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Missbrauch Verging sich Betreuer an Mädchen?

Das Landgericht Stendal verhandelt wegen des Vorwurfes des schweren Kindesmissbrauchs gegen einen Mann aus der Einheitsgemeinde Gardelegen.

12.10.2020, 23:01

Stendal/Gardelegen l Es geht um 20 Fälle, drei Mädchen und unterschiedliche Tatorte über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren: Am Landgericht Stendal begann gestern der Prozess gegen einen 41-jährigen Mann aus einem Gardelegener Ortsteil, dem der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen vorgeworfen wird.

Der erste dieser Fälle soll sich im Sommer 2018 ereignet haben. Damals soll sich der Mann vor einem der Mädchen vollkommen entblößt und das Kind auf eindeutige Art im Geschlechtsbereich berührt haben, heißt es in der Anklageschrift. Er soll den Vorgang außerdem mit seinem Handy gefilmt haben.

Insgesamt 20 Einzeltaten wurden gestern in der Anklage geschildert, in der von „beischlafähnlichen Handlungen“ und „Eindringen in den Körper“ die Rede ist. Ein Großteil der Fälle betrifft zwei Mädchen, die 2009 und 2011 geboren wurden. Der Angeklagte soll die Kinder bis Mitte April 2020 intim berührt und sie sogar mehrfach zum Oralverkehr gezwungen haben.

In einem Fall betrifft die Anklage ein drittes Mädchen, das ebenfalls 2009 geboren wurde: Bei einem Badeausflug, bei dem dieses Kind und eines seiner anderen Opfer dabei gewesen sein sollen, soll der Mann es unter dem Bikini berührt und später am Abend, als es schon schlief, ebenfalls im Intimbereich berührt haben. Alle drei Mädchen hätten sich während der Taten in seiner Obhut befunden, er habe sie eigentlich betreuen sollen, heißt es in einer Pressemitteilung des Landgerichtes.

Der Mann hatte offenbar im Auftrag der Mütter auf die Kinder aufgepasst, auch in seinem eigenen Heim, in dem viele der Taten geschehen sein sollen. Andere mutmaßliche Tatorte sollen, neben dem bereits erwähnten Bad, auch die Wohnungen der Mütter, sein Auto und verschiedene Orte in Stendal gewesen sein. „Die Kinder haben in den Jahren so oft bei mir genächtigt, das kann ich nicht mehr zählen“, sagte der Angeklagte selbst aus. Aber „es ist nichts passiert“, stritt er die Vorwürfe ab. Wo diese herkommen, wisse er nicht. Er habe „eigentlich alles getan für die Kinder“, beteuerte der 41-Jährige.

Das erste Beweismittel schien zwar noch nicht direkt mit den Vorwürfen zusammenzuhängen, warf aber schon mal kein gutes Licht auf den Angeklagten: Auf seinem sichergestellten Handy sind kinderpornografische Inhalte gefunden worden. Damit von Richter Ulrich Galler konfrontiert, hatte der Mann aber eine Erklärung parat: Er habe das rein aus Versehen herunter geladen, schilderte der Angeklagte. Dies sei zu der Zeit passiert, als er abends den Kindern seiner damaligen Freundin Geschichten zum Einschlafen vorgelesen habe. Als ihm diese ausgegangen seien, habe er im Internet nach „Kindergeschichten“ gesucht, und dort einen Ordner mit den pornografischen Inhalten gefunden. Er habe nicht gewusst, was eigentlich drin gewesen sei, und gedacht, die Daten schon gelöscht zu haben.

Der Rest der Verhandlung wird ohne Publikum stattfinden, um die Persönlichkeitsrechte der minderjährigen Opfer zu schützen. Deren Aussagen waren vor der Verhandlung auf Video aufgenommen worden und sollten nun im Saal abgespielt werden. Die Anwältin der drei Nebenklägerinnen – die Mütter der mutmaßlichen Opfer – beantragte den Ausschluss der Öffentlichkeit zum Schutz der Privatsphäre der Kinder. Dem Antrag gab der Richter statt.

Der gesamte Prozess soll nun bis zur Verkündung des Urteils nichtöffentlich weitergeführt werden. Laut Michael Steenbuck, Pressesprecher des Landgerichtes Stendal, sind im Oktober und November mehrere Fortsetzungstermine zur Vernehmung von Zeugen geplant. Nach aktuellem Stand werden diese auch stattfinden, ein Urteil wird also voraussichtlich Ende November gesprochen.