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Nikolaikirche Glocke bald wieder bei Stimme

Seit rund einem Jahr schweigt die Glocke der Nikolaikirche. Ihr Schwengel ist defekt. Mitte November ist die Restaurierung abgeschlossen.

Von Doreen Schulze 24.10.2018, 23:00

Gardelegen l Es muss einen gewaltigen Rumms gegeben haben, als der rund 75 Kilogramm schwere Schwengel der Glocke im Turm der Nikolaikirche im Frühjahr des vergangenen Jahres hinunterstürzte. Gehört hat das aber niemand, denn zu diesem Zeitpunkt war kein Mensch in der Kirche.

Gehört haben die Anwohner an den folgenden Tagen dann aber doch etwas: Und zwar nichts. Kein Geläut mehr zum Tagesschluss, denn allabendlich erklang neben den Glocken der Marienkirche auch aus dem Turm von St. Nikolai um 18 Uhr das Feierabendgeläut. „Wenn die Glocke nicht funktioniert, das fällt auf. Anwohner sprachen mich an und fragten nach, warum das Geläut ausbleibt“, erinnerte sich Hans-Otto Bohlecke, Küster der evangelischen Kirchengemeinde Gardelegen. Er ging nachschauen und entdeckte den Grund. Der Schwengel lag eine Etage tiefer auf der Treppe. „Zum Glück hatte er keinen Schaden im Turm gemacht“, so Bohlecke, denn immerhin wog der aus geschmiedetem Stahl bestehende Klöppel rund 75 Kilogramm. Er hing mehr als 25 Jahre lang an der rund 1,8 Tonnen schweren Glocke.

Schaden genommen hatte allerdings der Schwengel. Er war von seiner Befestigung abgebrochen. Kontakt zu einer Heidenauer Glockenbaufirma, die bereits die Komplettsanierung der Glocken der Marienkirche ausführte, wurde aufgenommen. Nach historischem Vorbild wird der Schwengel nun in einer Klöppelschmiede neu angefertigt. Voraussichtlich wird der neu angefertigte Klöppel wesentlicher leichter sein, als der bisherige, so Bohlecke. Außerdem soll der Klöppel dann auch in einer anderen Form an der Glocke befestigt werden.

Das Herstellen des Schwengels ist aber nicht die einzige Arbeit, die ansteht. Die 510 Jahre alte Glocke aus Bronze wurde vom Joch genommen. Auch dieses wird nach historischem Vorbild erneuert. Statt eines Rundeisens für die Aufhängung des Jochs soll dann ein Flacheisen verwendet werden.

Alle diese Neuerungen sollen es für die Glocke „angenehmer machen“. Der Klöppel schlage dann sanfter an. Dies wiederum mache sich in einem sanfteren Glockenklang bemerkbar. Aber auch dem Verschleiß werde so vorgebeugt.

Voraussichtlich Mitte November sollen die Arbeiten abgeschlossen werden. An ein bis zwei Tagen werden dann Joch und Schwengel vor Ort neu eingebaut. In diesem Zuge ist angedacht, den Antrieb der Glocke, die mittels eines Motors betrieben wird, an einem anderen Standort aufzustellen. Bislang befindet sich dieser Antrieb oberhalb auf einem Balken im Glockenstuhl. Vorgesehen ist, ihn auf dem Boden des Glockenstuhls zu installieren. Damit soll der Motor wartungsfreundlicher angebracht werden.

Der Glockenstuhl der Nikolaikirche ist seit vielen Jahrhunderten unverändert. Über lange Zeit hatte besagte Glocke noch eine große Schwester. „Die wog knapp fünf Tonnen“ berichtete Bohlecke. Zu Kriegszwecken sei diese aber demontiert worden. Seither ist die Glocke aus dem frühen 16. Jahrhundert die einzige im Turm der Nikolaikirche. Und Hans-Otto Bohlecke hofft, dass sie bald wieder erklingen wird. „Ich freue mich schon darauf.“ Der Küster ist zuversichtlich, dass zum Advent die Glocke wieder läuten wird. „Der erste Advent ist der Beginn des neuen Kirchenjahres. Das wäre doch prima, wenn sie dann wieder geht“, findet er.

Und nicht nur er freut sich darauf, dass die Nikolaikirche bald wieder eine Stimme bekommt. Mitglieder der Kirchengemeinde fragen bereits nach, so Bohlecke. Wie er berichtet, fühlen sich noch viele Mitglieder mit der Kirche, in der bis 1977 noch Gottesdienste abgehalten worden sind, verbunden. „Viele Jahrgänge sind dort konfirmiert worden.“ Als „Zeichen der Verbundenheit aller Christen in der Stadt“, so Bohlecke, werde die Glocke in der Nikolaikirche nach ihrer Restaurierung auch wieder vor Beginn des Gottesdienstes in der Marienkirche ihr Geläut anstimmen. Außerdem erklingt die Glocke alljährlich am 15. März zum Gedenken an die Bombardierung der Stadt 1945, als auch die Kirche von einer Bombe getroffen wurde.

Die Kosten für die Maßnahme belaufen sich auf mehrere Tausend Euro. Den Hauptanteil trägt die Kirchengemeinde, unterstützt wird sie durch die Landeskirche und den Kirchenkreis.