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Derzeit tippen sich die Mitarbeiterinnen die Finger im Ausverkauf wund / Am 29. Juni ist Schluss Schlecker-Frauen: Angst und Ausverkauf

Von Franziska Ellrich 13.06.2012, 05:18

Die Regale sind halbleer, die Stimmung ist angespannt. 30 Prozent auf alles! Ausverkauf in der Schlecker-Filiale in Burgs Innenstadt. Den Burger Mitarbeiterinnen steht die Kündigung bevor. Noch wissen sie nicht, was danach kommen soll.

Burg l "Sie packen das!" Ein alter Stammkunde streichelt der Kassiererin mitfühlend über die Schulter. Sein Einkaufswagen ist prall gefüllt, fast ein Drittel des normalen Preises hat er gespart. Der Kassiererin bleibt keine Zeit für Mitleid, die Einkaufsschlange zieht sich durch den halben Laden. So viele Kunden zur gleichen Zeit hat man in der Schlecker-Filiale am Burger Markt lange nicht gesehen. Überall in den Regalen tun sich bereits große Lücken auf, die letzte Packung Toilettenpapier ist verkauft.

"Die letzten Auslieferungen an die Filialen sind erfolgt, jetzt stehen alle Restbestände in den Regalen", bestätigt Patrick Hacker, Pressesprecher bei Schlecker. Spätestens am 29. Juni würde auch das Geschäft in Burgs Innenstadt schließen. "Sind die Regale vorher leer, brauchen die Mitarbeiterinnen natürlich nicht mehr den Laden aufschließen", so der Schlecker-Pressesprecher. Die Frauen werden dann bis zum Monatsende freigestellt. Ende Juni werden auch die Kündigungen bei den Schlecker-Frauen eintreffen. "Es finden noch Gespräche auf der Arbeitnehmerseite, zum Beispiel mit der Gewerkschaft statt, aber die Personalabteilung ist bereits dabei, die Kündigungsschreiben vorzubereiten", teilt Patrick Hacker mit.

Um daran zu denken, bleibt den Verkäuferinnen gerade gar keine Zeit. Durch den Burger Drogeriemarkt schiebt sich ein voller Einkaufswagen an dem anderen. Doch so richtig kann sich keiner über seine vollen Tüten und die Schnäppchenpreise freuen. Nur ungern profitieren die Kunden von dem Leid der Verkäuferinnen. "Das ist eine furchtbare Situation für die Schlecker-Frauen, aber ich habe eben nicht viel Geld und kann hier ein bisschen sparen", sagt eine Rentnerin. Die Frau, die die Ware der älteren Dame über die Kasse zieht, arbeitet seit elf Jahren bei Schlecker in Burg. Sie kann immer noch lächeln, "die Kunden können ja nichts dafür".

Ihrer Kollegin, die den Preis für jedes Produkt per Hand in die Kasse eintippt, ist das Lachen bereits vergangen. "Das ist doch alles eine Farce", ist sie enttäuscht. Was die beiden Mitarbeiterinnen besonders ärgert, ist der Vorschlag aus den Reihen der Bundesregierung, die Verkäuferinnen zu Erzieherinnen oder Altenpflegerinnen umzuschulen.

Das würde drei Jahre Ausbildung für die Schlecker-Mitarbeiterinnen bedeuten. Derzeit werde in Burg und Umgebung Pflegepersonal gesucht und eine Anstellung könnte den ehemaligen Drogerieangestellten relativ sicher sein, soweit die aktuellen Arbeitsmarktdaten. "Alle, die bei Schlecker übrig geblieben sind, sind älter als 50", sagt die verständnislose Verkäuferin. "Eh ich mit der Umschulung fertig bin, werde ich fast 60 sein und muss bald selbst ins Altersheim". Galgenhumor macht sich zwischen den leeren Regalen breit.