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Unfälle Brummis außer Rand und Band

Jeder dritte Unfall auf der A 2 wird von Lkw verursacht. Feuerwehren müssen fit sein,um solche Situationen zu meistern.

Von Andreas Mangiras 11.05.2018, 07:00

Bur/Genthin l „Unerfahrene Kameraden lassen sich von der Vorstellung Lkw-Unfall erschlagen“, sagt Torsten Krusewitz, Berufsfeuerwehrmann aus Düsseldorf. „Wir wollen ihnen mit unserem Sonderlehrgang Angst und Unsicherheit nehmen, denn eigentlich ist es vom technischen Herangehen bei der Personenrettung eigentlich einfacher als bei einem Pkw.“

Diese Aussage erstaunt den Laien und Unerfahrenen – auch bei der jüngsten Schulung im Feuerwehrtechnischen Zentrum (FTZ) in Burg. Krusewitz muss schmunzeln - trotz ernster Angelegenheit. „Wenn ein Auto unter einen Lkw geraten ist, dann ist das eine viel kniffligere Lage, um eingeklemmte Menschen zu retten, als im Normalfall einen verletzten Fahrer aus einem Lkw zu holen.“

Der wichtigste Unterschied zum Unfall mit Pkw stellt sich für Krusewitz beim Erkunden der Lage dar. „Diese Erkundung ist viel umfangreicher.“ Es müsse genau geklärt werden, was der Lkw geladen habe, die Menge an auslaufender Flüssigkeit sei viel größer. „Wird nicht genau erkundet, kann ich Einsatzkräfte in Gefahr bringen“, so Krusewitz.

Er und sein Kollege Gerhard Jürgens von der Berufsfeuerwehr Mönchengladbach hatten Kameraden der Feuerwehren aus Genthin, Burg, Möckern und Möser sowie Mitglieder des Technischen Hilfswerkes, Ortsverband Burg, zur Ausbildung da.

An jedem dritten der gut 1350 Unfälle im Jahr auf der Autobahn 2 in Sachsen-Anhalt tragen nach Angaben der Autobahnpolizei Lkw-Fahrer die Schuld. Abstände sind zu gering, Notbremssysteme funktionieren unter zehn Metern nicht mehr Richtung. Oder sie werden ganz ausgeschaltet. Fahrer sind auf ihren langen Touren oft genug abgelenkt. Bei jedem vierten Lkw-Unfall hat der Fahrer nicht gebremst, haben Untersuchungen ergeben.

Nicht nur, dass es immer öfter zu Sprachbarrieren zwischen den Rettungskräften und den verunglückten Lkw-Fahrern kommt, auch die Ladung und die bauartbedingten Höhenunterschiede zu Pkw machen solche Rettungseinsätze für die Einsatzkräfte schwierig.

Deshalb bot der Landkreis in Zusammenarbeit mit einer Fachfirma, die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von hydraulischen Rettungssystem spezialisiert hat, einen Sonderlehrgang „Lkw-Rettung“ an. An ihm teilnehmen durften Angehörige von Feuerwehren, die im Autobahndokument des Landkreises für Einsätze auf der A2 vorgesehen sind.

„Wir wollen den Feuerleuten einen roten Leitfaden für Einsätze bei Lkw-Unfällen an die Hand geben. Er ist nicht starr, es sind Schubladen. Je nach Situation kann man diese oder jene öffnen. Wir wollen die Kameraden befähigen: Es gibt keine 0815-Lösungen für alle Fälle. Sie bekommen das Werkzeug, situativ das Richtige zu entscheiden“, sagt Torsten Krusewitz. Im Standardseminar geht es um „Personen-Rettung“.

„Nach dem A und O, dem Erkunden, muss der Patient, das Unfallopfer, betreut werden. Auch das Üben wir“, sagt Krusewitz. „Der eingesetzte Kamerad muss das Opfer betreuen. Er muss je nach Verletzungsmuster signalisieren, haben die Einsatzkräfte keine oder viel Zeit.“

Und dann sind da die anderen Größenverhältnisse. „Üblicherweise haben die Feuerwehren geübt, wie man mit Spreiztechnik mit einigen wenigen Schnitten ein Autodach aufklappen kann, wer hat das schon bei einer Lkw-Fahrerkabine gemacht?“, sagt Krusewitz. Jürgens und er hatten einen Spezial-Lkw dabei. Dort konnten die Feuerwehrleute üben, wie sie mit zwei, drei Schnitten eben eine solche Fahrerkabine aufschneiden können. Mit Aha-Effekt sozusagen.

Nach vier Stunden Lehrgang im Feierabend überwog bei den Ehrenämtlern der Erkenntnisgewinn für künftige Einsätze: „Den Standard-Lkw-Unfall gibt es nicht. Stattdessen muss es immer einen Plan B, C, D oder E muss.“ Der nächste Unfall ruft bestimmt.