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Sportboote Erstklassiger Service im Genthiner Hafen

Am Hafen in Genthin schätzen viele Sportbootinhaber die Nähe zum Zentrum. Nicht der einzige Vorteil der Anlegestelle.

Von Massimo Rogacki 18.05.2016, 07:00

Genthin l „Also, der Service hier ist wirklich erstklassig“, sagt Elke Eggert. Die Hamburgerin und ihr Ehemann liegen mit ihrem Salonschiff „Schulp“ seit einer Stunde im Sportboothafen von Genthin. Auf dem Weg nach Schwerin haben sich die Rentner bewusst für einen Zwischenstopp in der Kanalstadt entschieden.

„Wir sind zum dritten Mal hier. Das ist einfach ein exzellenter Versorgungshafen. Tankstelle, Einkaufsmöglichkeiten. Besser geht‘s nicht“, meint die 73-jährige Elke Eggert. Das Pärchen aus dem hohen Norden muss es wissen. Seit zehn Jahren verbringen die Hamburger mehr Zeit auf dem Wasser als an Land. Sie haben unzählige Häfen gesehen.

Mit ihrem Motorkreuzer schippern sie durch halb Westeuropa. Niederlande, Frankreich, Belgien – kein Land, dessen Wasserwege für sie komplett neu wären. Diesmal geht es nach Mecklenburg-Vorpommern. Schwerin lautet das Ziel, einer der Zwischenstopps hat sie nach Genthin verschlagen.

Wolf-Dietrich Eggert hat sich bereits drei leere Kanister von Hafenmeister Rolf Hoppe organisiert und macht sich auf den Weg zur nahe gelegenen Tankstelle. „Das ist ein Argument dafür, in Genthin zu halten. Meinen Diesel bekomme ich an einer normalen Tankstelle etwa 20 Cent günstiger als an einer Wassertankstelle“, freut sich der 73-Jährige. Seine Frau bringt die Vorzüge des vor zwölf Jahren gebauten Hafens auf den Punkt: „Sehr zentral gelegen, Einkaufsmöglichkeiten, Duschen, Waschmaschine und alles sehr sauber.“

Nicht zuletzt seien die Liegegebühren von 1,50 Euro pro Meter fair. In Burg etwa habe sie zwei Euro Liegegebühr doch als etwas zu hoch empfunden, so die Hamburgerin. „Und beim Sozialgebäude merkt man, dass sich die Hafenmeister kümmern“, ergänzt Eggert.

Die Hafenmeister, das sind Ralf Hoppe und Hans-Jürgen Dalchow. Ehrenamtlich kümmern sich die Mitglieder des SV Chemie Genthin um die anfallenden Arbeiten. Wenn sie nicht ohnehin vor Ort sind, kann man die beiden Männer über das Handy erreichen. Es ist nicht zuletzt ihr Verdienst, dass die Gäste einen sauberen Hafen vorfinden. „Im letzten Jahr haben 899 Boote angelegt“, erklärt Rolf Hoppe. „Da sollte es schon immer sauber und ordentlich aussehen.“

Nicht zu unterschätzen sei zudem die vorhandene Möglichkeit zu kranen, sagt der Hafenmeister. Besitzer von trailerbaren Booten wüssten diesen Service zu schätzen. Fünf Tonnen maximal, einmal Kranen 45 Euro. Das sei ebenfalls ein wichtiger Faktor für den Hafen, sagt Dalchow. Auch bei Havarien und Defekten sind die Hafenmeister zur Stelle. „Wir haben gute Kontakte zu zwei Werkstätten“, sagt Dalchow.

Doch der Hafen hat nicht nur Vorzüge. Obwohl sich die beiden Hafenmeister Mühe geben, das Umfeld ansprechend zu gestalten und das Beste aus dem Hafen zu machen, sind einige negative Faktoren auch den Eggerts aus Hamburg nicht verborgen geblieben. „Na ja, die Stege sind ziemlich kurz und die Spundwände mit den Einbuchtungen recht tief“, merkt Elke Eggert an.

Doch nicht nur das. „Der Hafen ist eigentlich eine einzige Fehlkonstruktion“, sagt Rolf Hoppe. Seit der Fertigstellung 2004 seien die beiden Hafenmeister dabei, die Konstruktionsfehler auszumärzen. So hätten sie auf beiden Seiten des Hafenbeckens Geländer entfernen müssen, weil die anlegenden Bootseigner kaum aus ihren Booten an Land gelangen konnten.

Die Leitern sind zwar als Leitern erkennbar, entsprechen aber keiner DIN-Norm. „Wer hier mal ins Wasser fällt, der kommt über diese Leiter garantiert nicht raus“, sagt Hoppe und zeigt an, an welcher Stelle eigentlich noch zwei Stufen ins Wasser ragen müssten.

