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Kabarett Hengstmanns mischen Genthin auf

Ein "3stes" Programm zeigte die Familie Hengstmann im Stadtkulturhaus.

Von Mike Fleske 01.10.2015, 09:00

Genthin l Der Name Hengstmann ist auch in Genthin ein Gütesiegel für Kabarett auf hohem Niveau. Die Brüder Sebastian und Tobias Hengstmann hatten passend zum Titel ihres Programmes „Ganz schön 3st“ Vater Frank dabei, der seine Sprößlinge ordentlich auf Trab hielt. Ein wenig verspätet, aber dennoch angriffslustig, begrüßte Sebastian Hengstmann das Publikum. „Na ihr verrückten Hunde, haben Sie euch rausgelassen oder seid ihr aus dem Heim abgehauen?“, fragte er keck in das bestens besuchte Stadtkulturhaus und sorgte mit derart frechen Sprüchen gleich mal für Widerspruch beim Rest seiner Familie. „Das kann man doch nicht machen, das ist ungezogen.“

Dabei ist die Magdeburger Kabarettfamilie ganz gern ungezogen und verarbeitete die titelgebende „Drei“ beständig im Programm. Dabei nahm das Trio die Besucher mit,auf geistige Reisen zurück in das römische Reich, um vom Triumvirat dreier Herrscher auf ein viel gefährlicher klingendes Dreierbündnis zu kommen. „Das wird mit dem russischen Wort Trojka beschrieben“, sagte Sebastian Hengstmann. Damit war er mittendrin in der Geschichte der SPD, die mit ihren Trojkas gern mal Wahlerfolge verspiele. So wurde mit Genuss an der Boshaftigkeit der Bogen von Wehner, Brandt und Schmidt zu Schröder, Scharping, Lafontaine geschlagen. „Auch 2017 wird es eine SPD-Trojka geben, die füllt dann Sigmar Gabriel allein aus“, versprach Hengstmann.

Aber weder von den Untiefen der deutschen Politik, noch von einem Handyklingeln im Publikum ließ sich Magdeburgs Kabarett-Familie erschüttern. „Gehen Sie ruhig ran, es könnte ein Arzt in Bereitschaft sein“, forderten sie auf. „Oder jemand soll seinen VW-Diesel aus der Werkstatt holen“, witzelten sie tagesaktuell. Wutbürger, Pegida und Kanzlerin Angela Merkel wurden immer wieder aufs Korn genommen. Auch Ursula von der Leyen blieb nicht ungeschoren, als Vater Frank Hengstmann Auszüge aus seinem Buch „Ein- und Durchbrüche“ vortrug und verkündete: „Das ist keine Doktorarbeit, das habe ich alles selbst geschrieben.“ Seine Söhne sorgten in zwei angestammten Rollen für Lacher.

Als prollige „Hartzer“ Matze und neunmalkluger Student Malte-Maria definierten sie den Begriff „Fachkräftemangel“ auf ganz besondere Weise. „Heute ist Hartz VI ein Ehrberuf, den Kinder ausüben wollen, wie ihre Mama und ihre Papas“, fand Matze. Die Familie ist mittlerweile ein bestens eingespieltes Team. Das Programm wurde unter den Händen von Regisseur Bernd Kurt Goetz und den Hengstmanns seit seiner Premiere im März immer wieder etwas angepasst. So präsentierte es sich frisch und aktuell auch beim Gastspiel in Genthin. Neben perfekt gesetzten Pointen, die ihre Wirkung bei den Zuhörern nicht verfehlten, gab es auch Raum für stille nachdenkliche Momente. Das Rollenspiel von Frank Hengstmann als „Penner“ mit Businessman Tobias Hengstmann entwickelte sich ganz langsam zu einer humorvollen, aber doch tiefgründigen Abhandlung über Würde und Ehre.

Wenn alles einen Preis hat, es nur auf die Höhe der Summe ankommt, dann kann man doch einem, der auf der Straße bettelt, auch die Würde abkaufen. „Die verkaufe ich dann an die, die sie brauchen, Waffenhändler, Bänker oder Politiker“, plante Tobias Hengstmann und wurde vom lebensklugen Penner eines Besseren belehrt. „Sie werden da landen, wo ich bin, denn ich habe dasselbe vor einem Jahr mit der Ehre versucht.“ Mit der Mischung aus klassischem Frontalkabarett, musikalischen und schauspielerischen Einlagen gelang Hengstmanns auch in diesem Jahr ein runder Auftritt, der bereits jetzt die Vorfreude auf kommende Gastspiele in der Kanalstadt erwachen lässt.