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Vogelschutzwarte Schwule Störche im Wiesenhorst?

Die Störche Magnus und Saskia leben auf dem Wiesenhorst des Storchenhofs Loburg. Saskia sorgt neuerdings für Rätselraten.

Von Stephen Zechendorf 25.05.2018, 01:01

Loburg l Bisher war die Sache ganz klar: Wenn auf dem Storchenhof vom Storchenvater die Rede war, dann war immer Christoph Kaatz gemeint, der Begründer der Loburger Vogelschutzwarte. Doch 2018 machen ihm möglicherweise zwei Klapperstörche den Spitznamen streitig: der Magnus und der Saskia.

Der Saskia? Tja, so genau wissen die Loburger Storchenexperten das nicht, aber das Gerücht kursiert schon seit Wochen auf dem Storchenhof: dass auf dem sogenannten Wiesenhorst zwei echte Storchenväter am Werk sind. Dass Magnus ein echter Kerl ist, weiß man längst aus seiner mehrjährigen Liaison mit Agatha und – nachdem die seit zwei Jahren nicht in Loburg war – seiner Affäre mit Mina.

Was aber ist mit Saskia? Männlein oder Weiblein? Klarheit würde nur ein Gentest bringen, erklärt Geschäftsführer (und Sohn des bisher einmaligen Storchenvaters) Michael Kaatz. Doch dieser Gentest ist bisher nicht gelungen. Das Tier müsste dazu erst einmal eingefangen werden.

Zunächst waren sich Michael und Christoph Kaatz sicher, dass Saskia – ein beringter, aber nicht auf sein Geschlecht untersuchter Storch – noch im vergangenen Jahr erfolgreich auf einem Horst in Lüttgenziatz gebrütet hatte – als Weibchen. „Saskias Körpergröße spricht für das weibliche Geschlecht“, erklärt Michael Kaatz. Der damalige Partner war nicht beringt. „Es ist auch nicht auszuschließen, dass Saskia das Weibchen ist, aber durch Umwelteinflüsse unfruchtbar geworden ist“, nennt Michael Kaatz eine weitere Theorie. Doch möglicherweise war Saskia bei dem Lüttgenziatzer Brutgeschehen in 2017 gar nicht das Weibchen...

Sollte es sich tatsächlich um zwei Männchen handeln, dann könnten die Experten vor der eigenen Haustür forschen. Und so spricht Christoph Kaatz denn auch von einem „Glücksfall“, der ihm in den vergangenen 40 Jahren nicht untergekommen ist.

Homosexuelles Verhalten ist bei Störchen so ungewöhnlich nicht. So erfuhr in den 90er Jahren in Osnabrück ein Adebar-Pärchen mediale Aufmerksamkeit, weil es über Jahre in jeder Brutsaison ein Nest baute, allerdings lag darin kein Ei. Im Jahr 2006 machten ein schwules und ein lesbisches Pärchen im Zoo von Overloo in den Niederlanden Schlagzeilen, weil sie sogar Storchenküken ausbrüteten und großzogen.

Mit dem Begriff „homosexuell“ im Zusammenhang mit Störchen geht Michael Kaatz allerdings vorsichtig um: „Beide Vögel im Wiesenhorst haben zuvor bereits erfolgreich mit dem anderen Geschlecht gebrütet. Es kann allerdings sein, dass die beiden sich einfach nicht als Männer erkennen.“

In der Wissenschaft gelte im Allgemeinen die Hypothese, dass Störche das Geschlecht des Anderen am Verhalten erkennen.

In Loburg ging man nun einen Schritt weiter: „Wir wollten wissen, ob Magnus und Saskia eine normale Brut machen", erläutert Christoph Kaatz. Das Storchenhof-Team legte den beiden Tieren also drei Eier ins Nest: zwei Puteneier und ein „taubes“ Storchenei aus dem Vorjahr. Tatsächlich konnten die Ornithologen einen „sehr ordentlichen Brutbetrieb“ feststellen, so Kaatz senior. Immer saß eines der Tiere auf dem Horst, während das andere auf Futtersuche ging.

Als nächstes wagten die Storchenhof-Mitarbeiter ein weiteres Experiment: Sie entnahmen am Pfingstsonntag die beiden Puteneier und legten stattdessen ein frisches Storchenei ins Nest der beiden Adebare. Dieses Ei hatte bis zuletzt im Brutkasten gelegen und der kleine Bewohner darin bahnte sich bereits seinen Weg ins Freie, die Schale war schon angepickt. Und tatsächlich: es sollte nur einen Tag dauern, bis das kleine Familienglück perfekt war. Am Pfingstmontag schlüpfte das neue Pflegekind vom Magnus und Saskia.

Erfreut stellten die Pfleger fest, dass die Alttiere das Jungtier angenommen haben. Sie wechseln sich ab, bei der Jungtierpflege und bei der Futtersuche. Damit es dem Nachwuchs unterm Federkleid der Alttiere nicht zu warm wird, stehen die Zieheltern immer wieder mal auf und kümmern sich um das Jungtier. Sollte es sich tatsächlich um zwei brütende Männer handeln, dann wären diese und alle weiteren Erkenntnisse sicher von Bedeutung für die Loburger Ornithologen.

Ohne den endgültigen Beweis eines Gentestes bleibt aber auch weiterhin offen, welches Geschlecht Saskia denn nun hat. Sollte es sich lediglich um ein unfruchtbares Weibchen handeln, hätte der Storchenhof nur einmal mehr einem verwaisten Jungstorch ein neues Zuhause gegeben.

Während also unten die Experten des Storchenhofs Loburg rätseln, ob oben auf dem Wiesenhorst zwei Storchenväter brüten, oder doch ein Männchen und ein Weibchen, fühlt sich das frisch geschlüpfte Storchenküken der beiden Adebare offenbar gut behütet. Bleibt also nur noch eine Frage offen: Ist das Jungtier nun ein Junge oder ein Mädchen?