Damit der Mängel nicht genug. Die Stege sind mit fünf Metern Länge etwas kurz geraten. „Die meisten Boote, die hier ankommen, sind doch länger als zehn Meter“, bemerkt Hafenmeister Dalchow. Die Überzeugung der Genthiner Hafenmeister: An vielen Stellen sei nicht vorausschauend gebaut worden. „Platz wäre da gewesen. Man hätte noch viel weiter rein bauen müssen“, sagt Hafenmeister Hoppe und zeigt in Richtung des Feuerwehrhauses in der Nähe.

Nichtsdestotrotz versuchen die beiden Hafenmeister, den Mangel zu verwalten. So muss sich beispielsweise Elke Eggert keine Gedanken machen, dass sie sich die Fender ihres Bootes an den tiefen Einbuchtungen der Spundwände ruiniert. Denn Hoppe und Dalchow haben kurzerhand Holzplanken davor gesetzt.

Noch etwas ist den beiden Bootsreisenden aus Hamburg aufgefallen: „Bei der Einfahrt erschließt sich nicht sofort, wie man sich am klügsten hinstellt“, moniert Wolf-Dietrich Eggert und zeigt auf die Abstände zwischen den zu kurz geratenen Stegen.

Im Moment ist das kein Problem. Außer den Hamburgern liegt hier nur ein weiteres Boot mit holländischer Flagge. Wenn es  mal voller wird, geht es bestimmt turbulent zu, nimmt Wolf-Dietrich Eggert an. Trotzdem schaffen es die Hafenmeister nach eigner Aussage, bis zu zwölf Boote auf engstem Raum unterzubekommen. „Da muss notfalls auch mal etwas improvisiert werden“, sagt Rolf Hoppe schmunzelnd.

Neben dem fehlgeplanten Hafen lauert die nächste Unbill in Form einer in fünfzig Meter Entfernung neu geschaffenen Anlegestelle. „Das wurde im Rahmen des Kanalausbaus und des Baus der neuen Brücke gemacht“, sagt Hans-Jürgen Dalchow kopfschüttelnd. Bis zu vier Boote können hier kostenlos liegen. „Die werden sich zweimal überlegen, ob sie gegen eine Gebühr im Hafen halten oder einfach ein paar Meter weiter fahren und dann kostenlos liegen“, meint Dalchow.

Die beiden Hafenmeister prophezeien einen Rückgang von geschätzten 20 Prozent, wenn der Anleger in einigen Wochen offiziell genutzt werden darf. Momentan ist der Uferbereich noch eine einzige Baustelle. Boote legen hier trotzdem bereits vereinzelt an, hat Dalchow beobachtet.

Die Befürchtung der beiden Hafenmeister: Viele Tagesgäste werden kostenlos anlegen und dann unentgeltlich den Service des Sportboothafens und das Sozialgebäude nutzen. Die Tür zu den sanitären Einrichtungen und zu den Duschen soll nicht abgeschlossen sein. Aber immer vor Ort können die zwei ehrenamtlich tätigen Hafenmeister eben auch nicht sein.

Familie Eggert aus Hamburg hofft, dass der gute Rundum-Service bestehen bleibt. Die Rentner können aus eigener Erfahrung berichten, dass der Sportboothafen bei den Bootsausflüglern einen guten Ruf genießt. „Uns wurde vor unserem ersten Besuch auch geraten, in Genthin zu halten - von Hamburgern“, erinnert sich Elke Eggert.

Währenddessen ist ihr Mann Wolf-Dietrich bereits vom Tanken zurückgekehrt und steht einfrig werkelnd auf dem Achterdeck des Salonschiffs mit dem kuriosen Namen „Schulp“. Im Inneren des Bootes hängt der Kalk-Schulp an der Wand. „So nennt man das Skelett eines Tintenfisches“, sagt Elke Eggert.

Als wir das Boot gekauft haben, stand auf dem Namensschild des Bootes „Plusch“. Das war der Kosename des damaligen Kapitäns für seine Frau. Das wollten wir dann doch nicht und haben die Buchstaben vertauscht“ erklärt Elke Eggert lächelnd.

In einigen Stunden schon geht es für die Eggerts mit rasanten 12 Stundenkilometern weiter auf dem Elbe-Havel-Kanal. Wenn es sich ergibt, möchte das Ehepaar bald wieder einen Zwischenstopp in Genthin einlegen. Die Hafenmeister indes hoffen, dass die Stamm-Besucher dann erneut den Sportboothafen ansteuern – und nicht die kostenlosen Anlegestelle nutzen.