Windparkanlage Das gibt Krieg im Dorf

Noch sind keinerlei Pläne ausgelegt - trotzdem bekommt ein geplanter Windpark östlich von Berge schon ordentlich Gegenwind.

Von Gesine Biermann 24.10.2018, 12:00

Berge l Ortschaftsratssitzung in Berge: Bisher ist alles sehr sachlich und eher ruhig verlaufen. Doch beim Tagesordnungspunkt Bürgerfragestunde kommt überraschend Bewegung in die Sitzung. Zwei Einwohner sind gekommen. Den Berger Ortsvertretern sind sie offenbar bekannt. Der Presse gegenüber wollen sie ihre Namen allerdings nicht nennen. Die beiden machen sich Sorgen. „Aufgeschreckt von einen Artikel in der Volksstimme“ seien sie , erklärt das Paar.

Am 13. Oktober hatte die Volksstimme über eine Veranstaltung des Windparkentwicklers Umweltgerechte Kraftanlagen GmbH (UKA) berichtet. In fünf bis sechs Jahren würde das Unternehmen östlich von Berge gern einen neuen Windpark errichten und wollte bei den Flächenbesitzern schon mal vorfühlen. Immerhin neun neue Anlagen sollen es werden. Neun stehen dort bereits. Die geplanten würden die vorhandenen allerdings um einiges überragen. Von rund 150 Meter Nabenhöhe ist die Rede. Und das müsse man sich mal vorstellen, eine solche Größenordnung, das sei ja „ein Angriff auf das Dorf“, sagt einer der beiden Einwohner, ein Herr mittleren Alters, resolut. Samt Flügeln seien die Anlagen dann sicher weit über 200 Meter hoch. „Das erschlägt einen ja.“

Er komme aus Köln, verrät der Mann, und selbst der Kölner Dom sei deutlich kleiner. „Der würde mal gerade an die Nabe heranreichen.“ Ein Windpark in dieser Größenordnung in unmittelbarer Nähe zum Dorf „mindert unser aller Eigentum“, ist der Berger überzeugt. „Und es kann nicht sein, dass wir so überrumpelt werden.“

Eine Recherche im Internet über das Unternehmen habe ihn in seinem Misstrauen zusätzlich bestärkt: „Die machen da hemmungslos Werbung dafür, dass sie Vereine und Kirchenprojekte unterstützen, besser gesagt schmieren.“ Die betroffenen Landeigentümer lasse die Firma dagegen absichtlich in Unwissenheit.

Eine Einschätzung die zwei Ratsmitglieder am Montag teilen: „Die sind ein ganzes Stück weiter, als sie zugeben“, glaubt auch Ruth Hupe. Sie habe zudem den Eindruck, dass die Dorfbewohner gegeneinander ausgespielt werden sollen. „Die wollen nur die Eigentümer hören und nicht das Dorf.“ Das Unternehmen „mauschelt da was unter dem Tisch“, vermutet auch Ratskollege Frank Jilge. Alles werde „im stillen Kämmerlein besprochen“, hinter den Rücken der „dummen Dorfbewohner“.

„Der dumme Michel“ sei aber nun aufgewacht, macht der Sitzungsgast klar und schlägt vor, dass der Ortschaftsrat zeitnah heraufinden solle, wie die Mehrheit in Berge zur Windanlage steht. „Und dann sollten wir bei der Stadt vorstellig werden und sagen, dass wir das hier nicht wollen.“

Ortsbürgermeister Paul Berlin, der bislang während der Diskussion mehrfach zu beschwichtigen versucht hatte, wird an dieser Stelle allerdings sehr deutlich: „Wir werden uns als Ortschaftsrat erst dann positionieren, wenn die Sache aktuell wird“, machte er klar. Man könne schließlich nicht aktiv werden, solange noch nicht einmal ein Antrag gestellt wurde.

„Ich weiß ja nicht, wofür ein Ortschaftsrat da ist, wenn Sie nicht aktiv werden wollen“, empörte sich der aufgebrachte Einwohner daraufhin. Es sei doch wohl kein Problem, wenn der Rat eruiere, wer in Berge gegen den Windpark sei. „Dann machen Sie das doch“, schlägt Berlin unbeeindruckt vor. Und auch die Antwort „Bin ich hier Ortsbürgermeister oder Sie?“ bringt ihn nicht aus der Ruhe.

Das Windparkunternehmen habe für seine erste Versammlung das Dorgenmeinschaftshaus gemietet und diejenigen eingeladen, deren Flächen es eventuell kaufen wollen, erinnerte er. „Und die müssen dafür auch Miete zahlen.“

Die Veranstaltung am 11. Oktober sei somit eine rein privatrechtliche Angelegenheit gewesen. Der Ortschaftsrat hingegen müsse gleichermaßen für alle Dorfbewohner da sein. Berlin: „Ich kenne zum Beispiel auch Leute, die Interesse daran haben, und ich muss hier für alle sprechen.“

Der Schlüssel pro oder kontra Windpark liege ohnehin bei den Eigentümern der Flächen, macht Berlin klar. Dem besorgten Berger und seiner Partnerin empfiehlt er deshalb, eine Bürgerinitiative zu gründen.

Ob es dazu kommen wird, lassen die beiden indes offen. Zunächst wolle man Kontakt zu den benachbarten Wiepkern suchen, die einen dort geplanten Winpark vor Jahren erfolgreich verhindert hätten, kündigen sie an. Ortschaftsrat Frank Jilge empfiehlt das ebenfalls. Jilge: „Man muss sich aber bewusst werden, dass es im Dorf dann Krieg gibt.“