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18-Jähriger muss sich zwei Jahre bewähren / Immer wieder Ausraster unter Alkohol 400 Arbeitsstunden für Brandstifter

Von Ilka Marten 19.12.2013, 02:06

Zwei Jahre muss sich ein Brandstifter bewähren, der am 28. Juli in Gardelegen einen Kleintransporter in Brand gesteckt hatte. Hält er sich nicht an seine Auflagen, bekommt er eine Jugendstrafe.

Gardelegen l Fast fünf Monate saß er nun schon in Untersuchungshaft, "und so schlecht gefiel Ihnen das offenbar gar nicht", sagte Richter Axel Bormann zum Angeklagten Tilo T. (Name geändert). Der 18-Jährige aus Klötze musste sich vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, am 28. Juli gegen 2.45 Uhr in Gardelegen einen Fiat-Kleintransporter auf dem Gelände der FAA-Bildungsgesellschaft in Brand gesetzt zu haben. Auf einen daneben stehenden Opel griffen die Flammen über, außerdem wurde die Hausfassade beschädigt. Es entstand 30 000 Euro Schaden.

Zwar dauerte die Verhandlung weit mehr als zwei Stunden, um die eigentliche Tat ging es jedoch nur fünf Minuten. Zum einen, weil Tilo T. diese zugab und erstaunlich konkret schilderte, zum anderen weil besonders sein Lebenswandel eine erhebliche Rolle bei dem Motiv spielte. Denn eine richtige Begründung, warum er am Vorderreifen den Schmutzkasten mit dem Feuerzeug entzündet und danach die um sich greifenden Flammen aus der Ferne beobachtet hatte, lieferte der junge Mann nicht. Damit das Feuer noch mehr in Gang kommt, hatte er sogar eine Mülltonne an das Auto herangeschoben.

Dabei begann der Abend harmlos: Mit seinem Onkel und einem Freund wollte Tilo T. bei seinen Großeltern im Garten in einem Gardeleger Ortsteil grillen, doch das Wetter wurde schlecht, darum wurde ein Trinkgelage mit Starkbier und Pils am Straßenrand daraus. Gegen Mitternacht ging es dann zur Tankstelle nach Gardelegen: "Um Bockwurst zu essen", erzählte Tilo T. Doch der Abend des Angeklagten ging anders zu Ende. Weil er eine Bekannte traf, die Richter Bormann nicht unbekannt war, ging es zu Fuß in die Innenstadt. Als das Mädchen sein Ziel erreichte hatte, schlenderte T. über den Wall, "zog dort noch ein Bier raus, was ich noch hatte, und bin dann weiter, da war mir schon schwummerig im Kopf". Und dann sei ihm in den Sinn gekommen, etwas anzustecken.

"Habe Panik bekommen, als ich gesehen habe, was ich gemacht habe."

Das FAA-Gelände kannte er von Projekttagen, als er noch in die Klötzer Zinnbergschule ging. Der 18-Jährige übersprang den eisernen Zaun und fing an zu zündeln. "Das wurde immer doller, da habe ich Panik bekommen, als ich gesehen habe, was ich gemacht habe", berichtete Tilo T. recht gefasst dem Richter und seinen Schöffen. Er klingelte schließlich an einer Nachbartür des Hauses. Ein Bewohner alarmierte die Feuerwehr. Tilo T. wurde von den Beamten zunächst als Zeuge befragt, doch schon am nächsten Tag gab er die Tat bei einer erneuten Befragung zu.

Tilo T. machte einen äußerst gepflegten Eindruck. "Man meint wirklich, den könnte man gut mit nach Hause nehmen, aber ich habe ihn auch ganz anders erlebt, als er hier sitzt", betonte die Jugendgerichtshelferin. Schon mit neun Jahren war der Junge das erste Mal in psychiatrischer Behandlung, es folgten ein Wechsel zur Lernbehindertenschule, zwei Heimaufenthalte und immer wieder Ausraster, besonders wenn der Jugendliche Alkohol getrunken hatte. Zu Hause gab es immer wieder Probleme, Streit besonders mit dem Vater. Einer endete mit einer Verurteilung wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung. Tilo T. hatte seinem Vater ein Messer vors Gesicht gehalten. Danach flog er, der sogar den Hauptschulabschluss in Salzwedel geschafft hatte, zu Hause in Klötze wieder einmal raus.

Er kam in ein Heim im Bördekreis, lebte sich gut ein und absolvierte ein Praktikum im Baumarkt, sogar die Chance auf einen Ausbildungsplatz bestand. Bormann kopfschüttelnd: "Und Sie schmeißen einfach alles so weg." Denn wieder gab es Probleme, Alkohol und Drogen waren die Auslöser. "Die machen nicht nur blöd, sondern manchmal auch verrückt", so Bormann zum Angeklagten. Und weiter: "Sie haben mehrere Gesichter. Das ist richtig, richtig gefährlich."

Ein Gutachter sagte im Verfahren, dass Tilo T. nicht an einer Persönlichkeitsstörung leide, aber depressive und emotional-instabile Persönlichkeitszüge habe. Das Gericht entschied, dass T. eine zweijährige Bewährungszeit bekommt. Sollte er seinen Auflagen (400 Arbeitsstunden, Melden beim Arbeitsamt und Termine bei der Drogen- und Suchtberatung) nicht nachkommen, bekommt er eine Jugendstrafe. "Das ist das Damoklesschwert, das über Ihnen schwebt", so Bormann. Und er ergänzte: "Ich habe Silvester Eildienst, wenn es nicht klappt, sehen wir uns dann wieder."