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Verfälscht Tausende Abfallbescheide für die Tonne

Es ist Sand im neuen Getriebe der Abfallwirtschaft. Tausende Bescheide stimmen nicht oder sind noch immer nicht auf den Weg gebracht.

Von Marco Hertzfeld 02.08.2018, 14:00

Burg l Es hakt und klemmt doch mehr als gedacht. Ein großer Teil der ersten Gebührenbescheide im neuen Abfallsystem ist offenbar falsch oder lässt auf sich warten. Bernd Girke spricht inzwischen offen von „zirka 9000 Problemfällen“. Erst 27.000 Bescheide seien bislang für das Übergangsjahr 2017 verschickt worden, mindestens 34.000 müssten es sein. „Wir haben Fehler selbst erkannt oder Hinweise darauf bekommen. Mitunter ist die Adresse nicht korrekt, da und dort geht es schon ums Geld“, sagt der Kreisvorstand auf Nachfrage der Volksstimme. Zum Teil gehen neue Bescheide raus, zum Teil soll alles mit der nächsten Rechnung besser gemacht werden. Wie viele Bürger von sich aus stutzig geworden sind und Widerspruch einlegten, vermag Girke nicht genau zu sagen. „Wichtig ist doch, dass aktuell noch etwa 2000 Fälle tiefer zu klären sind“, findet er.

Das neue System funktioniert über Chip und genaue Identifikation. Die Zahl der Bewohner spiele bei der Abrechnung eine entscheidende Rolle. „Wir mussten leider feststellen, dass Unmengen der Daten aus den Einwohnermeldeämtern schlichtweg nicht stimmen“, erklärt einer der führenden Mitarbeiter der Landkreisverwaltung. „Mal wohnen mehr an einer Stelle, mal weniger, ab und an ist gar keine Tonne vorhanden. Es gibt vielerlei Gründe, weshalb wir nachbessern müssen.“ Der Weg der Abfallwirtschaft im Jerichower Land sei trotz allem richtig, das Ident-System genauer und damit gerechter.

Für eine bestimmte und vorher vereinbarte Anzahl von Leerungen ist eine Grundgebühr fällig, für alle darüber hinaus eine Leistungsgebühr. „Wir sind am Machen und Tun und gehen derzeit davon aus, dass Ende August, Anfang September alles geklärt ist.“ Offene Bescheide sollen endlich rausgehen, fehlerhafte korrigiert und weitere Probleme geklärt werden. „Das bedeutet auch: Eingelegte Widersprüche werden bearbeitet und geprüft. Wir sind dabei, kontinuierlich Antworten zu geben und zu sagen, der Einzelne hat recht oder hat nicht recht.“ Im Übrigen seien landkreisweit noch 900 Tonnen ohne Chip. „Auch das soll nach den nächsten sechs Wochen anders sein.“

Helmut Unger will daran nicht so recht glauben. Der Möckeraner begrüßt das neue Abrechnungssystem, hält es aber mindestens noch für unausgegoren und kritisiert die Umsetzung. Im April legte er Widerspruch gegen seine Rechnung ein. „Ende Mai bekam ich einen dünnen Brief vom Landkreis, es war die Eingangsbestätigung. Seitdem kam nichts, dabei gibt es laut Gesetzgeber eine Informationspflicht von vier Wochen.“ Und überhaupt: „In der Einwohnerfragestunde des Kreistages Mitte Juni erhielt ich noch die Antwort, es gebe gar keine Probleme.“ Der Rentner hatte sich damals nach einer Unvereinbarkeit mit dem Kommunalabgabengesetz (KAG) erkundigt.

Zum wesentlichen Streitpunkt mit dem Landkreis sagte Unger der Volksstimme schon Anfang Juli: „Die Grundgebühr ist bei 25 Prozent der Gesamtsumme festgeschrieben, bei mir liegt sie drüber. Das darf meines Erachtens nicht sein.“ Der Möckeraner glaubt, dass aus diesem Grund so gut wie jeder dritte Bescheid mit dem Start des Ident-Systems für den Zeitraum von März bis Dezember 2017 falsch ist. Der Möckeraner sieht nach wie vor insbesondere Eigenheimbesitzer und damit Menschen in den Dörfern benachteiligt, die nachweislich besser den Abfall trennten und somit auf weniger Leerungen kämen.

Der frühere Diplom-Ingenieur für Ökonomie will in der Abfallwirtschaft des Jerichower Landes ein ziemlich großes Durcheinander erkennen, zumal schon bei der Kreistagssitzung Mitte Juni von etwa 27.000 verschickten Gebührenbescheiden die Rede gewesen sei. Seitdem habe sich ja offenbar nicht viel getan. „Egal wie viele Rechnungen fehlen oder falsch sind, eine ist mindestens nicht korrekt, meine“, ist er auf Nachfrage fest überzeugt. Der Möckeraner will endlich Post vom Landkreis bekommen und gegebenenfalls seine Ankündigung von vor eineinhalb Monaten wahr machen und vor das Verwaltungsgericht ziehen.

Kreisvorstand Girke will die möglichen und unmöglichen Umbrüche nicht weiter kommentieren und sieht den Landkreis mit dem neuen Abfallentsorgungssystem auf einem guten Weg. „Es braucht Zeit, und wir lernen dazu.“ Hauptaugenmerk liege derzeit auch auf etwas anderem: Auf den nächsten Abfallgebühren, die erstmals für drei Jahre von 2019 bis 2021 gelten sollen. Die Zeichen stehen eher auf Erhöhung, ein 30-prozentiger Anstieg für 2018 war Ende 2017 auf Eis gelegt worden, weil dem Kreistag noch etliche Fragen offen schienen. Zu den aktuellen Planspielen möchte sich Girke nicht äußern. „Nur so viel: Noch ist Bewegung drin.“ Im September sollen sich Ausschüsse und Kreistag damit befassen.