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Das Blaue Einhorn gastierte in der Lindstedter Kirche/Veranstaltung des Grenzgänger-Festivals Musikalische Suche nach dem Paradies

Von Christina Dietmann 26.09.2012, 01:17

In der herbstlich, fast scheunenartig geschmückten Lindstedter "Mehrzweckkirche", wie Pfarrerin Johanna Brilling sie zur Begrüßung nannte, machten sich am Sonnabendabend gut 70 Musikliebhaber zusammen mit dem Ensemble "Das Blaue Einhorn" auf die Suche nach dem Paradies.

Lindstedt l Jene Suche ging dann auch gleich mit einer Katastrophe los: "I tell you we must die!" (Ich sage dir, wir müssen sterben) sangen Paul Hoorn und Florian Mayer. Worte aus "O Moon of Alabama" aus der Oper "Mahagonny" von Bertolt Brecht und Kurt Weil. Während die Titanic mit großem Knall untergeht, ist dennoch "Land in Sicht" in Rio Reisers gleichnamigem Lied, in dem der Wind und die Wellen zu hören sind und Hoffnung gemacht wird auf das Paradies, welches sich in den folgenden zwei Stunden in mal überschäumend lebensfrohen, mal melancholisch schwermütigen Bildern den Zuhörern zeigt, mal ganz nah scheint, mal nur von Ferne winkt.

Die vier Musiker, die seit mehr als 20 Jahren schon ihr Publikum auf Reisen rund um den Globus mitnehmen, hatten auch diesmal Klänge und Texte aus aller Welt im Gepäck - den vertrauten Kurt Tucholsky ebenso wie türkische Dervische, griechische Friedensstifter, südamerikanische Gärtner oder jiddische Exilanten. Das Paradies ist für sie alle etwas anderes und doch streben die Musiker unaufhaltsam darauf zu "und die Reiter werden sie aufhalten, denn die einzige Droge, die sie finden werden, ist das Paradies. Das zukünftige Liebensparadies", so gehört in "Future Love Paradies".

Genähert wird sich diesem und allen anderen Paradiesen an den verschiedensten Instrumenten. Paul Hoorn, der auch durch das Programm führte, war vor allem am Akkordeon zu sehen und zu hören. Doch er kann auch zwei Instrumente gleichzeitig spielen, das spart Personal, und so greift er auch zur Trompete und zum Chalumeau, einem kleinen Holzblasinstrument mit klarinettenartig anmutendem Klang.

Am Kontrabass hören die Gäste abwechselnd Dietrich und Andreas Zöllner, ganz zum Schluss gar Florian Mayer, der sonst mit seinem furiosen Geigenspiel die Zuhörer von den Plätzen reißt. Zupfinstrumente wechseln durch die Hände von Andreas Zöllner und Florian Mayer. Zu einem Lied verschwindet Dietrich Zöllner fast vollständig hinter einer gewaltigen Tuba, die so aussieht, als hätte sie ihrerseits schon viel von der Welt gesehen.

Nach dem im "Canto Libre", dem freien Lied, das Paradies gefunden wurde, erklatschen sich die Zuhörer drei Zugaben und erleben möglicherweise einen der Höhepunkte des Konzertes: Dietrich Zöllner an der Bauchgeige im Duett mit Florian Mayer an der Violine. Dafür gibt es jubelnden Applaus, und dann geben die Musiker den Gästen noch einen Ohrwurm mit auf den Heimweg unter dem Halbmond: "Nane Zocha", das Mädchenlied, das Fans der Gruppe schon aus ihrem Programm "Musik aus den Straßen" im Ohr ist.