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Beim "Hähnekrähen" im Gräzer Hof haben Neugierige gute Gelegenheit, sich über Geflügelzucht zu informieren Wettstreit der gefiederten Wecker: Jeder Schrei zählt

Von Stephen Zechendorf 19.06.2013, 03:15

Dass früh am Morgen der Hahn zu krähen beginnt, ist sicherlich nichts Ungewöhnliches hier im ländlichen Raum. Spannend wird die Sache allerdings dann, wenn auf einmal ganz viele Leute anfangen mitzuzählen.

Möckern/Tryppehna l An vielen deutschen Gerichten - ja sogar beim Bundesverfassungsgericht - waren sie schon Thema, diese stolzen, gefiederten Wecker, deren lautstarkes "Kikeriki" bei manchem Nachbarn nicht immer nur Freunde findet. Doch ob, und wenn ja, wie laut, wie lange und wie oft so ein Hahn denn krähen darf, ist genauso wenig endgültig geklärt, wie die berühmte Frage, was zuerst da gewesen war, das Huhn oder das Ei.

Im Grätzer Hof, einer zum Glück schon immer sehr geflügelfreundlichen Siedlung von Möckern, werden die schallenden Rufe der Hähne am kommenden Wochenende jedenfalls sehnlichst erwartet, verrät Dr. Karin Wagner im Namen der Geflügelzüchter im Kleintierzuchtverein Möckern und Umgebung: "Am Sonntag, 23. Juni, um 9 Uhr, werden die Einwohner vom Grätzer Hof in Möckern wieder vom ¿Hähne-krähen\' geweckt."

Dieses besagte "Hähnekrähen" ist längst schöne Tradition und fester Bestandteil im Terminkalender des Kleintierzuchtvereines. Dann lassen die Geflügelzüchter ihre Hähne gegeneinander antreten. Nein, nicht mit roher Gewalt. Ermittelt wird, welcher Hahn in 30 Minuten die meisten "Kräher" schafft. Mit dabei sind dann auch wieder die Zuchtfreunde vom Partnerverein aus Dassel. Für Ehrengäste, wie Orts- oder Stadtbürgermeister wurden bei vergangenen Veranstaltungen schon mal Hähne aus einem Möckeraner Großgeflügelbetrieb bereitgestellt. Subjektive Erkenntnis dieser Wettstreite: die stattlichen Masthähne schmecken besser, als sie krähen.

Spaß und Erfahrungsaustausch stehen im Vordergrund

Beim Wettkrähen zählen jedoch bekanntlich nicht die Geschmäcker, sondern natürlich einzig die Fakten. Weswegen sich bei der Veranstaltung vor jedem Käfig Männer und Frauen mit Notizblöcken positionieren. Jedem Hahnenschrei folgt ein Strich auf dem Papier. Noch mehr Fakten gefällig? Bitteschön: Wie das Landgericht Kleve bereits in einem Urteil aus dem Jahr 1989 festgetellt hatte, krähen Hähne ab 3 Uhr morgens bis zu 50 mal mit einer Durchschnittslautstärke von 47 Phon. Noch in einer Entfernung von acht bis zehn Metern wurde ein Schallpegel von 75 db (A) gemessen.

Erfolgreiche Züchter im Verein, aber Nachwuchs wird gesucht

"Es ist nicht nur ein Wettstreit, sondern man hat gemeinsam Spaß und tauscht Erfahrungen bei der Zucht aus", erläutert Dr. Karin Wagner den eigentlichen Anlass der Veranstaltung, zu der immer auch interessierte Bürger eingeladen sind.

Diesmal wird in Vertretung des Vereinsvorsitzenden Joachim Rühling der Zuchtfreund Willi Kasch die Leitung der Veranstaltung übernehmen.

Seit 1964 ist Willi Kasch mit kurzer Unterbrechung Mitglied im Möckeraner Verein. Er ist passionierter Taubenzüchter, wie sein Vater, und hat bereits mit sieben Jahren seine Tauben im damaligen Kristallpalast in Magdeburg mit ausgestellt. Heute hält Willi Kasch auf seinem Grundstück in Tryppehna etwa 50 Tauben, darunter vor allem seine braunfahl Mookee-Tauben, mit denen er 2006 und 2012 in Leipzig Euro-Champion mit dem blauen Europa-Band wurde. Diese Zuchterfolge kommen nicht von selbst und verlangen viel Sachkenntnis, deshalb ist er Mitglied im deutschlandweiten Mookee-Tauben-Club mit Sitz in Osnabrück und beteiligt sich an vielen Fachschauen. Auch die Familie ist immer mit eingebunden, sein Sohn hat bereits ebenfalls eigene Tauben.

Der Möckeraner Kleintierzuchtverein hat mit Joachim Rühling einen weiteren Europameister mit der Taube Elsterkröpfer. Bei verschiedenen Schauen im Land Sachsen-Anhalt sind die Hühnerzüchter und auch die Kaninchenzüchter vertreten und erreichen sehr gute Bewertungen ihrer Tiere. "Das sind stolze Ergebnisse, die sollten motivieren, dass sich noch mehr Bürger für dieses schöne Hobby interessieren", heißt es aus Vereinskreisen. Auch die Kleintierzüchter sind über neue Mitglieder froh. Beim Hähnekrähen bietet sich eine gute Gelegenheit, erste Kontakte zu knüpfen.

Zu finden ist der Vereinssitz der Möckeraner Kleintierzüchter in der Siedlung Grätzer Hof. Dort findet auch das Hähnekrähen statt. Einfach den "Kikerikis" folgen und genießen, denn schließlich gehört dochdas Hähnekrähen im ländlichen Raum einfach dazu.