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Amtsgericht Bestellt und nicht bezahlt

Ein 21-Jähriger aus Gardelegen muss sich vor Gericht wegen Betrugs verantworten. Er beschuldigte seine Pflegemutter und seine Ex-Freundin.

Von Petra Hartmann 10.02.2018, 02:00

Gardelegen l Betrug warf die Staatsanwaltschaft einen 21-Jährigen aus Mieste vor. Der Mann hatte im Internet Waren im Wert von 411 Euro bestellt und nicht bezahlt. Seine Begründung: Er habe die Waren nie erhalten. Seine Pflegemutter, die er als seine Oma bezeichnete, habe die Sendungen angenommen, obwohl sie eigentlich die Annahme verweigern sollte.

Einen Haustürgriff aus Edelstahl, Toilettenpapier- und Handtuchhalter, eine Ablage, einen Briefkasten – dies alles hatte der 21-Jährige geordert. „Ich hab die Ware nach Mieste bestellt“, gab er zu. „Ich habe zu meiner Oma gesagt: Nimm nichts an.“ Die DHL-Quittungen mit dem Vermerk „Die Sendung wurde erfolgreich zugestellt“ lagen dem Gericht jedoch vor.

Der 21-Jährige ist arbeitslos und hatte schon verschiedentlich Waren über das Internet gekauft und dann weiterverkauft. Allerdings blieb der erhoffte Gewinn dabei aus. Er hat hohe Schulden, bei deren Abzahlung ihm die Pflegemutter hilft. Warum er Dinge wie einen Türgriff aus Edelstahl überhaupt bestellt habe, wenn er sowieso die Annahme verweigern wollte, fragte Richter Axel Bormann zweifelnd. Doch der Angeklagte blieb bei seiner Darstellung.

Richter und Staatsanwalt reagierten ausgesprochen verstimmt, als der Miester versuchte, seine Pflegemutter für das Verschwinden der Ware verantwortlich zu machen. „Das nennt man falsche Verdächtigungen“, so der Hinweis des Staatsanwalts. Das sei ein Straftatbestand. Zumal der Angeklagte im Vorfeld auch noch eine weitere Person belastet hatte: Der Polizei hatte er bei seiner Vernehmung im vergangenen Jahr noch gesagt, die Waren seien für seine damalige Freundin bestimmt gewesen. Die hat inzwischen ein Kind. Von ihm, wie der Angeklagte, der die Vaterschaft bisher nicht anerkannt hat, jetzt vor Gericht einräumte.

Die junge Frau betonte, sie habe überhaupt nichts von den Bestellungen gewusst, als die Polizei sie vorgeladen hatte. „Aber ich habe doch schon einen Haustürgriff“, meinte sie, als der Richter sie fragte, ob sie die bestellten Dinge nicht hätte gebrauchen können. Einen Briefkasten? Habe sie auch schon, sagte die 21-Jährige verwundert. Der Staatsanwalt wollte von ihr wissen, was sie von ihrem Exfreund hielte. „Ich halte ihn für eine Person, die ständig lügt. Können Sie das bestätigen?“, fragte er. Sie nickte.

Die 80-jährige Pflegemutter sagte aus, sie habe immer mal wieder Pakete für ihn angenommen. Zehn Stück werden es wohl gewesen sein, meinte die Rentnerin. Es seien auch oft Pakete „unter falschem Namen“ gekommen, zum Teil auch an seine damalige Freundin. Nein, aufgemacht habe sie die Pakete nie, auch nichts für sich selbst behalten.

„Lügen scheint zu seinem Hobby und zu seinem Wortschatz zu gehören wie nichts anderes“, fasste der Staatsanwalt zum Schluss der Verhandlung zusammen. Die Aussage, er habe die Ware nie erhalten, sei „eine klare Schutzbehauptung, um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“ Er forderte daher – mit Einrechnung zweier weiterer Betrugsvorwürfe – für die der Angeklagte bereits verurteilt worden war – eine Gesamtgeldstrafe von 100 Tagessätzen à 15 Euro für die Tat. Sie sollte diese Höhe haben, damit sie auch im Bundeszentralregister und im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen wird. Ein etwaiger neuer Arbeitgeber sollte wissen, was für einen Menschen er einstelle, merkte er an.

Richter Axel Bormann blieb in seinem Urteil jedoch darunter. Der 21-Jährige muss nur 90 Tagessätze à 15 Euro bezahlen. Ab 91 Tagessätzen wäre der Eintrag im Führungszeugnis fällig gewesen. Außerdem legte Bormann dem jungen Mann ans Herz, zum Jugendamt zu gehen und die Vaterschaft anzuerkennen. Wenn erst ein Gentest gemacht würde, sei das teuer. „Schön für das Kind ist das auch nicht.“