Reisen in Corona-Zeiten Verunsicherung ist größer als Fernweh
Warum Menschen im Jerichower Land lieber aufs Reisen verzichten

Burg/Genthin
„Na klar, wir haben eine meterlange Schlage vor der Tür.“ Sabine Karliczek vom Burger Reisebüro „Reiselust“ nimmt es mit Humor, dass in der Politik der Eindruck erzeugt werde, durch die Freigabe der Balearen für den Sommerurlaub habe der Ansturm auf die Reisebüros begonnen. Zusammen mit ihrer Kollegin Ilona Sommer erlebt sie eine ganz andere Situation. „Neulich wurde in einem Webinar von unserem Kooperationspartner gesagt, dass natürlich ein paar Leute nach Mallorca geflogen sind, insgesamt aber pro Reisebüro in Deutschland nicht mal eine Person“, sagte Ilona Sommer.
Im Burger Reisebüro habe es nicht einmal eine einzige Anfrage nach einem Mallorcaurlaub gegeben. Die Verunsicherung sei eben sehr groß, für viele sei ein Urlaub mit den Hygieneregeln, die befolgt werden müssen, auch nicht das erwünschte Gesamterlebnis. Die Hygiene auf den Balearen sei in der Tat top. Ein Kollege aus dem Reisebüroverbund habe sich die Situation auf Mallorca angesehen und beste Bedingungen vorgefunden. Von einem unbeschwerten Urlaub sei das aber noch sehr weit entfernt. Zudem werde ja dazu geraten, zu Hause zu bleiben.
Furcht vor der Quarantäne nach dem Urlaub
Auch herrsche auf Mallorca nicht das übliche Treiben. Viele Hotels seien noch geschlossen, ebenso Cafés und Bars. Und die Hotels könnten auch Gastronomisches nur in ihren Außenbereichen anbieten, die zumeist gegen 20, 21 Uhr geschlossen werden müssten. „Der Cocktail in der lauen Nacht fällt da aus“, meinte Sabine Karliczek.
Neben den Balearen und den Kanaren gelten Ägypten, Portugal, die Türkei sowie die Überseeziele Dominikanische Republik, Mexiko, Kuba und die Malediven nicht mehr als Risikogebiete. Der Ansturm sei wohl auch deshalb ausgeblieben, weil viele befürchten, durch eine Verschlechterung der Lage sich nach der Rückkehr in Quarantäne begeben zu müssen. Nach einem 14-tägigen Urlaub nochmal 14 Tage in Quarantäne, das könne sich wohl kein Berufstätiger leisten. Eine einzige Reiseversicherung gebe es auf dem Markt, die auch den Verdienstausfall abdeckt.
Und während nach den Lockerungen im vergangenen Sommer Deutschland absolutes Lieblingsreiseziel war, geht in den heimischen Gefilden derzeit überhaupt nichts. Nicht einmal der Urlaub in einer Ferienwohnung oder auf dem Campingplatz ist möglich. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Das werde wohl erst mit den Impfungen erreicht, sind die beiden überzeugt. Alltours habe als erster Reiseveranstalter bereits angekündigt, nur geimpfte Urlauber in seinen Hotels aufnehmen zu wollen. Andere Anbieter und Fluggesellschaften würden sicherlich nachziehen.
Kein großer Reiseverkehr zu Ostern und Pfingsten
So setzen Sabine Karliczek und Ilona Sommer auf den Blick in die Zukunft. Dass es zu Ostern und Pfingsten keinen großen Reiseverkehr geben werde, sei klar gewesen. Nun sollte aber langfristig gebucht werden. Bei vielen Anbietern gebe es die Möglichkeit, bis zwei Wochen vor Reisebeginn noch kostenlos zu stornieren. Das mindere das Risiko. Außerdem gebe es Frühbucherrabatte. „Noch sind die Kontingente da, das wird kurzfristig sicherlich nicht der Fall sein“, raten sie.
In Genthin und Burg gibt es DER-Reisebüros. Medienanfragen werden zentral von der Pressestelle der DER Touristik i n Frankfurt/Main bearbeitet. Generell seien die Kunden auch dort noch zögerlich, da die Verunsicherung groß sei, so Pressesprecherin Angela de Sando auf Volksstimme-Anfrage. Im Vergleich zur Vorwoche mit der Reisewarnung habe sich das Buchungsvolumen auf die Balearen allerdings verachtfacht. Dabei werde insbesondere Mallorca bevorzugt. Zwar werde auch im Reisebürovertrieb ein Anstieg verzeichnet, allerdings profitieren vom rasanten Anstieg der Nachfrage im Moment insbesondere die Online-Vertriebskanäle.
Optimistischer Blick in Richtung Sommer
Auf den Sommer dieses Jahres blickt die DER Touristik zuversichtlich. Trotz der anhaltenden weltweiten Reisebeschränkungen und der unsicheren Lage gebe es eine steigende Nachfrage für Sommerurlaub. „Viele Menschen haben bereits im vergangenen Jahr auf ihren geplanten Urlaub verzichten müssen. Das Bedürfnis nach Abwechslung und einer Auszeit mit der Familie ist extrem groß. Das zeigen unsere Buchungseingänge und auch verschiedene Studien zum Reiseverhalten der Deutschen in diesem Jahr – noch im Laufe des frühen Sommers werden wir den Effekt eines knallenden Korkens aus einer gefüllten Flasche bei den Buchungen spüren“, so Ingo Burmester, Geschäftsführer des Bereiches Mitteleuropa des Touristikunternehmens.
Sollte es bis dahin möglich sein, werde Deutschland zu den beliebtesten Sommerurlaubszielen gehören. Außerdem gehören die Türkei, Griechenland und Mallorca zu den Favoriten. Gefolgt werden diese von Frankreich, Italien, den Kanaren, Kroatien und Bulgarien. Der Trend zu Urlaub mit Eigenanreise hat sich laut DER-Sprecherin de Sando durch die Pandemie nochmals verstärkt. Gerade Familien würden für den kommenden Sommer vermehrt Urlaub im eigenen Land, in Österreich und in den Niederlanden planen. Auf der Fernstrecke liegen die Malediven, die Dominikanische Republik und Kuba in der Beliebtheit weit vorne.
Neben dem Ausbau des Hotelangebots in verschiedenen Ländern hat das Unternehmen auch verschiedene Urlaubsarten ausgeweitet, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Dazu gehören Naturerlebnisse, Aktivreisen, kleine Hotels mit viel Privatsphäre und Kleingruppen-Rundreisen. Letztere führen im kommenden Sommer vor allem durch das südliche Europa. Großen Zuspruch finden außerdem Campurlaub und Flussreisen.