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Sperrung20 Euro auf allen Schleichwegen

Die Umleitung, die erstmal um die Ortschaft Kloster Neuendorf herumführen soll, ärgert Anwohner und Pendler.

Von Gesine Biermann 05.07.2018, 03:00

Gardelegen l Die einen stöhnen über viele Umleitungskilometer, die anderen über viel mehr Verkehr in ihrer sonst so ruhigen Ortschaft. In Kloster Neuendorf wird derzeit die Ortsdurchfahrt saniert. Seit Freitag müssen Kraftfahrer für die Strecke zwischen Jävenitz und Gardelegen deshalb einen deutlich längeren Weg in Kauf nehmen. Die offizielle Umleitungsstrecke führt nämlich weiträumig von Gardelegen über Hemstedt, Kassieck und Lindstedt nach Jävenitz. Mehr als 20 Kilometer also, für eine sonst nicht einmal halb so lange Strecke.

Für die Anwohner der kleinen Dörfer, die den Verkehr einer Bundesstraße wie der B 188 nicht gewohnt sind, ist das natürlich eine Umstellung: „Seit einigen Tagen rollt der Umleitungsverkehr durch die Dörfer Lindstedt, Kassieck und Hemstedt und das Chaos, das ich befürchtet hatte, ist nun Realität“ sagt Lindstedts Ortsbürgermeister Siegfried Jordan.

In Lindstedt werde im Kreuzungsbereich Holzhausener Straße und Kassiecker Straße permanent die Vorfahrt missachtet. Früh ab vier Uhr setzte der Lkw-Verkehr ein und bringe die Menschen um den Schlaf, beschreibt Jordan. „So mancher Verkehrsteilnehmer brettert zudem mit überhöhter Geschwindigkeit ins Dorf, dass einem Angst und Bange wird.“

Jeder sollte natürlich froh sein dass die Straßen instand gesetzt werden“, so Jordan Allerdings „sollte den Verantwortlichen schon bewusst sein, dass man verantwortungslos handelt, wenn man den Verkehr einer Bundesstraße über die Dörfer führt. Einen offenen Brief von „besorgten Bürgern“, will er deshalb auch weiterleiten.

Auch in Kloster Neuendorf selbst sind die Bürger ärgerlich: „Bereits am ersten Tag der Vollsperrung und somit Beginn der Straßenbauarbeiten kam es zu vielen Beschwerden“ berichtet Ortsbürgermeister Andreas Höppner.

„Einerseits ging es um rücksichtslose Autofahrer, die trotz der Vollsperrung durch den Ort beziehungsweise die Baustelle fuhren, andererseits hagelte es Beschwerden, dass jetzt die Zienauer Straße massiver und mit überhöhter Geschwindigkeit befahren wird.“ Gerade dort besteht ja eine erhöhte Gefahr durch den anliegenden Kindergarten und Spielplatz, so Höppner. Die Bürger forderten deshalb eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer für die Zienauer Straße.

In Jävenitz herrscht ebenfalls Unverständnis: Die Umleitungsstrecke sei einfach „verdammt schlecht ausgesucht“, betont Stadtrat Rudi Wolski, der in Jävenitz wohnt. Die Kurve von der B188 in Richtung Lindstedt sei für Lkw viel zu schwierig, sagt er im Gespräch mit der Volksstimme. Die Laster würden bis auf die linke Seite fahren müssen, um herumzukommen „Die Fahrbahn ist da schon ganz schwarz.“ Für Wolski steht fest, dass die Umleitung für den Schwerlastverkehr viel weiträumiger hätte erfolgen müssen, vor allem die Transit-Lkw hätten von Stendal über Osterburg in Richtung Arendsee geführt werden müssen, sagt er.

Kein Verständnis hat Wolski zudem dafür, dass mögliche Schleichwege abgesperrt worden seien und die Polizei dort auch noch abkassiere. „Für Pkws sollten die offen bleiben, davon gehen die Straßen nicht kaputt“, ist er überzeugt. „Meist fahren dort doch auch nur Leute entlang, die sich da auskennen.

Auf die könnte allerdings eine teure Überraschung warten. Denn wer die Durchfahrtsverbotsschilder nicht beachtet, wird mit 20 Euro zur Kasse gebeten. Am Sonnabend zahlten zwölf Fahrzeugführer diese Strafe, die direkt an der Baustelle Ortseinfahrt Kloster Neuendorf durchrauschten. Am Sonntag und am Dienstag bat die Polizei am Verbindungsweg Hemstedt – Trüstedt insgesamt 38 Bürger zur Kasse. „Der Polizeibeamte hatte sich zuvor mit Anwohnern unterhalten, diese bestätigten ein sehr hohes Verkehrsaufkommen mit mehreren Hundert Fahrzeugen pro Tag“, informierte gestern Heiko Timme, Leiter Zentrale Aufgaben im Polizeirevier Salzwedel, auf Nachfrage. Und die hatten sich dann wiederum auch über all jene beschwert, die die Schleichwege nutzen.

„Der Beamte musste sich übrigens eine Menge Beschimpfungen gefallen lassen, was nicht hinnehmbar ist“, kritisiert Timme. Denn schließlich setzte die Polizei lediglich das durch, was die Schilder vorgeben.

Schilder, die eine Ausnahmegenehmigung des kompletten Durchfahrtverbotes zulassen, zum Beispiel für Anwohner oder Anlieger, könnte theoretisch die Stadt beantragen, werde es aber nicht tun betonte gestern Bürgermeisterin Mandy Zepig auf Nachfrage. „Wer soll das dann noch kontrollieren. Dann hat doch jeder ein Anliegen.“ Zumal die Zeit der Bauarbeiten ja absehbar sei. Auch sie ärgere sich allerdings über die Raser und jene, die einfach die Verbotsschilder ignorierten und zum Beispiel weiter durch Kloster Neuendorf fahren, betonte Zepig. „Das wird aber spätestens dann ein Ende haben, wenn die Fahrbahn abgefräst ist.“

Auch Lindstedts Bürgermeister Siegfried Jordan mahnt vernünftiges Verhalten an: „Ich kann nur noch einmal alle Betroffenen bitten, sich auf diese Situation einzustellen. Radfahren oder Spazieren gehen sollte man auf andere Wege verlegen.“

Seit gestern gilt übrigens im Hemstedt doch eine Ausnahme: Allerdings nur für Forst- und Landwitschaftsfahrzeuge.