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Die Männer vom Berliner Kabarett "Sündikat" begeisterten gestern mit Wortwitz und Spielfreude Klargestellt: "Das hier ist keine Comedy"

Von Conny Kaiser 11.03.2013, 01:28

Sie haben es gleich am Anfang klargestellt: "Das hier ist keine Comedy", so die drei Männer vom "Sündikat". Ihre Berufsbezeichnung lautet Kabarettist. Und der Unterschied wurde kurz darauf jedem deutlich.

Gardelegen l Kabarett ist politisch. Ergo haben Angela Merkel und Co. keinen leichten Stand bei den Männern vom "Sündikat". Die sind gestern von Berlin nach Gardelegen gerutscht, um am frühen Abend im Schützenhaus aufzutreten.

Das ist nicht annähernd ausverkauft. Aber diejenigen, die gekommen sind, erleben ein abwechslungsreiches und sehr amüsantes Programm, bei dem die Regierenden im Fokus stehen, allen voran die Kanzlerin. Die, so sagt Wolfgang Koch, einer der drei Kabarettisten, erhalte jetzt den Nobelpreis für Medizin. Womit sie den denn verdient habe, wollen die anderen beiden, Fabricio Fettig und Axel Lutter, wissen. Antwort Kochs: "Sie hat das Herz Europas zum Arsch der Welt gemacht."

Und der brave Bürger fühlt sich ohnehin stets und ständig von der Politik in den Hintern gekniffen. Vor allem von der Gesundheitspolitik. Da bangt der Kassenpatient (Koch) auf dem Operationstisch um seine Vollnarkose. "Zu teuer", sagt der Professor (Lutter), während sein Assistent (Fettig) neue Angebote der Privatversicherungen hervorholt: "Drei Prostataoperationen zum Preis von einer", empfiehlt der Operator. Da fällt der Patient, der es doch an der Galle hat, vor Schreck in Ohnmacht. "Geht doch", sagt der Professor. Wieder eine Vollnarkose gespart.

Auch Bankenkrise, Rentenangst und Sexismus-Debatte finden sich natürlich im Programm wieder. Letztere macht offenbar nicht einmal vor der Arbeitsvermittlung Halt, wie ein Hartz-IV-Empfänger (Koch) fassungslos zu berichten weiß. Da werden erwerbslose "Männerinnen und Frauinnen" in Integrationsprojekte gesteckt, in denen dann sogar den Herren gern mal empfohlen wird: "Sie müssen sich öffnen." "Nun", sagt der Leistungsempfänger, der doch endlich etwas leisten will, "als Mann ist man da ein bisschen eingeschränkt."

"Endspurt für die Ritter der Merkelrunde" haben die Pro-tagonisten des "Sündikats" ihr aktuelles Programm genannt. Und es ist tatsächlich ein Lauf auf der Zielgeraden, auch wenn die schwarz-weiße Flagge noch in einiger Ferne ist. Nach 25 Jahren, 22 Programmen und unzähligen Vorstellungen mussten die Künstler ihre Spielstätte im Herzen der Bundeshauptstadt nämlich aus finanziellen Gründen aufgeben.

Comedy hingegen boomt. Ist Politik inzwischen uninteressant? Die Männer vom "Sündikat" liefern gleich zu Beginn so etwas wie eine Antwort auf diese Frage: "16 Jahre lang haben sich die Deutschen über Helmut Kohl tot gelacht, aber sie haben ihn alle vier Jahre wiedergewählt." Selbiges zeichne sich nun auch bei Angela Merkel ab, die von "70 Prozent" der Bevölkerung gemocht werde. Das zeige: "Dieses Volk will nicht vernünftig regiert werden. Es will einfach nur Spaß."