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Hochwasserschutz Schöpfwerk ohne Fürstimme abgelehnt

Der mögliche Bau eines Schöpfwerkes in Heyrothsberge ist vom Tisch. Der Gemeinderat hörte zwei Experten an und stimmte dagegen.

Von Christian Jäger 02.07.2016, 06:00

Biederitz l Lange bestimmte ein Schöpfwerk in Heyrothsberge viele Gespräche, insbesondere in Gübs und Klein Gübs. Ackerflächen, in erster Linie aber Keller sollten von einem möglichen Schöpfwerk profitieren und bei Hochwasserlage oder Starkregen gar nicht oder weniger mit Nässe zu kämpfen haben. Am Donnerstag fand das Thema Einzug im Gemeinderat – und wurde bei einer Enthaltung und keiner Fürstimme abgelehnt.

Unter großem Interesse vieler Besucher der öffentlichen Sitzung wurden fachmännische Stellungnahmen vorgetragen. Vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) war Flussbereichsleiter Ronald Günther erschienen, vom Planungsbüro „Kirchner Beratende Ingenieure“ (KBI) Bernd Pikut.

Günther verdeutlichte noch einmal, dass ein Schöpfwerk nicht dafür gedacht ist, den Pegel des Grundwassers zu senken. Sinn und Zweck des Werkes sollte es sein, dass Wasser aus der Alten Ehle nicht ins Grundwasser gelangt, wodurch der Pegel logischerweise ansteigen würde. Auch Pikut verdeutlichte dies noch einmal in der Stellungnahme des KBI. Es hat nämlich den Anschein, dass viele rein technisch nicht von den richtigen Fakten ausgegangen sind. „Ich weiß nicht, wo die Information in der Bevölkerung herkommt, dass wir eure Keller trocken kriegen“, sagte Gemeindebürgermeister Kay Gericke.

Insbesondere in Klein Gübs seien Keller neuerer Häuser betroffen. In der Stellungnahme des LHW wird dazu folgendes gesagt: „(...) Zu erwähnen ist dazu noch, dass in den älteren Bestandsbauten, auf Grund der bekannten Grundwasserproblematik, die Keller einen durchlässigen Boden (Ziegelsteine gelegt) erhalten haben. Damit konnte nach einem Hochwasser der angestiegene GW-Stand (Grundwasserstand, Anm. d. Red.) wieder ungehindert abfliesen. Nur bei neueren Bauten wurden die natürlichen Verhältnisse nicht beachtet.“ Im Klartext heißt das, dass die Bauherren sich nicht ausreichend informiert und Vorsorge getroffen haben. Keller und Grundwasser liegen in Klein Gübs teilweise nur wenige Zentimeter auseinander. „Die Einschätzung, Keller trocken halten zu können, wird als nicht realistisch eingeschätzt.“

Des Weiteren machte Günther darauf aufmerksam, dass „die Absenkwirkung eines Schöpfwerkes endlich ist“. Daher würde ein Heyrothsberger Schöpfwerk in Gübs quasi wirkungslos sein. Ob Keller in Klein Gübs dank des Schöpfwerkes trocken bleiben könnten, konnte das LHW aufgrund fehlender Daten nicht nachvollziehen. Aus den Unterlagen sei kein definierter, oberer Schaltpegel des Schöpfwerkes sowie Gewässerhydraulik zu entnehmen, wodurch keine Aussagen getroffen werden können. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Kosten-Nutzen-Rechnung.

Günther erklärte außerdem, dass die Annahme nicht richtig sei, landwirtschaftliche Flächen umgehend von Wasser befreien zu müssen. „Es hat sich die Unsitte entwickelt, Wasser so schnell wie möglich wieder wegzukriegen“, sagte er. Es müsse auf Ackern teilweise toleriert werden.

Einen weiteren, in Zeiten der Konsolidierung nicht unwichtigen Punkt sprach Ronald Günther in Sachen Finanzen an. Denn die etwa 1,5 Millionen Euro Baukosten könnten zu niedrig veranschlagt sein. „Die Kostenschätzung erscheint unter Berücksichtigung vergleichbarer Projekte im LHW als zu gering.“ Das Schöpfwerk Rossel kostete 4 Millionen Euro, das in Lödderitz 2,1 Millionen. Auch die laufenden Kosten seien nicht vernachlässigbar.

Aus finanzieller Sicht steht in der LHW-Stellungnahme außerdem: „Weiter ist einzuschätzen, dass die kurzzeitige Überflutung von Verkehrsverbindungen durchaus tolerierbar ist, da alternative Zufahrtsmöglichkeiten bereitgestellt werden können, bzw. die Anpassung der Wegebeziehung gegenüber der Errichtung und den zu erwartenden laufenden Kosten eines SW‘es (Schöpfwerkes, Anm. d. Red.) eine preiswertere Alternative darstellen können.“

Nach Einschätzung des LHW sei die vorgelegte Unterlage der Vorplanung als nicht ausreichend anzusehen, um den Bau eines Schöpfwerkes fachlich zu rechtfertigen.

Die Planer gaben den Bau des Schöpfwerkes sowie die Sanierung des Endverlaufes der Alten Ehle als erforderliche Maßnahmen an, um vor wiederkehrenden Schäden an Wohngebäuden sowie landwirtschaftlichen Flächen zu schützen.

Immer wieder hoben die Gäste ihre Hand und wollten den Ratsmitgliedern sowie den Experten Fragen stellen. Doch der Gemeinderatsvorsitzende Dr. Peter Sanftenberg durfte dies nicht gestatten. Lediglich die Ratsmitglieder durften bei den Experten nachhaken.

Nachdem über das Schöpfwerk abgestimmt wurde, verließen etwa 30 Anwohner die Sitzung. Auf vorher gefüllten Stühlen verblieben drei Bewohner der Gemeinde.

Die Stellungnahmen des LHW sowie des KBI sind im Ratsinformationssystem der Gemeinde-Internetpräsenz unter www.gemeinde-biederitz.de einsehbar.