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Ermittlungen laufen nach gewalttätigen Angriffen auf Hochtouren / Nach Fußballturnier in Gommern Neonazi-Randale in Magdeburg Staatsschutz hat rechtsextreme Hooligans im Visier

07.01.2015, 01:05

Gommern/Magdeburg (am/ad/dpa) l Nach den rechtsextremen Vorfällen in Magdeburg ermittelt der Staatsschutz auf Hochtouren. Auch ein neuerliches Verbot der rechtsextremen und gewaltbereiten Hooligan-Gruppierung "Blue White Street Elite" wird geprüft. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat die neuerlichen rechtsextremen Übergriffe in Magdeburg verurteilt. Er lehne jegliche Form von Gewalt ab und fordere eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle, sagte er am Montag in Magdeburg. Für ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die "Blue White Street Elite" seien aber neue Erkenntnisse nötig. "Ob diese vorliegen, kann derzeit noch nicht eingeschätzt werden", sagte Stahlknecht.

In der Nacht zu Sonntag hatten etwa 20 Leute in der Disko randaliert. Einzelne Personen hatten den Hitlergruß gezeigt und auf Gäste eingeschlagen. Mindesten zwei Personen wurden verletzt und mussten medizinisch versorgt werden. Laut Polizei handelte es sich bei den Angreifern um Männer der Hooligan-Gruppierung "Blue White Street Elite".

Nachdem der Sicherheitsdienst die 20 Hooligans aus der Disko geworfen und von die Polizei einen Platzverweis ausgesprochen hatten, beleidigten sie in einem Bus eine Gruppe von vier Irakern und lieferten sich anschließend eine Auseinandersetzung mit den Einsatzkräften. Laut Polizei laufen nun mehrere Strafverfahren, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung.

Beide Magdeburger Ereignisse stehen in direktem Zusammenhang mit dem Abbruch eines Fußballturniers in Gommern am gleichen Tag. Mitglieder der "Blue White Street Elite" seien höchstwahrscheinlich auch dafür verantwortlich, dass ein Fußballturnier des SV Eintracht Gommern nach Handgreiflichkeiten mit Körperverletzung am Sonnabend abgebrochen werden musste, sagte die Polizei am Montag.

Der Staatsschutz ermittele auf Hochtouren, sagte der Sprecher. Zahlreiche Zeugen zu den drei Vorfällen müssten vernommen und alle Erkenntnisse zusammengeführt werden. Geprüft werde auch die Möglichkeit eines neuen Vorstoßes zum Verbot der "Blue White Street Elite".

Die "Blue White Street Elite" aus dem Jerichower Land war im Jahr 2008 vom damaligen Innenminister Holger Hövelmann (SPD) verboten worden. Mitglieder sollen gemeinschaftlich Straftaten begangen haben. Die Verfügung wurde jedoch 2010 vom Oberverwaltungsgericht Magdeburg wieder aufgehoben. Dennis Wesemann, Mitbegründer und führendes Mitglied der Gruppe, hatte erfolgreich geklagt.

Ermittelt wird zu den Vorgängen beim Turnier gegen einen 27-jährigen polizeibekannten Mann aus Stresow, der auch bei den Magdeburger Vorfällen dabeigewesen sein soll. Nach Volksstimme-Informationen handelt es sich dabei um den Lokalpolitiker Dennis Wesemann. Wesemann ist Ortschaftsrat in Stresow.

Als Spieler des FC Ostelbien Dornburg hatte im Turnier die gelbe Karte gesehen, wurde nach Verbalattacken gegen den Schiedsrichter mit Rot vom Platz gestellt und vom Turnier ausgeschlossen. Kurz vor Turnierende soll er einen Zuschauer angegriffen und geschlagen haben. Später sollen er und weitere Personen nach Magdeburg und schließlich in die Magdeburger Factory gefahren sein.

"Die Ermittlungen werden in Magdeburg und von den Kollegen im Jerichower Land geführt", sagte Polizeisprecherin Beatrix Mertens. Die Ergebnisse laufen beim Staatsschutz zusammen. So soll unter anderem ein neuerliches Verbotsverfahren gegen die Hooligan-Gruppe "Blue White Street Elite" geprüft werden.

Stresows Ortsbürgermeister Norbert Müller wollte sich gestern gegenüber der Volksstimme zu den Vorgängen um sein Ortschaftsratsmitglied nicht äußern.

Inzwischen hat der Präsident des Kreisfachverbandes Fußball des Jerichower Landes, Horst Wichmann, gegenüber der Volksstimme angekündigt, dass vor dem Sportgericht nur die Rote Karte Wesemanns Gegenstand der Verhandlung über eine etwaige Sperrung vom Spielbetrieb sein soll. Die Schlägerei hingegen nicht.

Noch am Abend des Vorfalls haben die Betreiber der Factory auf ihrer Facebook-Seite eine Stellungnahme zu den Neonazi-Übergriffen veröffentlicht. "Wir verstehen uns als ein weltoffenes und tolerantes Haus und so wollen wir auch wahrgenommen werden. Bei uns ist jeder willkommen, völlig egal welcher Herkunft, Hautfarbe oder sexueller Gesinnung", heißt es darin. Andere Magdeburger Clubs, wie etwa das Café Central, zeigten sich solidarisch mit der Factory.

"Wir sind ein alternativer Laden und keine Großraumdisko", sagte Club-Chef Christian Werner der Volksstimme. Der Sicherheitsdienst sei angewiesen, keine Personen in den Laden zu lassen, die unter rechtsextremen beliebte Kleidung tragen oder neonazistische Tattoos und Symbole verwendeten. "Wir kontrollieren das sehr genau", so Werner. Nur habe sich die Gruppe vom Sonntag erst im Laden zu erkennen gegeben. "Leider können auch wir nicht in die Köpfe mancher Gäste schauen und schon gar nicht sämtliche Kleidungsstücke, die unter dicken Jacken in der kalten Jahreszeit getragen werden, auf Anhieb kontrollieren", sagte Werner. Als Konsequenz des Vorfalls wolle man am Einlass nun noch genauer kontrollieren.

Verständnis kommt von anderen Magdeburger Veranstaltern. "Auch unsere Sicherheitsleute sind geschult, was rechte Kleidung und Symboliken betrifft", sagte der Chef der Alten Theaters, Paul-Gerhard Stieger. Es könne aber jedem passieren, dass Personen bei der Kontrolle durchrutschen.