele Katzen kein Problem sind, kann uns gerne einmal in Schartau besuchen. Die Masse an kranken und schwachen Kitten ist nichts für schwache Nerven. In der Natur würden sie so wohl kein langes Leben haben. Kastration ist aktiver Tierschutz. Das unterstützt im Übrigen auch der Landestierschutzbeauftragte Marco König."
Was ist sinnvoller: Kastration oder Sterilisation?
"Heute werden Katzen fast nur noch kastriert. Die Produktion von Hormonen wird unterbunden, indem die Hoden beziehungsweise die Eierstöcke bei den Kätzinnen entfernt werden. Dadurch wird das Tier ruhiger und hat weniger Stress. Bei einer Sterilisation wird lediglich die Verbindung gekappt. Hormone werden trotzdem noch gebildet und es kann zu einer Vereiterung der Eileiter führen."
Was raten Sie Menschen, die sich für einen Katzenkauf interessieren?
"Bitte nicht auf Internetportalen wie Ebay kaufen! Da verkaufen viele ihre ungewollten Katzenbabys. Dadurch wird das Problem nicht gelöst. Zudem sind diese Kitten zumeist weder auf Krankheiten geprüft, noch geimpft. Wir im Tierheim verlangen eine Schutzgebühr von 50 Euro für jedes Jungtier. Von dem Geld entwurmen, impfen und kastrieren wir die jungen Tiere. Für jede ausgewachsene Katze werden dafür 80, beziehungsweise für Kater 60 Euro fällig. Falls die Tiere noch nicht von uns kastriert werden konnten, vereinbaren wir klar in dem Kaufvertrag, dass eine Kastration nach dem Kauf Bestandteil des Vertrages ist. Somit stellen wir sicher, dass diese Tiere sich nicht unkontrolliert vermehren können."
Wer trägt die Verantwortung bei Tieren, die derjenige nur füttert?
"Oft bekommen wir Hinweise, dass eine frei lebende Katze Junge bekommen hat. Im Gespräch erfahren wir dann, dass die Person seit Jahren diese Katze füttert. Laut dem Gesetz ist es dann auch das Eigentum dieser Person, weil die Katze von ihm abhängig ist. Auch um die Nachkommen muss derjenige sich dann eigentlich kümmern. In der Realität ist den Leuten das dann oft egal. Es heißt bloß „Ich habe die Katze nur gefüttert. Alles andere interessiert mich nicht. Ich kümmere mich nicht auch noch um die Nachkommen.“