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Ärztliche Versorgung Genthiner wollen Notaufnahme

Die Genthiner haben ihre liebe Not mit einer gewünschten medizinischen Notaufnahme.

Von Simone Pötschke 09.03.2019, 00:01

Genthin l Wie komplex sich das Thema darstellt, vermittelte eine Info-Veranstaltung über ein kommunales Medizinisches Versorgungszentrum.

Wie könnte die medizinische Versorgung mit einer Notaufnahme im ländlichen Raum sichergestellt werden? Welche Optionen räumen Gesetzgeber, Kassenärztliche Vereinigung (KV), Krankenkassen und Klinikbetreiber ein? Darüber referierte Matthias Deters, Geschäftsführer des kommunalen Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Blankenfelde, in einem gut zweistündigen, detailreich-gespickten Vortrag am Donnerstag im Lindenhof.

Der Info-Abend war ein weiteres Mosaiksteinchen im Bemühen von Bürgermeister Günther (parteilos) und einer Arbeitsgruppe, bestehend aus Stadträten und Senioren, um eine 24-Stunden-Notaufnahme in Genthin. Nach einem Gespräch im sachsen-anhaltischen Sozialministerium steht aktuell die Möglichkeit einer Portalklinik im Raum, für die – vorausgesetzt deren Finanzierung ist gesichert – die Johanniter Stendal erst einmal unter Vorbehalten grünes Licht signalisierten. Aber der Info-Abend zeigte, dass dem Wunsch der Bevölkerung nach einer Notversorgung harte Bandagen angelegt sind, die Gesetzgeber, Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigung vorgeben.

In der Betrachtung des MVZ-Geschäftsführers Matthias Deters bildete eine Portalklinik als unterste Stufe des Notfallsystems jedoch nur eine unter vielen Möglichkeiten, die medizinische Versorgung in der Region zu verbessern.

Insofern musste Deters in seinen Darlegungen den Spagat vollziehen, einerseits die Vorteile eines kommunalen MVZ darzustellen, dessen Aufgabe in der Sicherstellung der ambulanten Versorgung und nicht in der Notfallversorgung besteht. Als Betreiber könnte hier die Kommune agieren, die für die Umsetzung eines solchen Modells auf eine gute Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten angewiesen wäre.

Andererseits musste sich Deters darauf einstellen, dass für die Genthiner derzeit eine notfallmedizinische Versorgung rund um die Uhr mit der Möglichkeit eines kurzzeitigen stationären Aufenthalts der Favorit ist und nicht ein MVZ. Aber: Hier gibt es begriffliche Feinheiten, die für Verwirrung in einem ohnehin emotional besetzten Thema sorgten. Eine solche notfallmedizische Versorgung ist nicht identisch mit dem Rettungswesen, bei dem Notarzt und Rettungssanitäter in lebensbedrohlichen Fällen tätig werden. Die Genthiner verstehen unter einer Notaufnahme einen Ort, an dem nach Sprechstundenschluss ein qualifizierter Mediziner ansprechbar ist, brachte es Gerd Mangelsdorf (CDU) auf den Punkt.

Auf die vielen Modelle und Optionen, die am Abend vorgestellt wurden, entgegnete der Bürgermeister, dass es für ihn die nächste Aufgaben sei, mit Fachleuten und Ärzten darüber nachzudenken, welche Möglichkeiten der medizinische Daseinsfürsorge für ein Genthin der Zukunft realistisch sind.

Deters bestärkte die Genthiner allerdings beim Modell „Portalklinik“, das eine „sinnvolle Lösung für die regionale Situation bieten könne. „Sie würde ihrem Bedarf nachkommen“, meinte der Geschäftsführer. Er hob damit auf die geforderte Mindest-Einwohnerzahl für eine Portalklinik von 5000 ab und den Weg für die Genthiner zur nächsten Klinik, der über 30 Minuten liegt. Deters gab aber auch zu bedenken, dass es für Portalkliniken, die über sogenannte Sicherstellungszuschläge finanziert werden, noch keine klaren gesetzlichen Regelungen oder Sonderregelungen in Krankenhausplänen gebe. Er machte aber auch klar, dass als Betreiber für eine Portalklinik nicht zwingend nur die Johanniter in Frage kämen und verlieh der Diskussion damit frischen Wind. Jeder private Betreiber, ließ Deters durchblicken, könnte sich aus wirtschaftlich relevanten Erwägungen heraus für eine Portalklinik engagieren, um so höhere Bettenkapazitäten zu erlangen.

Dr. Jörg Schulze, Internist aus Jerichow, riet der Stadt aus den Besucherreihen heraus deshalb dringend, nicht auf die Johanniter als Partner für die Portalklinik zu setzen, die das Genthiner Krankenhaus zuvor „runtergefahren“ hätten.

„Mir ist klargeworden, dass wir an einem Punkt angelangt sind, wo wir die Fachleute und speziell die KV mit ins Boot holen müssen“, resümierte Lutz Nitz (Grüne). Gordon Heringshausen (CDU) sieht das ähnlich. In einem ersten Schritt müssten Bürgermeister, die Stadt Genthin und der Stadtrat, auch mit Unterstützung der Ministerin Grimm-Benne (SPD), umgehend mit der KV in ein Gespräch gehen und hier deutlich den Bedarf kommunizieren und machbare Möglichkeiten ausloten. Heringshausen favorisiert zudem neben allen anderen Bemühungen einen umgehenden Einbau einer Notfallpraxis in Genthin für den Genthiner Versorgungsbereich.