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Spezieller Urlaub 600 Kilometer zu Fuß unterwegs

Peter Schmidt will von Lübeck nach Bayreuth wandern. Gerade hat der Niedersachse die Altmark durchquert.

Von Cornelia Kaiser 20.07.2018, 03:00

Winkelstedt l Manche Geschichten finden sich wirklich am Wegesrand. So wie die von Peter Schmidt. Der 35-Jährige marschierte am Mittwochnachmittag und -abend, von Zethlingen kommend, über Wustrewe, Winkelstedt und Wernstedt in Richtung Zichtau. Ganz allein mit sich und der Natur.

Es war allerdings nur ein klitzekleiner Abschnitt seiner weiten Reise auf Schusters Rappen. Die hat nämlich am zurückliegenden Sonnabend in Lübeck begonnen, wo er erst noch mit einer Freundin auf den erfolgreichen Abschluss ihres Masterstudienganges angestoßen hat. Ende Juli/Anfang August soll die Tour in Bayreuth enden, wo ebenfalls ein Freund besucht werden soll. Peter Schmidt will die ganze Strecke, immerhin rund 600 Kilometer, zu Fuß laufen.

Warum macht jemand so etwas?, wollte die Volksstimme wissen. Und bekam zur Antwort: „Ich wollte einfach mal den Kopf freikriegen.“ Privat hat sich bei dem jungen Mann einiges geändert. Und er brauchte Zeit zum Nachdenken. Die hat er nun. Denn es passiert nicht viel, während er so wandert. „Sie sind die erste Person, die mich auf dieser Strecke anspricht“, sagt Peter Schmidt. Und weiter: „Das hätte ich so auch nicht erwartet.“ Natürlich hat er immer mal wieder Kontakt zu Menschen, zum Beispiel dann, wenn er irgendwo zum Schlafen oder zum Essen einkehrt. Aber dass niemand anhält und ihn fragt, wo er hin will und ob er vielleicht ein Stück mitgenommen werden möchte, das verwundert ihn schon. Schließlich macht Peter Schmidt nicht nur auf den ersten Blick einen freundlichen Eindruck.

Doch wer ist dieser Mann eigentlich, der sich frei nach dem Hape-Kerkeling-Motto „Ich bin dann mal weg“ durch Deutschland bewegt? Er ist Niedersachse, lebt in Bassum im Landkreis Diepholz und ist Berufsmusiker. Peter Schmidt gehört seit vielen Jahren zur Gruppe der Hornisten bei den Bremer Philharmonikern. Das Orchester hat gerade seine Spielzeit beendet. Die Mitglieder befinden sich im Urlaub. Aber die Art und Weise, wie Peter Schmidt ihn für sich gestaltet, die ist schon ziemlich ungewöhnlich. In einem großen Rucksack hat er das Nötigste verstaut. Natürlich hat er auch Schlafsack und Zelt eingepackt. „Aber ich muss nicht mehr unbedingt im Freien übernachten, nur wenn es gar nicht anders geht. Ich bin ja kein Jugendlicher mehr“, so der 35-Jährige, der bevorzugt in einem richtigen Bett schläft. Das findet er in Pensionen, auf Ferienhöfen oder in einfachen Hotels. Gebucht wird per Internet über das Handy. Letzteres ist seine einzige Verbindung zur Außenwelt – und gleichzeitig sein Navigationsgerät.

Eigentlich, so sagt Peter Schmidt, wollte er ja entlang des Grünen Bandes, also der früheren deutsch-deutschen Grenze, laufen. „Aber da landet man immer mal wieder tief in der Walachei.“ Das sei ja in puncto Natur sehr reizvoll, aber nicht, wenn man gut vorankommen wolle. Im Schnitt legt der Wanderer pro Tag rund 40 bis 45 Kilometer zurück.

Und hat die Tour schon irgendwas mit ihm gemacht? „Ja“, sagt der Niedersachse lachend, „mir tun die Füße weh. Und meine Beine sind total zerstochen.“ Kaum hat er es ausgesprochen, lässt sich schon wieder eine lästige Bremse unterhalb seines Hosenbundes nieder. Aber mit langen Hosen laufen, das will Peter Schmidt dann angesichts der herrschenden Temperaturen doch lieber vermeiden. Beim Blick auf seine geröteten Beine kommt auch der Verdacht auf die Hinterlassenschaften der Eichenprozessionsspinner-Raupe auf. Die aber kennt der Hobbyimker nicht aus eigenem Erleben. Die Frage, ob die Beine stark jucken und er sich ständig kratzen muss, verneint Peter Schmidt. „Dazu habe ich gar keine Zeit“, sagt er lachend.

Aber er bemerke bereits, dass die Wanderung ihren Zweck, den Kopf freizubekommen, erfüllen könnte. „Wenn man erst einmal unterwegs ist, dann denkt man irgendwann gar nichts mehr, sondern geht nur noch vor sich hin“, so der junge Mann. Spricht‘s und wandert weiter. Schließlich wartet im Zichtauer Ferienpark ein Bett auf ihn. Es sind jetzt nur noch ein paar Kilometer. Jedenfalls für diesen Tag.