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Feldscheune Ein Ort der Wissensvermittlung

Eine Gedenkfeier fand zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus auf der Gardeleger Gedenkstätte statt.

Von Cornelia Ahlfeld 28.01.2016, 02:00

Gardelegen l „So seltsam es klingen mag: Auschwitz bleibt uns anvertraut. Es gehört uns so, wie uns die übrige eigene Geschichte gehört. Mit ihr in Frieden zu leben, ist eine Illusion; denn die Herausforderungen und die Heimsuchungen nehmen kein Ende.“ Mit diesem Zitat aus einer Rede von Siegfried Lenz begrüßte Gardelegens Bürgermeisterin Mandy Zepig die Gäste der Gedenkfeier gestern Nachmittag auf der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe. Ein Zitat, das passender nicht sein könne am 27. Januar, am Tag der Befreiung des KZ-Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Diesen Herausforderungen und Heimsuchungen könne man heute nur begegnen, in dem Wissen vermittelt werde. Mit der Aufnahme der Gedenkstätte in die Landes-Gedenkstättenstiftung und dem neuen Leiter der Gardeleger Gedenkstätte, Andreas Froese-Karow, werde es gelingen, die Gardeleger Gedenkstätte zu einem Ort des Gedenkens und Erinnerns zu gestalten, an dem auch Wissen vermittelt werden kann.

Die systematische Ermordung von Menschen habe mitten in der Gesellschaft, im ganzen Land und vor der Haustür stattgefunden, betonte Froese-Karow. Das gelte auch für den Ort der Feldscheune. Man müsse sich immer wieder vergegenwärtigen, wohin sich eine Gesellschaft entwickeln kann, wenn Rassismus und Menschenverachtung dominieren. Der 27. Januar habe eine hohe Symbolkraft. An dem Tag sei das KZ Auschwitz befreit worden, nicht aber die meisten Häftlinge. Die Nazis hätten wenige Tage vor der Befreiung das Lager geräumt. Das System Auschwitz sei zunächst noch erhalten geblieben. Der letzte Kommandant von Auschwitz, Richard Baer, habe dann die Leitung von Mittelbau-Dora übernommen. Aus diesem KZ und seinen Nebenlagern kamen die über 1000 Häftlinge, die am 13. April in der Feldscheune Isenschnibbe ermordet wurden.

Der SPD-Landespolitiker und Mitglied der Stiftung, Rüdiger Erben, erinnerte in seiner Gedenkrede an die historischen Ereignisse im Zusammenhang mit den Todesmärschen und dem brutalen faschistischen Massaker in der Feldscheune. „Die heutige Gedenkfeier findet in einer politischen Situation statt – national wie international – die täglich zeigt, wie wichtig die Erinnerung an die Verbrechen von Diktatur, Raubkrieg und Vernichtungspolitik ist“, betonte Erben mit Blick auf die aktuelle Situation mit Angriffen auf Flüchtlinge, auf deren Unterkünfte, auf ein Wiedererstarken von Nationalismus überall in Europa und das Wiedererrichten von Grenzen, das zu einem Scheitern Europas führen könne, und den Terrorismus.

Die Gedenkfeier gestern sei die erste Gedenkfeier seit der Übernahme der Gedenkstätte in die Stiftung und die letzte vor der Umgestaltung des Geländes und dem Bau des neuen Dokumentationszentrums. „Besonders erwartungsfroh blicke ich auf die Gedenkfeier in drei Jahren, wenn alles fertig sein wird“, sagte Erben. Jetzt sei er erst einmal gespannt auf die Entwürfe, die im März vorliegen sollen. „Das alles dient dazu, dass die Opfer dieses schrecklichen Verbrechens nicht in Vergessenheit geraten und wir alles tun, dass so etwas nie wieder geschehen kann“, so Erben. Zuvor wurden Kränze am Gedenkstein am Gräberfeld niedergelegt. Josephine Arndt und Mailinda Haxhiu vom Gymnasium lasen ein Interview mit dem Buchenwald-Überlebenden Bertrand Herz, heute Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos, vor.