1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. Altmärkerin mit ein bisschen Fernweh

Die neuen Stadträte im Portrait / Heute: Viola Winkelmann (48) / Morgen: Wolfgang Witte Altmärkerin mit ein bisschen Fernweh

02.03.2011, 04:28

Am 28. November wurde in Gardelegen ein neuer Stadtrat gewählt. Die Volksstimme stellt täglich einen der 36 Ratsherren und Ratsfrauen vor.

Von Gesine Biermann

Lüffingen. Offensichtlich kann sie mit der Kamera umgehen. Auf ihrem Esstisch liegen nämlich wunderschöne Fotos. Exotische Tiere, Landschaften, die wohl die wenigsten Menschen schon selbst gesehen haben. Viola Winkelmann hat sie gesehen. In Taiwan war sie schon, in Indien und Australien. "Wir haben Ecken kennengelernt, wo andere nicht hinkommen", erzählt sie. Und ihre Augen strahlen selbst jetzt noch, während sie die Fotos anschaut, die schon einen Platz im Album gefunden haben.

Eines von unzähligen übrigens. "Im Winter nehme ich mir die Zeit und klebe die Fotos ein." Dazu Speisekarten, Tickets oder Karten aus den fremden Ländern. "Man bringt ja alles mögliche aus dem Urlaub mit. Ich finde es schön, wenn wir uns später so daran erinnern können, was wir alles erlebt haben."

Dass sie schon so viel herumgekommen ist, hat einen familiären Grund: Denn die Cousine ihres Mannes Bodo arbeitet im Auswärtigen Amt. Und wenn sie im Ausland eingesetzt ist, lädt sie die Lüffinger Verwandschaft oft ein. "Ein großes Glück für uns", sagt Viola Winkelmann.

Allerdings ist die 48-Jährige auch ganz glücklich, wenn sie zu Hause ist. Sie ist eben eine echte Altmärkerin. Fernweh hin oder her, ihre Wurzeln sind hier. Geboren und mit einem großen Bruder und zwei jüngeren Schwestern in Breitenfeld aufgewachsen, wohnt sie seit mehr als 20 Jahren im Elternhaus ihres Mannes in Lüffingen. Hier sind ihre Zwillinge groß geworden. Viktoria und Jessica sind mittlerweile schon 26 Jahre alt und selbstständig. Beide haben pädagogische Berufe. "Woher sie das haben? Ich weiß es nicht", lacht Viola Winkelmann. "Vielleicht, weil sie auf gar keinen Fall ins Büro wollten, so wie ich." Denn sie begann gleich nach dem Schulabschluss der zehnten Klasse in Estedt 1979 eine Ausbildung zur Wirtschaftskauffrau. Theorie wurde damals in Egeln unterrichtet. "Unser Internat war ein altes Herrenhaus", erinnert sie sich. "Das soll sogar Dr. Oetker gehört haben."

Ihr Ausbildungsbetrieb, die Gardeleger Geflügelwirtschaft, hatte allerdings wenig mit Pudding oder Kuchen zu tun. Dort im Büro arbeitete Viola Winkelmann nach ihrer Ausbildung weiter. Zumindest bis 1990. Während dieser Zeit werden auch ihre Mädchen geboren. 1989 heiratete sie schließlich ihren Bodo.

Beruflich verändern müssen sich indes beide Ehepartner nach der Wende. Während ihr Mann, ein ausgebildeter Landmaschinenschlosser, eine Anstellung als Kraftfahrer findet, arbeitet Viola Winkelmann zunächst kurzzeitig im Wahlbüro der Volkskammer, danach in der Gardeleger Stadtentwicklungsgesellschaft Steg, der Garley-Brauerei und acht Jahre lang im Büro einer Raumausstatterfirma.

