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Aufforstung Rechnet sich der Genthiner Stadtwald noch?

Vertrocknete Baumkronen, absterbende Kiefern, aber auch junge Aufforstungen. Ist Genthins Stadtwald noch das Tafelsiber der Kommune?

Von Simone Pötschke 05.09.2020, 01:01

Genthin l Den Wäldern der Region geht es schlecht, Waldschäden kann inzwischen auch ein Laie schon an Waldrändern mit einem flüchtigen Blick ausmachen. Kann eine Kommune wie Genthin unter diesen Bedingungen ihren Wald auch zukünftig gewinnbringend bewirtschaften? Revierförster Steffen Lieder vom Betreuungsforstamt Elb-Havel-Winkel, das über einen Vertrag den 460 Hektar großen städtischen Wald bereits seit etlichen Jahren betreut, bejahte diese Frage vor Mitgliedern des städtischen Umweltausschusses. Freilich nicht gerade euphorisch in Anbetracht des augenscheinlichen Baumsterbens und den damit verbundenen niedrigen Erlösen auf dem Holzmarkt.

Der Wald rechnet sich dennoch nach wie vor für die Kommune.

Im Durchschnitt der vergangenen Jahre, darüber informierte Lieder gemeinsam mit Annett Lucke von der Verwaltung, spülte er einen Gewinn von etwa 50 000 Euro in die Stadtkasse. Die Summe allein beschreibt allerdings nicht die schwierige und komplexe Situation bei der Bewirtschaftung des Waldes.

Trocken- und Hitzeschäden und Pilzbefall haben dem Wald nach drei regenarmen Sommern zugesetzt, mittlerweile gibt es im Stadtwald kaum noch Fichten, auch die sonst robusten Kieferbestände kranken sichtbar. Das Landeswaldgesetz verpflichtet den Waldeigentümer, und damit die Stadt Genthin dazu, dieses Schadholz zu beseitigen, so dass von den kranken Bäumen keine Gefahr für die benachbarten Bereiche ausgehen kann.

Das hat für den Genthiner Stadtwald Folgen: Während der normale Hiebsatz für den Stadtwald einen jährlichen Holzeinschlag von 2800 Festmeter vorschreibt, liegt er derzeit bereits über 3000 Festmeter. Bei zunehmendem Schadholzanteil, der auf dem Holzmarkt nicht hoch im Kurs steht. Ein Ende dieses Dilemmas sei derzeit nicht in Sicht, machte dabei Revierförster Lieder den Stadträten klar.

Aus seiner Sicht sei es gegenwärtig besonders dramatisch, dass im Stadtwald zunehmend auch alte Kiefernbestände von Hitzeschäden und Pilzbefall betroffen sind. Das verlange bei der Betreuung des Waldes zügiges und konsequentes Handeln, vermittelte Lieder den Ausschussmitgliedern. „Wir müssen einfach schnell erkennen, welcher Baum eine Zukunftschance hat und welcher nicht, um ein großflächiges Kiefernsterben möglichst in Grenzen zu halten.“

Lieder ließ keinen Zweifel daran, dass vor diesem Hintergrund im Stadtwald schon in näherer Zukunft weitere sogenannte Kahlschläge erfolgen werden. Deshalb müsse für den Stadtwald über nachhaltige Wiederaufforstungen beziehungsweise über Umwandlungen durch einen Voranbau nachgedacht werden.

Kahl geschlagene Waldflächen sind nach dem Landeswaldgesetz innerhalb von drei Jahren wieder aufzuforsten. Exemplarisch für eine solche Wiederaufforstung stellte Lieder ein Projekt für eine knapp 3000 Quadratmeter große abgeholzte Kiefern-Fläche an der Kreisstraße Ortsaus- gang Genthin/Richtung Karow unmittelbar am Hauptgraben vor. Für die Wiederauffors- tung mit Stieleiche und Hainbuche im Frühjahr 2021 hat die Stadt einen Fördermittel- antrag gestellt, der 85 Prozent der Gesamtkosten abdecken wird.

Perspektivisch könnten Schätzungen Steffen Lieders zufolge im Stadtwald zusätzlich zu den ohnehin geplanten Flächen zwei Hektar für eine Wiederaufforstung in Frage kommen.

Im vorigen Jahr fielen in der Region Genthin mit 390,5 Millimeter nur 72 Prozent der durchschnittlichen Niederschlagsmenge, die in den Jahren 1981 bis 2010 bei 546,4 mm lag.