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Bürgerpreis Im Einsatz für die Mitmenschen

Stehende Ovationen für die letzte Diakonisse Genthins. Dorothea Graumann wurde mit dem Bürgerpreis 2017 geehrt.

Von Mike Fleske 27.01.2018, 00:01

Genthin l Es war ein bewegender Moment, als sich die rund 200 Gäste zu Ehren Dorothea Graumanns erhoben und ihr stehend applaudierten. „Sie sind ein Teil Genthins und haben sich durch Ihre verdienstvolle Arbeit diese Ehrung verdient“, machte Bürgermeister Thomas Barz deutlich.

Fast ein wenig unangenehm war der bescheidenen 84-Jährigen die Aufmerksamkeit, die ihr in diesem Augenblick zuteil wurde. „Davon habe ich nichts gewusst, mir hat vorher niemand etwas über die Auszeichnung verraten.“

Laudator Thomas Begrich, Oberkirchenrat i.R, würdigte die Lebensleistung Dorothea Graumanns und setzte ihr Wirken in die Auffassung von Genügsamkeit und Mitmenschlichkeit, die den Diakonissen zu eigen ist. Er habe tiefen Respekt vor ihrer gelebten Nächstenliebe, ihrer Barmherzigkeit und ihrem Gottvertrauen.

Die Diakonissen des Mutterhauses in Danzig mussten nach dem Zweiten Weltkrieg aus Westpreußen flüchten. 150 von ihnen fanden nach 1945 in Genthin eine neue Heimat und im Genthiner Krankenhaus sowie in zahlreichen Außenstationen neue Wirkungsstätten als Krankenschwestern.

„Jahrzehntelang haben die Diakonissen mit ihren Hauben und Trachten das Genthiner Stadtbild geprägt. In der Person von Dorothea Graumann soll die Gesamtleistung der Diakonissen gewürdigt werden.“ Schwester Dorothea kam 1956 nach Genthin, wo sie 1958 ihr Krankenpflege-Examen ablegte. Später war sie als Küchen- und Gartenschwester tätig.

 Im Waldhaus war Schwester Dorothea Hausmutter. 1996 zogen die Diakonissen in das Haus am Birkenwäldchen um, das zunächst für 23 Frauen gebaut war und heute auch für andere Bewohner offensteht. Sie hätten sich für ein manchmal karges und beschwerliches Leben entschieden. „Aber mir ist nie eine Diakonisse begegnet, die sich darüber beklagt hat“, schloss Begrich und erinnerte an die Pflichterfüllung, der sich die Diakonisse heute noch verbunden fühlt: „Täglich läutet sie die Glocke des Mutterhauses zur Erinnerung an das Gebet.“

Dorothea Graumann trug sich in das Goldene Buch der Stadt ein und erhielt aus den Händen von Bürgermeister Barz eine Urkunde und eine Ehrennadel.

„Ich nehme diese Ehrung für alle meine Mitschwestern an“, sagte sie am Ende doch gerührt. Eigentlich hatte sie den Neujahrsempfang gar nicht besuchen wollen. „Was soll ich denn da?“, hatte sie gefragt, als sie die Einladung erreichte und diese entsorgt. Doch beharrliche Überredungskunst ihrer Bekannten und Weggefährten, etwa Sigrid Begrich und Friederike von Katte, überzeugten die Diakonisse doch.

„Wir haben gesagt, dass es doch ein besonderer Abend sei und man solch eine Einladung der Stadt nicht ausschlagen könne“, erzählte Friedrike von Katte. Der Stadtrat hatte im November 2017 nichtöffentlich über die Ehrung entschieden. Eingebracht hatte den Vorschlag Stadtrat Sebastian Hahn. „Ich gehöre zwar zu den Jüngeren, aber meine Eltern haben mich im Respekt vor den Diakonissen erzogen, sodass ich immer um die Leistung der Frauen wusste“, begründete er. Immer wieder begegne er Dorothe Graumann auch bei Verwandtenbesuchen im Mutterhaus. „Sie ist eine beeindruckende Person.“

Zum sechsten Mal hatte die Stadt den Bürgerpreis vergeben. Im Vorjahr war die DLRG Ortsgruppe Genthin mit dem Preis ausgezeichnet worden. „Die Stadt hat eine würdige und verdiente Nachfolgerin gefunden“, lobte DLRG-Mitglied Andy Gamalski. Dorothea Graumann sei nicht nur eine bemerkenswerte Genthinerin, sondern auch die erste Frau, die den Preis erhalten habe.