Gommern Vortrag über das Fürstengrab ist ein voller Erfolg
Heimatverein Gommern organisiert Vortrag über den archäologisch wertvollen Fund mit einem der Wissenschaftler, der zur Wendezeit das Grab mit freilegte und untersuchte.

Gommern - Da hatte der Heimatverein Gommern wohl einen Nerv getroffen. Anlässlich des 1075-jährigen Stadtjubiläums wollte der Verein zum Jahresende noch einmal einen (geschichtlichen) Höhepunkt setzen – mit einem Vortrag über das Fürstengrab zu Gommern. Die Besucherzahl sollte der Wahl des Themas Recht geben: Fast 100 Menschen kamen. Stühle mussten zusätzlich aufgestellt werden, weil man mit so viel Zuspruch gar nicht gerechnet hatte.
Dozent war Dr. Matthias Becker, kein Geringerer als der Archäologe, der 1990 das Grab mit freilegte und untersuchte. Er hatte natürlich das ein oder andere zu erzählen, was vielleicht nicht in der Literatur steht.
Angefangen bei Geschichten zur Ausgrabung – es war einfach eine ganz andere Zeit. Die Ausgrabung fand noch zu DDR-Zeiten statt – kurz vor der Wende.
Ehrenamtliche Archäologen waren bei einem Spaziergang auf das Grab aufmerksam geworden und zogen bei einem ersten Blick in das Grab einzelne Gestänge heraus. Die Frau des einen Hobby-Archäologen rief ihn dann zurück, aus Angst um ihn. Doch die Gestänge waren eindeutige Hinweise, dass sie den Fund an das Amt meldeten. Dann rückten Matthias Becker und seine Mitarbeiter an.
Unkomplizierte Amtshilfe
Auf Bildern, die der Wissenschaftler zeigt, sieht man ein großes Zelt über der Ausgrabungsstätte – heute ein fast selbstverständliches Bild – damit der Ausgrabungsort geschützt wird. Damals war das laut Becker eine seltene Ausnahme und nur gemacht wurde, weil die Ausgrabung vielversprechend war, ganz anders als das begleitende Wetter. „Direkt von der benachbarten LPG haben wir die Abdeckung bekommen“, erzählt Becker in einem Nebensatz und witzelt, dass man damals noch schnelle Amtshilfe bekommen hat.
Weil die Funde einzigartig, aber auch kompliziert zu bergen waren, entschied man sich dann für eine Blockbergung. „Heute sehr gängig, damals aber auch eine sehr einmalige Sache“, erinnert er sich und zeigt ein schwarz-weiß Bild, wie der Block dann abtransportiert wurde. „In unserem Dienstfahrzeug, einem Moskwitsch Kombi, haben wir die Kofferklappe so weit aushängen können, das wir den 60 mal 90 Zentimeter großen Block gerade so reinbekamen.“ Alle im Saal lachen über das Bild. „Dem Kollegen fiel erst unterwegs ein, dass das Ersatzrad jetzt unter dem Block liegt und er da nicht rankommt, wenn jetzt was passiert. – Aber es passierte nichts und er kam ohne Komplikationen an“, erzählt er weiter. Die Lacher hatte er wieder auf seiner Seite.
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Die genaue Untersuchung und Freilegung der Stücke im Block sollte dann Großes zu Tage fördern: Zwei Gefäße, ein Schildbuckel und und sehr viel blaue Farbe.
Schon auf den ersten Bildern, die die Funde am Ausgrabungsort zeigen, fällt immer wieder diese markante blaue Farbe auf, erinnert sich Becker. „Die konnten wir uns anfangs nicht erklären“, sagt er. Aber mit der Freilegung des Schilddeckels wird es doch immer mehr und mehr klarer, erzählt er. Der Holzteil des Schildes, der dem Toten beigelegt worden war, war in den Farben Blau – in diesem besonderen Fall so genanntes ägyptisches Blau – und Rot – in diesem Fall Zinnoberrot, ein sehr teurer Farbstoff zu der Zeit, gefärbt. Vom Schild ist nur noch der Schildbuckel – größtenteils aus Silber - erhalten; vom Holzteil nur noch die Farbpigmente.
Schildbuckel war Silbergefäß
Aber auch der Schildbuckel bringt viel Besonderes mit, denn er war nicht immer in dieser Funktion. Im Ursprung war es einmal ein römisches Silbergefäß mit reicher Verzierung, erklärt Matthias Becker. Dieser wurde dann augenscheinlich von einem germanischen Schmied einfach umgearbeitet zu einem Schildbuckel, der die Hand im Kampf schützen sollte.

Generell erzählt der Archäologe viel über die einzelnen Funde und der geneigte Zuhörer stellt fest, dass die Germanen schon sehr praktisch und auch nachhaltig veranlagt waren. Die Beute ihrer Raubzüge wurden viel weitergenutzt oder eben umgearbeitet. Vieles, was Matthias Becker zeigt und die Nutzung erklärt, erinnert fast ein wenig an moderne Campingausrüstung. Sehr gut erhalten im Grab gefunden wurde beispielsweise auch eine Kellen-Sieb-Kombination. „Man hat schon früher gerne aufgepeppten Wein getrunken. Das kann man sich wie Glühwein vorstellen, nur dass die Gewürze alle noch lose darin schwammen. Um sie nicht mittrinken zu müssen, hatte man eben eine passende Kelle und Sieb, so dass man sich beim Eingießen gleich die Gewürze raussiebte und man das Trinken so angenehmer gestalten konnte“, erklärt er beispielsweise diese Nutzung.
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Viele „Ahas“, „Ach“ oder „Mmmm“ war während des Vortrages zu hören. Im Anschluss nutzten viele die Chance, um noch Details nachzufragen.
Weitere Vorträge geplant
„Dass so viele kommen, hatten wir nicht erwartet“, sagt Vereinschefin Karin Gust im Nachgang. „Aber wir freuen uns, dass es so gut ankam. Auch für uns war noch einmal Neues zu hören.“ Auch über das Stadtjubiläum hinaus, will der Verein weiterhin Vorträge mit regionalen Themen organisieren. „Wir hoffen, dass die dann auch auf so breites Interesse stoßen“, so Karin Gust. „Wer auf dem Laufenden bleiben will, kann immer gerne auf unsere Internetseite schauen www.heimatverein-gommern.de oder aber unseren Instagram-Kanal @heimatvereingommern abonnieren“, wirbt sie noch in eigener Sache.