Als die Insolvenz anmeldet, bekommt sie schließlich eine Stelle im Bürgerbüro des CDU-Landtagsabgeordneten Uwe Harms in Klötze. Er ist ein Parteifreund. "Von Haus aus" sei die CDU ihre Partei, sagt Winkelmann. Die Eltern seien schon zu DDR-Zeiten Mitglieder der einstigen Blockpartei gewesen. Seit 1984 - da war sie 22 Jahre alt - hat sie selbst ein Parteibuch. Genauso wie ihr Bruder Bernd Wießel, der Ortsbürgermeister von Breitenfeld ist, aber auch Regionalgeschäftsführer der Altmark-CDU und als solcher ihr derzeitiger Chef im CDU-Büro in Klötze.

Aber es ist nicht nur die Familientradition, durch die sie sich den Konservativen nah fühlt. "Christliche Werte sind wichtig für mich", versichert Viola Winkelmann. Ganz besonders "Aufrichtigkeit". Diese Charaktereigenschaft sei ihr am Wichtigsten bei einem Menschen. Über alles könne man reden, so Winkelmann, aber die Wahrheit müsse auf den Tisch. "Das habe ich auch meinen Mädchen vermittelt."

Überhaupt Familie. Sie sei ein ganz wichtiger Halt in ihrem Leben, sagt sie. Neben ihrem Mann, den Kindern und ihren Geschwistern, die wie sie übrigens alle in der Region geblieben sind, gehört ganz selbstverständlich auch die Familie ihres Mannes dazu.

"Christliche Werte sind wichtig für mich"

In deren Haus war sie vor 20 Jahren selbst herzlich aufgenommen worden. Nun baut Tochter Jessica gemeinsam mit ihrem Freund das Obergeschoss aus. Drei Generationen, die sich gut verstehen. Mit beiden künftigen Schwiegersöhnen komme sie übrigens prima aus, versichert Viola Winkelmann. "Enkelkinder?", nein soweit sei es noch nicht, schmunzelt sie. Auf jeden Fall aber gehörten Kinder zur Familienplanung der Töchter. Wäre ja sonst auch schade, bei so einer netten Familie.

Ein "ganz Netter" hatte sie vor rund zehn Jahren übrigens auch in die Lokalpolitik geholt. Bürgermeister Ehrhard Kautge, auch ein alter CDU-Mann, "hat mich dazu überredet", erinnert sich Winkelmann. "Dem konnte man ja irgendwie auch nichts abschlagen." Und so wird die Lüffingerin 2001 erst Gemeinderätin, 2009 dann Ratsfrau der Hansestadt - in die sich Hemstedt/Lüffingen gleich als eine der ersten Dörfer eingemeinden ließ. Am 28. November 2010 schafft sie mit 212 Stimmen schließlich auch den Einzug in den Stadtrat der großen neuen Gemeinde.

Hier hoffe sie nun auf "eine vernünftige Zusammenarbeit", sagt Winkelmann. "Wir sollten immer das Für und Wider gegeneinander abwägen und versuchen, einen Mittelweg zu finden." Vor allem aber vertraue sie auch hier auf die schon zitierte "Aufrichtigkeit". Unehrlichkeit mache allen nur das Leben schwer.

Und was macht eine Altmärkerin, wenn das Leben mal, nun ja, vielleicht nicht zu schwer, aber doch recht anstrengend wird? Logisch: Sie geht "in den Garten". Dort wächst nämlich auch eine ihrer Lieblingspflanzen: "Buchsbaum. Der ist mein Hobby", sagt Winkelmann schmunzelnd. Außerdem sind da noch die Spaziergänge mit Bernersennenhund Ben oder die lustige Englischtruppe an der Volkshochschule, die sie seit acht Jahren besucht.

Und wenn die Altmark ihr tatsächlich mal zu klein und das Fernweh größer wird, dann sind da ja schließlich noch die Reisen. Auf das nächste Ziel freuen sich Viola und Bodo Winkelmann schon ganz besonders. Das nämlich steht bereits fest. Die zwei fliegen ins Märchenland Oman.

Mit dem Fotoapparat im Gepäck. Ganz klar. Noch ist schließlich Platz im Haus für jede Menge Fotoalben.