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Praktikum Nadine will Schäferin werden

Ein freiwilliges ökologisches Jahr absolviert eine junge Schönebeckerin derzeit in Gardelegen. Nadine will Schäferin werden.

Von Gesine Biermann 17.06.2016, 03:00

Gardelegen l Kaum macht sie die Tür zum Lämmchenkindergarten auf, ist das Geblöke groß. Rund 15 kleine Mäulchen drängen sich gegen die Gitterstäbe und rufen laut „möhhhh!“: Kein Wunder, ihre Ersatzmama ist da, in der Hand eine große Nuckelflasche. Das kann nur bedeuten, dass es jetzt Frühstück gibt. Beherzt schnappt sich Nadine Schwenzfeier eines der kleinen Lämmchen und drückt es fest an sich. Wie von selbst findet das Kleine den Sauger, Nadine streichelt das Böckchen noch ein bisschen. Jetzt ist alles gut. Zufrieden schmatzt er in ihrem Arm. Idylle pur im Schafstall.

Und tatsächlich sind das ihre liebsten Stunden hier, verrät die 18-Jährige. „Das Füttern der Lämmer ist einfach toll, genau so, wie zuzusehen, wie sie wachsen.“ Zwei der mutterlosen Babys – denn nur die werden natürlich mit der Flasche ernährt – hat sie sogar „adoptiert“ und mit nach Hause genommen. Auch Nadines Freund, bei dem sie wohnt, wenn sie in Gardelegen ist, arbeitet nämlich in der Schäferei Gaudian. So hat er viel Verständnis für ihre Tierliebe.

Und genau die hat die junge Schönebeckerin im vergangenen Sommer in die Altmark geführt. „Ich wollte irgendwas mit Tieren machen“, stand für die 18-Jährige nach ihrem Schulabschluss fest. Ein Praktikum in einem Rinderzuchtbetrieb gefiel ihr nicht so gut, das Praktikum bei Schäfer Gaudian in Gardelegen dafür um so besser. Gut ein dreiviertel freiwilliges ökologisches Jahr später ist sie nun sicher: Das ist es! Milchzubereitung, Füttern oder Tränken der Tiere im Stall oder auch das Hüten draußen auf dem Feld gefallen ihr. Einmal war sie sogar schon allein draußen, auf der Weide in den Kellerbergen – nur sie, die Heidschnucken und Hütehündin Alma. „Mittags kam dann der Chef und hat mir Essen gebracht. Das war ein schöner Tag“, versichert die junge Frau.

Ohnehin sei das mit dem Essen etwas ganz besonderes in der Firma. Denn die Frau vom Chef, Christel Gaudian, koche „superlecker“ jeden Tag für die Belegschaft. „Und das macht schließlich auch nicht jeder“, findet Nadine. So hat sie auch zum ersten Mal eine Schafsbratwurst probiert. „Schmeckt prima!“ Gelernt hat Nadine aber natürlich viel mehr, als nur Schafsbratwurst zu mögen. Da sind die verschiedenen Rassen, die sie nun auseinanderhalten kann, sie kennt sich aus mit Schwarzköpfen, Blauköpfen, Bendtheimer oder Heidschnucken und diversen Kreuzungen. Und mittlerweile sehen die Schafe für sie schon längst nicht mehr alle gleich aus: „Das ist wie bei den Menschen, sie haben alle andere Gesichter.“

Gelernt hat Nadine zudem, dass man sich die körperlich schwere Arbeit leichter machen kann, gerade als Frau. „Es kommt ja auch darauf an, wie man was trägt oder hebt.“ Und die viele Bewegung hat auch noch einen anderen Vorteil: Schäfer brauchen kein Fitnessstudio zum Schlankbleiben. „Ich kann jedenfalls essen, was ich will“, sagt sie gut gelaunt. Am besten aber gefällt es ihr, dass sie sich tatsächlich um Tiere kümmern kann. Genau das hatte sie sich so vorgestellt. Darüber, dass sie mit dem freiwilligen ökologischen Jahr die Chance hatte, das alles zu entdecken, ist Nadine übrigens „superfroh! Es ist gut, dass es das gibt. Für alle, die noch nicht zu hundert Prozent sicher sind, was sie nach der Schule machen wollen, ist das die beste Möglichkeit, den Beruf besser kennenzulernen.“

Sie ist jedenfalls sicher, dass er ihr gefällt und könnte sich gut vorstellen, den Schäferhut zu wählen und eine Ausbildung zu beginnen. Und ihre Freundinnen? Was sagen junge Mädchen ihres Alters dazu, dass sie mal Schäferin werden möchte? „Die finden das gut“, versichert Nadine. „Und vor allem natürlich die süßen Lämmchen.“ Genau wie sie selbst.