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Sterbebegleitung Ehrenamtliche Arbeit im Hospiz

Die Volksstimme sprach mit Anja Freist aus Jerchel über ihre ehrenamtliche Tätigkeit im ambulanten Hospizdienst.

Von Elke Weisbach 21.02.2021, 02:00

Jerchel/Gardelegen l „Geburt und Tod sind sich sehr ähnlich. Das ist eine Frage der Perspektive“, sagt Anja Freist, die einige Jahre als Geburtshelferin gearbeitet hat. Ohne das eine, gebe es das andere nicht. Beides ist schmerzhaft. Und der Tod ist in ihrem Leben präsent. Seit 2017 ist sie als Ehrenamtliche für den ambulanten Hospizdienst tätig, seit 2019 im Bereich des Kinderhospizes.

Dass sich die 41-Jährige mit dem Thema Hospiz und Sterbebegleitung überhaupt beschäftigte, hatte familiäre Gründe, wie sie erzählt. Ihre Oma wurde in den letzten Wochen ihres Lebens Zuhause gepflegt. Jeder packte mit an. Als sie die Augen für immer schloss, war sie nicht allein. „Wir waren dabei“, erzählt die Jerchelerin. Sie starb im Kreise ihrer Familie, hatte die Menschen, die sie liebte, um sich. Dass die Oma in den letzten Lebenswochen ohne Schmerzen war, sei vor allem dem Team der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) zu verdanken, mit deren Mitarbeitern Freist auch bei ihrer Hospizarbeit immer wieder zusammenarbeitet. „Sie sind ein Segen“, sagt sie, und sofort zur Stelle, wenn man sie braucht. „Man hat durch sie auch persönlich eine Begleitung. Sie sind die wahren Helden.“

Nach dem Tod ihrer Großmutter stieß sie zufällig auf ein Angebot des ambulanten Hospizdienstes in Gardelegen, in dem eine Ausbildung zur Sterbebegleitung ausgeschrieben wurde. Dazu habe sie sich angemeldet. Zur Ausbildung gehörte auch ein Praktikum in einem Wolfsburger Hospiz, was sie in ihrer Entscheidung bestärkt hat. „Sterbende zu begleiten ist jedesmal sehr, sehr anders“, erzählt Freist. Man müsse ganz schön viel aushalten, ohne es zu dicht an sich heran zu lassen. Es gibt die Menschen, die abgeschlossen haben, und die anderen, die immer noch hoffen. Das gilt auch für die Familienangehörigen. Sie habe, wie Anja Freist erzählt, einen sterbenskranken Mann begleitet, dessen Frau sehr fürsorglich und immer um ihn herum war. In ihre Fürsorge band die Frau auch Freist mit ein. Die Eheefrau habe immer noch gehofft und ihren Mann damit auch ein Stück weit im Leben festgehalten. Doch er habe gehen wollen. Das sei zu spüren gewesen. Und so nutzte er, wie es ihr im Nachhinein erschien, einige Minuten des Alleinseins, um die Welt zu verlassen. Eine weitere Begleitung läuft schon recht lange. Sie werde derzeit aber nur sporadisch von der Erkrankten kontaktiert.

Nachdem im April 2019 der ambulante Kinderhospizdienst unter dem Dach des ambulanten Hospizdienstes Gardelegen für die Erwachsenenbegleitung eingerichtet wurde, entschied sich Anja Freist, eine Ausbildung zur Kinderhospizbegleiterin zu absolvieren. Kinder liegen der vierfachen Mutter und Leiterin der Jercheler Kita Hollerbusch besonders am Herzen. Aktuell durchlaufen 14 in der Erwachsenenbegleitung ausgebildete ehrenamtliche Mitarbeiter das Curriculum zur Befähigung als Kinderhospizbegleiter. Und diese kümmern sich nicht nur um Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die an einer lebensverkürzenden Erkrankung leiden, sondern bieten außerdem deren Eltern und Geschwistern die Begleitung in der Krankheits-, Sterbe- und Trauerphase an. Der Dienst steht auch Kindern zur Verfügung, die sich mit dem Sterben und Tod eines Elternteils auseinandersetzen müssen.

Seit dem Frühjahr 2020 betreut sie in diesem Rahmen zwei Mädchen, deren Vater erkrankt ist. Sie sind beide pferdeverrückt, konnten ihrer Leidenschaft aber lange Zeit aufgrund der familiären Situation nicht nachkommen. Es war einfach keine Zeit dafür übrig. Und diese Zeit erhalten sie nun von Anja Freist. Sie fahre mit ihnen zu einem Reiterhof oder nehme sie mit nach Jerchel, wo sie selbst vier Pferde habe. „Ein Stück Normalität vermitteln, ist wichtig und als Ansprechpartner da sein, wenn man gebraucht wird.“ Die beiden Mädchen betreut sie, so Freist, mit einer weiteren Ehrenamtlichen gemeinsam, denn einer von ihnen soll immer zur Stelle sein, wenn die Mädchen sie brauchen. Komme beispielsweise ein Anruf, nachdem die Familie einen schlechten Befund erhalten habe, müsse man sofort reagieren.

Den Kontakt zwischen den betroffenen Familien und der Begleitung erfolgt über die Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes Kathleen Tanger. Sie guckt, welche Begleitung zur Familie passen könnte. „Bisher waren das immer Treffer“, erklärt Freist.

Um noch mehr Familien diese Hilfe an die Hand geben zu können, werden weitere Mitstreiter gesucht. Sie können sich an den ambulanten Hopsizdienst und Kinderhospizdienst, Telefon 03907/779 60 20, in Gardelegen wenden. Das gilt auch für Familien, die Hilfe benötigen. Die Inanspruchname ist für sie kostenfrei. Der Dienst finanziert sich überwiegend aus Spenden und zu einem Teil aus der Förderung durch die Krankenkassen.